Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

eines andern beliebigen Befehlen unterwirft.
Das Werk behält hingegen auch wieder immer
seinen Rang; und eine Venus von Tizian bleibt
auf alle Weise eine Venus von Tizian, und ge-
räth nie an Werth von Erfindung und Arbeit
unter die Hosen und Stiefeln von Schustern
und Schneidern. Selbst die Gesetze der hohen
Ehre sollen die Kunst nicht zu streng und gewalt-
sam fesseln; keiner ist gleich am Ziele! jeder
hilft sich fort nach den Umständen, bis er dahin
gelangt, und einigermaßen herrscht unter wenig
ächtem Gefühl und einem Haufen Wahn und
Mode.

Für jetzt nur noch einige Zeilen als geringe
Spuren meines glücklichen Aufenthalts in dem
wahrhaftigen Belvedere von innen und außen.

Wehmüthig muß man zwar das Häufchen
Ruinen betrachten, wenn man an die unzählba-
ren Schätze des Alterthums denkt: an die hun-
dert metallne Kolossen der Insel Rhodos allein,

oder
E 2

eines andern beliebigen Befehlen unterwirft.
Das Werk behaͤlt hingegen auch wieder immer
ſeinen Rang; und eine Venus von Tizian bleibt
auf alle Weiſe eine Venus von Tizian, und ge-
raͤth nie an Werth von Erfindung und Arbeit
unter die Hoſen und Stiefeln von Schuſtern
und Schneidern. Selbſt die Geſetze der hohen
Ehre ſollen die Kunſt nicht zu ſtreng und gewalt-
ſam feſſeln; keiner iſt gleich am Ziele! jeder
hilft ſich fort nach den Umſtaͤnden, bis er dahin
gelangt, und einigermaßen herrſcht unter wenig
aͤchtem Gefuͤhl und einem Haufen Wahn und
Mode.

Fuͤr jetzt nur noch einige Zeilen als geringe
Spuren meines gluͤcklichen Aufenthalts in dem
wahrhaftigen Belvedere von innen und außen.

Wehmuͤthig muß man zwar das Haͤufchen
Ruinen betrachten, wenn man an die unzaͤhlba-
ren Schaͤtze des Alterthums denkt: an die hun-
dert metallne Koloſſen der Inſel Rhodos allein,

oder
E 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0075" n="67"/>
eines andern beliebigen Befehlen unterwirft.<lb/>
Das Werk beha&#x0364;lt hingegen auch wieder immer<lb/>
&#x017F;einen Rang; und eine Venus von Tizian bleibt<lb/>
auf alle Wei&#x017F;e eine Venus von Tizian, und ge-<lb/>
ra&#x0364;th nie an Werth von Erfindung und Arbeit<lb/>
unter die Ho&#x017F;en und Stiefeln von Schu&#x017F;tern<lb/>
und Schneidern. Selb&#x017F;t die Ge&#x017F;etze der hohen<lb/>
Ehre &#x017F;ollen die Kun&#x017F;t nicht zu &#x017F;treng und gewalt-<lb/>
&#x017F;am fe&#x017F;&#x017F;eln; keiner i&#x017F;t gleich am Ziele! jeder<lb/>
hilft &#x017F;ich fort nach den Um&#x017F;ta&#x0364;nden, bis er dahin<lb/>
gelangt, und einigermaßen herr&#x017F;cht unter wenig<lb/>
a&#x0364;chtem Gefu&#x0364;hl und einem Haufen Wahn und<lb/>
Mode.</p><lb/>
          <p>Fu&#x0364;r jetzt nur noch einige Zeilen als geringe<lb/>
Spuren <choice><sic>eines</sic><corr type="corrigenda">meines</corr></choice> glu&#x0364;cklichen Aufenthalts in dem<lb/>
wahrhaftigen Belvedere von innen und außen.</p><lb/>
          <p>Wehmu&#x0364;thig muß man zwar das Ha&#x0364;ufchen<lb/>
Ruinen betrachten, wenn man an die unza&#x0364;hlba-<lb/>
ren Scha&#x0364;tze des Alterthums denkt: an die hun-<lb/>
dert metallne Kolo&#x017F;&#x017F;en der In&#x017F;el Rhodos allein,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E 2</fw><fw place="bottom" type="catch">oder</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[67/0075] eines andern beliebigen Befehlen unterwirft. Das Werk behaͤlt hingegen auch wieder immer ſeinen Rang; und eine Venus von Tizian bleibt auf alle Weiſe eine Venus von Tizian, und ge- raͤth nie an Werth von Erfindung und Arbeit unter die Hoſen und Stiefeln von Schuſtern und Schneidern. Selbſt die Geſetze der hohen Ehre ſollen die Kunſt nicht zu ſtreng und gewalt- ſam feſſeln; keiner iſt gleich am Ziele! jeder hilft ſich fort nach den Umſtaͤnden, bis er dahin gelangt, und einigermaßen herrſcht unter wenig aͤchtem Gefuͤhl und einem Haufen Wahn und Mode. Fuͤr jetzt nur noch einige Zeilen als geringe Spuren meines gluͤcklichen Aufenthalts in dem wahrhaftigen Belvedere von innen und außen. Wehmuͤthig muß man zwar das Haͤufchen Ruinen betrachten, wenn man an die unzaͤhlba- ren Schaͤtze des Alterthums denkt: an die hun- dert metallne Koloſſen der Inſel Rhodos allein, oder E 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/75
Zitationshilfe: [Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/75>, abgerufen am 14.06.2024.