Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 4. Riga, 1794.in eine Schale nähet, dem ist die wahre Als neulich in einer Gesellschaft von Fabel. Laß Dir ein Mährchen erzählen an Deinem heutigen Tage, Das vielleicht, wenn der Sinn dir beliebt, Vergnügen Dir bringet. Seh' ich nicht hier ein Band, von Gold und Seide gewirket, Von der weicheren Hüfte herab zur Ferse dir fließen? Davon nahmen die Fäden das Wort, und redeten also: in eine Schale naͤhet, dem iſt die wahre Als neulich in einer Geſellſchaft von Fabel. Laß Dir ein Maͤhrchen erzaͤhlen an Deinem heutigen Tage, Das vielleicht, wenn der Sinn dir beliebt, Vergnuͤgen Dir bringet. Seh' ich nicht hier ein Band, von Gold und Seide gewirket, Von der weicheren Huͤfte herab zur Ferſe dir fließen? Davon nahmen die Faͤden das Wort, und redeten alſo: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0115" n="110"/> in eine Schale naͤhet, dem iſt die wahre<lb/> Fabelmuſe nie erſchienen.</p><lb/> <p>Als neulich in einer Geſellſchaft von<lb/> den unverſtandenen Namen <hi rendition="#g">Ariſtokrat</hi>,<lb/><hi rendition="#g">Demokrat</hi> u. f. geſprochen und diſputirt<lb/> war, trat wie ein freundlicher Genius Ei-<lb/> ner aus der Geſellſchaft zur Koͤnigin des<lb/> Feſtes, ruͤhrte ihre Scherpe an, und ſagte<lb/> dieſe</p><lb/><lb/> <lg type="poem"> <head><hi rendition="#g">Fabel</hi>.</head> <lg n="1"> <l>Laß Dir ein Maͤhrchen erzaͤhlen an Deinem</l><lb/> <l>heutigen Tage,</l><lb/> <l>Das vielleicht, wenn der Sinn dir beliebt,</l><lb/> <l>Vergnuͤgen Dir bringet.</l><lb/> <l>Seh' ich nicht hier ein Band, von Gold</l><lb/> <l>und Seide gewirket,</l><lb/> <l>Von der weicheren Huͤfte herab zur Ferſe dir</l><lb/> <l>fließen?</l><lb/> <l>Davon nahmen die Faͤden das Wort, und</l><lb/> <l>redeten alſo:</l> </lg><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [110/0115]
in eine Schale naͤhet, dem iſt die wahre
Fabelmuſe nie erſchienen.
Als neulich in einer Geſellſchaft von
den unverſtandenen Namen Ariſtokrat,
Demokrat u. f. geſprochen und diſputirt
war, trat wie ein freundlicher Genius Ei-
ner aus der Geſellſchaft zur Koͤnigin des
Feſtes, ruͤhrte ihre Scherpe an, und ſagte
dieſe
Fabel.Laß Dir ein Maͤhrchen erzaͤhlen an Deinem
heutigen Tage,
Das vielleicht, wenn der Sinn dir beliebt,
Vergnuͤgen Dir bringet.
Seh' ich nicht hier ein Band, von Gold
und Seide gewirket,
Von der weicheren Huͤfte herab zur Ferſe dir
fließen?
Davon nahmen die Faͤden das Wort, und
redeten alſo:
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Zitationshilfe: | Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 4. Riga, 1794, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet04_1794/115>, abgerufen am 18.06.2024. |