in ihre Römer, Bachus hatte das Gesicht in die Hände gedrückt, und die Rose war bleich und stille. Kein Athemzug rührte sich, man hörte nur, wie in dem Todtenkopf des Alten die Zähne schaudernd aneinander klapperten.
"Mein Vater hatte mich gelehrt, meinen Namen zu schreiben, als ich noch ein kleiner, frommer Knabe war; ich unterschrieb ihn ins Buch, das mir der Andere mit seinen Krallen vorhielt. Von da an ging mir ein Leben auf in Saus und Brauß; in ganz Bremen gab es keinen Mann so fröhlich als den Kellermeister Balthasar, und getrunken hab' ich, was der Keller Gutes und Köstliches hatte. Zur Kirche ging ich nie, sondern wenn sie zusammen läu¬ teten, schritt ich hinab zum besten Faß und schenkte mir ein nach Herzenslust. Als ich alt wurde, kam oft ein Grauen über mich und es fröstelte mir durch die Glieder, wenn ich
in ihre Roͤmer, Bachus hatte das Geſicht in die Haͤnde gedruͤckt, und die Roſe war bleich und ſtille. Kein Athemzug ruͤhrte ſich, man hoͤrte nur, wie in dem Todtenkopf des Alten die Zaͤhne ſchaudernd aneinander klapperten.
„Mein Vater hatte mich gelehrt, meinen Namen zu ſchreiben, als ich noch ein kleiner, frommer Knabe war; ich unterſchrieb ihn ins Buch, das mir der Andere mit ſeinen Krallen vorhielt. Von da an ging mir ein Leben auf in Saus und Brauß; in ganz Bremen gab es keinen Mann ſo froͤhlich als den Kellermeiſter Balthaſar, und getrunken hab' ich, was der Keller Gutes und Koͤſtliches hatte. Zur Kirche ging ich nie, ſondern wenn ſie zuſammen laͤu¬ teten, ſchritt ich hinab zum beſten Faß und ſchenkte mir ein nach Herzensluſt. Als ich alt wurde, kam oft ein Grauen uͤber mich und es froͤſtelte mir durch die Glieder, wenn ich
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in ihre Roͤmer, Bachus hatte das Geſicht in
die Haͤnde gedruͤckt, und die Roſe war bleich
und ſtille. Kein Athemzug ruͤhrte ſich, man
hoͤrte nur, wie in dem Todtenkopf des Alten
die Zaͤhne ſchaudernd aneinander klapperten.
„Mein Vater hatte mich gelehrt, meinen
Namen zu ſchreiben, als ich noch ein kleiner,
frommer Knabe war; ich unterſchrieb ihn ins
Buch, das mir der Andere mit ſeinen Krallen
vorhielt. Von da an ging mir ein Leben auf in
Saus und Brauß; in ganz Bremen gab es
keinen Mann ſo froͤhlich als den Kellermeiſter
Balthaſar, und getrunken hab' ich, was der
Keller Gutes und Koͤſtliches hatte. Zur Kirche
ging ich nie, ſondern wenn ſie zuſammen laͤu¬
teten, ſchritt ich hinab zum beſten Faß und
ſchenkte mir ein nach Herzensluſt. Als ich
alt wurde, kam oft ein Grauen uͤber mich und
es froͤſtelte mir durch die Glieder, wenn ich
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Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827/102>, abgerufen am 17.06.2024.
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