werde, und vor allem jenes unerläßliche Bestreben nach dem Nothwendigen, was unser Geschlecht fodert, mit Vorbei- lassung alles Entbehrlichen und Schlech- ten; sie allein können den Verstand zum Guten geltend machen, ihm aufhelfen und das Werk fördern. Wie lange haben wir uns mit dem Unnützen beschäftigt? Zeigen uns nicht Jahrtausende der Men- schengeschichte unsern Unverstand, unsre kindische Trivialität und Feigheit?
Einheit unsrer Kräfte also, Vereinigung der Kräfte mehrerer zu Beförderung Eines Ganzen im Wohl Aller -- mich dünkt, dies ist das Problem, das uns am Herzen liegen sollte, weil Jedem es sein innerstes Bewußtseyn wie sein Bedürfniß stille und laut saget.
"Gesetzgeber, Erzieher, Freunde der Menschheit, sagt ein edler Mann unsrer
werde, und vor allem jenes unerlaͤßliche Beſtreben nach dem Nothwendigen, was unſer Geſchlecht fodert, mit Vorbei- laſſung alles Entbehrlichen und Schlech- ten; ſie allein koͤnnen den Verſtand zum Guten geltend machen, ihm aufhelfen und das Werk foͤrdern. Wie lange haben wir uns mit dem Unnuͤtzen beſchaͤftigt? Zeigen uns nicht Jahrtauſende der Men- ſchengeſchichte unſern Unverſtand, unſre kindiſche Trivialitaͤt und Feigheit?
Einheit unſrer Kraͤfte alſo, Vereinigung der Kraͤfte mehrerer zu Befoͤrderung Eines Ganzen im Wohl Aller — mich duͤnkt, dies iſt das Problem, das uns am Herzen liegen ſollte, weil Jedem es ſein innerſtes Bewußtſeyn wie ſein Beduͤrfniß ſtille und laut ſaget.
„Geſetzgeber, Erzieher, Freunde der Menſchheit, ſagt ein edler Mann unſrer
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werde, und vor allem jenes unerlaͤßliche
Beſtreben nach dem Nothwendigen,
was unſer Geſchlecht fodert, mit Vorbei-
laſſung alles Entbehrlichen und Schlech-
ten; ſie allein koͤnnen den Verſtand zum
Guten geltend machen, ihm aufhelfen
und das Werk foͤrdern. Wie lange haben
wir uns mit dem Unnuͤtzen beſchaͤftigt?
Zeigen uns nicht Jahrtauſende der Men-
ſchengeſchichte unſern Unverſtand, unſre
kindiſche Trivialitaͤt und Feigheit?
Einheit unſrer Kraͤfte alſo, Vereinigung
der Kraͤfte mehrerer zu Befoͤrderung Eines
Ganzen im Wohl Aller — mich duͤnkt,
dies iſt das Problem, das uns am Herzen
liegen ſollte, weil Jedem es ſein innerſtes
Bewußtſeyn wie ſein Beduͤrfniß ſtille und
laut ſaget.
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Menſchheit, ſagt ein edler Mann unſrer
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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 10. Riga, 1797, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet10_1797/212>, abgerufen am 17.06.2024.
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