Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.Romans I. Buch. saget/ rittelte er den Fresser beym Leibe/ und sprach:Mein Freund/ saget uns doch/ wo ihr eigentlich zu Hauß gehöret? Cerebacchius fuhr in die Höhe/ wi- schete den Schlaff auß den Augen/ und sagte: Patria Monasteriensis, natione Westphalus, Religione Roma- nus. Diese Antwort gefiel der Gesellschafft/ solchem nach forschete der Teutsche ferner/ weil er zum Fres- sen so grosse Lust hätte/ würde er in seinem Vatter- land deßfalls besser bewirthet werden/ warum er dann sich in die Fremde begeben hätte? Jener sprach: Est mihi namque domi pater, est injusta noverea. Welcher pertinenten Antwort die andern von Hertzen lache- ten/ und darauß spühreten/ daß er vernünfftiger rede- te/ wann er truncken/ als wann er nüchtern wäre. Dannenhero sprach der Erste wieder: Wann der je- nige Münsterische Obriste/ den ihr mir beschrieben/ euer Vatter ist/ so kenne ich eure Stieff-Mutter wol/ habt ihr also nicht Ursach/ euch über sie zu beschweren/ dann sie ist schön/ und liebet euren Vatter von gan- tzem Hertzen. Cerebacchius sahe ihn hierauf an/ und sprach: Blandus amor nihil est, & pulchrae gratia for- mae, haec mulier bella est, quae scit amare Deum. Klin- genfeld antwortete: So sehet euch aber doch für/ daß ihr die Würckung ihres Zorns/ die ihr durch eure übele Nachrede auf euch gezogen/ nicht empfindet. Cereb. Tela praevisa minus nocent. Klingenfeld: Gleichwol kan sie euch bey eurem Vatter ein übel Bad bereiten. Cereb. Aquila saepe iis ipsis configitur sagittis, quibus suae pennae aptantur. Klingenfeld: Worinn hat sie dann euch/ oder die Eurigen/ am mei- sten beleydiget? Cereb. Optima prima fere manibus rapiuntur avaris, implentur numeris deteriora suis. Klingenfeld: Dieser Schade ist so groß nicht/ ihr müsset alles nicht achten/ wann euer Vatter todt ist/ muß O
Romans I. Buch. ſaget/ rittelte er den Freſſer beym Leibe/ und ſprach:Mein Freund/ ſaget uns doch/ wo ihr eigentlich zu Hauß gehoͤret? Cerebacchius fuhr in die Hoͤhe/ wi- ſchete den Schlaff auß den Augen/ und ſagte: Patriâ Monaſterienſis, natione Weſtphalus, Religione Roma- nus. Dieſe Antwort gefiel der Geſellſchafft/ ſolchem nach forſchete der Teutſche ferner/ weil er zum Freſ- ſen ſo groſſe Luſt haͤtte/ wuͤrde er in ſeinem Vatter- land deßfalls beſſer bewirthet werden/ warum er dañ ſich in die Fremde begeben haͤtte? Jener ſprach: Eſt mihi namque domi pater, eſt injuſta noverea. Welcher pertinenten Antwort die andern von Hertzen lache- ten/ und darauß ſpuͤhreten/ daß er vernuͤnfftiger rede- te/ wann er truncken/ als wann er nuͤchtern waͤre. Dannenhero ſprach der Erſte wieder: Wann der je- nige Muͤnſteriſche Obriſte/ den ihr mir beſchrieben/ euer Vatter iſt/ ſo kenne ich eure Stieff-Mutter wol/ habt ihr alſo nicht Urſach/ euch uͤber ſie zu beſchweren/ dann ſie iſt ſchoͤn/ und liebet euren Vatter von gan- tzem Hertzen. Cerebacchius ſahe ihn hierauf an/ und ſprach: Blandus amor nihil eſt, & pulchræ gratia for- mæ, hæc mulier bella eſt, quæ ſcit amare Deum. Klin- genfeld antwortete: So ſehet euch aber doch fuͤr/ daß ihr die Wuͤrckung ihres Zorns/ die ihr durch eure uͤbele Nachrede auf euch gezogen/ nicht empfindet. Cereb. Tela præviſa minus nocent. Klingenfeld: Gleichwol kan ſie euch bey eurem Vatter ein uͤbel Bad bereiten. Cereb. Aquila ſæpè iis ipſis configitur ſagittis, quibus ſuæ pennæ aptantur. Klingenfeld: Worinn hat ſie dann euch/ oder die Eurigen/ am mei- ſten beleydiget? Cereb. Optima prima ferè manibus rapiuntur avaris, implentur numeris deteriora ſuis. Klingenfeld: Dieſer Schade iſt ſo groß nicht/ ihr muͤſſet alles nicht achten/ wann euer Vatter todt iſt/ muß O
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Romans I. Buch.
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Mein Freund/ ſaget uns doch/ wo ihr eigentlich zu
Hauß gehoͤret? Cerebacchius fuhr in die Hoͤhe/ wi-
ſchete den Schlaff auß den Augen/ und ſagte: Patriâ
Monaſterienſis, natione Weſtphalus, Religione Roma-
nus. Dieſe Antwort gefiel der Geſellſchafft/ ſolchem
nach forſchete der Teutſche ferner/ weil er zum Freſ-
ſen ſo groſſe Luſt haͤtte/ wuͤrde er in ſeinem Vatter-
land deßfalls beſſer bewirthet werden/ warum er dañ
ſich in die Fremde begeben haͤtte? Jener ſprach: Eſt
mihi namque domi pater, eſt injuſta noverea. Welcher
pertinenten Antwort die andern von Hertzen lache-
ten/ und darauß ſpuͤhreten/ daß er vernuͤnfftiger rede-
te/ wann er truncken/ als wann er nuͤchtern waͤre.
Dannenhero ſprach der Erſte wieder: Wann der je-
nige Muͤnſteriſche Obriſte/ den ihr mir beſchrieben/
euer Vatter iſt/ ſo kenne ich eure Stieff-Mutter wol/
habt ihr alſo nicht Urſach/ euch uͤber ſie zu beſchweren/
dann ſie iſt ſchoͤn/ und liebet euren Vatter von gan-
tzem Hertzen. Cerebacchius ſahe ihn hierauf an/ und
ſprach: Blandus amor nihil eſt, & pulchræ gratia for-
mæ, hæc mulier bella eſt, quæ ſcit amare Deum. Klin-
genfeld antwortete: So ſehet euch aber doch fuͤr/ daß
ihr die Wuͤrckung ihres Zorns/ die ihr durch eure
uͤbele Nachrede auf euch gezogen/ nicht empfindet.
Cereb. Tela præviſa minus nocent. Klingenfeld:
Gleichwol kan ſie euch bey eurem Vatter ein uͤbel
Bad bereiten. Cereb. Aquila ſæpè iis ipſis configitur
ſagittis, quibus ſuæ pennæ aptantur. Klingenfeld:
Worinn hat ſie dann euch/ oder die Eurigen/ am mei-
ſten beleydiget? Cereb. Optima prima ferè manibus
rapiuntur avaris, implentur numeris deteriora ſuis.
Klingenfeld: Dieſer Schade iſt ſo groß nicht/ ihr
muͤſſet alles nicht achten/ wann euer Vatter todt iſt/
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Zitationshilfe: | Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/221>, abgerufen am 10.06.2024. |