Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.nachzudenken, Euch, um euer Mitleiden zu erwecken, mit einer rührenden Naivität sagen können, daß man mit sehr geringen Kosten, mit fast gar keinen, mit 593 Fr. z. B. eine Zelle zur Beherbergung und Verbesserung eines Diebes bauen könnte. Warum hat keiner diesen Herrn geantwortet, daß man mit einem Kapital von 593 Fr., wenn man's gut anwendet, leicht vier Menschen von der Nothwendigkeit, Diebe zu werden, abhalten könnte; daß wenn man nur die halbe Mühe und das halbe Geld, was man auf die Organisation der Gefängnisse verwendet, auf die Beschäftigung ehrlicher Handwerker verwenden würde, nur wenigstens fünfzehn Strafbare auf zwanzig fallen würden, daß wenn man die Suppe von fünfzehn Millionen armer Bauern, die keine haben, untersuchen ließ, weit weniger Muthlosigkeit, weniger Elend, weniger Kandidaten des Assisenhofes sich vorfinden würden, daß wenn man statt einer Gesellschaft, um den Gefangenen Recht zu verschaffen, eine zur Unterstützung der Mütter errichten würde, die ihre Töchter verkaufen, zur Beihilfe der Väter, welche mit zugedrückten Augen den ersten Diebstahl ihrer Söhne empfangen, die Hälfte der Gefängnisse und die Hälfte der Freudenhäuser in zehn Jahren zu vermiethen seyn würden; daß wenn man, anstatt aus schönen Steinen Thürme zu bauen, um Schuldige königlich zu behausen, anstatt über alle Maßen dafür zu sorgen, daß sie im Winter nicht frieren, im Sommer nicht schwitzen, nachzudenken, Euch, um euer Mitleiden zu erwecken, mit einer rührenden Naivität sagen können, daß man mit sehr geringen Kosten, mit fast gar keinen, mit 593 Fr. z. B. eine Zelle zur Beherbergung und Verbesserung eines Diebes bauen könnte. Warum hat keiner diesen Herrn geantwortet, daß man mit einem Kapital von 593 Fr., wenn man’s gut anwendet, leicht vier Menschen von der Nothwendigkeit, Diebe zu werden, abhalten könnte; daß wenn man nur die halbe Mühe und das halbe Geld, was man auf die Organisation der Gefängnisse verwendet, auf die Beschäftigung ehrlicher Handwerker verwenden würde, nur wenigstens fünfzehn Strafbare auf zwanzig fallen würden, daß wenn man die Suppe von fünfzehn Millionen armer Bauern, die keine haben, untersuchen ließ, weit weniger Muthlosigkeit, weniger Elend, weniger Kandidaten des Assisenhofes sich vorfinden würden, daß wenn man statt einer Gesellschaft, um den Gefangenen Recht zu verschaffen, eine zur Unterstützung der Mütter errichten würde, die ihre Töchter verkaufen, zur Beihilfe der Väter, welche mit zugedrückten Augen den ersten Diebstahl ihrer Söhne empfangen, die Hälfte der Gefängnisse und die Hälfte der Freudenhäuser in zehn Jahren zu vermiethen seyn würden; daß wenn man, anstatt aus schönen Steinen Thürme zu bauen, um Schuldige königlich zu behausen, anstatt über alle Maßen dafür zu sorgen, daß sie im Winter nicht frieren, im Sommer nicht schwitzen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0074" n="72"/> nachzudenken, Euch, um euer Mitleiden zu erwecken, mit einer rührenden Naivität sagen können, daß man mit sehr geringen Kosten, mit fast gar keinen, mit 593 Fr. z. B. eine Zelle zur Beherbergung und Verbesserung eines Diebes bauen könnte. Warum hat keiner diesen Herrn geantwortet, daß man mit einem Kapital von 593 Fr., wenn man’s gut anwendet, leicht vier Menschen von der Nothwendigkeit, Diebe zu werden, abhalten könnte; daß wenn man nur die halbe Mühe und das halbe Geld, was man auf die Organisation der Gefängnisse verwendet, auf die Beschäftigung ehrlicher Handwerker verwenden würde, nur wenigstens fünfzehn Strafbare auf zwanzig fallen würden, daß wenn man die Suppe von fünfzehn Millionen armer Bauern, die keine haben, untersuchen ließ, weit weniger Muthlosigkeit, weniger Elend, weniger Kandidaten des Assisenhofes sich vorfinden würden, daß wenn man statt einer Gesellschaft, um den Gefangenen Recht zu verschaffen, eine zur Unterstützung der Mütter errichten würde, die ihre Töchter verkaufen, zur Beihilfe der Väter, welche mit zugedrückten Augen den ersten Diebstahl ihrer Söhne empfangen, die Hälfte der Gefängnisse und die Hälfte der Freudenhäuser in zehn Jahren zu vermiethen seyn würden; daß wenn man, anstatt aus schönen Steinen Thürme zu bauen, um Schuldige königlich zu behausen, anstatt über alle Maßen dafür zu sorgen, daß sie im Winter nicht frieren, im Sommer nicht schwitzen, </p> </div> </body> </text> </TEI> [72/0074]
nachzudenken, Euch, um euer Mitleiden zu erwecken, mit einer rührenden Naivität sagen können, daß man mit sehr geringen Kosten, mit fast gar keinen, mit 593 Fr. z. B. eine Zelle zur Beherbergung und Verbesserung eines Diebes bauen könnte. Warum hat keiner diesen Herrn geantwortet, daß man mit einem Kapital von 593 Fr., wenn man’s gut anwendet, leicht vier Menschen von der Nothwendigkeit, Diebe zu werden, abhalten könnte; daß wenn man nur die halbe Mühe und das halbe Geld, was man auf die Organisation der Gefängnisse verwendet, auf die Beschäftigung ehrlicher Handwerker verwenden würde, nur wenigstens fünfzehn Strafbare auf zwanzig fallen würden, daß wenn man die Suppe von fünfzehn Millionen armer Bauern, die keine haben, untersuchen ließ, weit weniger Muthlosigkeit, weniger Elend, weniger Kandidaten des Assisenhofes sich vorfinden würden, daß wenn man statt einer Gesellschaft, um den Gefangenen Recht zu verschaffen, eine zur Unterstützung der Mütter errichten würde, die ihre Töchter verkaufen, zur Beihilfe der Väter, welche mit zugedrückten Augen den ersten Diebstahl ihrer Söhne empfangen, die Hälfte der Gefängnisse und die Hälfte der Freudenhäuser in zehn Jahren zu vermiethen seyn würden; daß wenn man, anstatt aus schönen Steinen Thürme zu bauen, um Schuldige königlich zu behausen, anstatt über alle Maßen dafür zu sorgen, daß sie im Winter nicht frieren, im Sommer nicht schwitzen,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-09-13T12:39:16Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-09-13T12:39:16Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-09-13T12:39:16Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |