"nicht von ihnen sind, zu verläumden, zu "schänden, zu verfolgen. Der Gehor- "sam, den sie ihren eigenen Lüsten leisten. --"
Es war allerliebst anzusehen, wie sich Herr v. G. und mein Vater bey dieser Ver- lesung gebehrdeten.
Als ob, sagte mein Vater. Ja wohl, antwortete Herr v. G. Es ward bey die- ser Gelegenheit eine Geschichte folgendes In- halts eingeschaltet:
Eine Person weiblichen Geschlechts, die ihrer gesegneten Umstände wegen, Gewis- sensschmerzen empfand, und eben darum in den andächtigen Erquickungsstunden nach Trost liebäugelte, weil sie Pein in dieser Flamme litt; hört' in diesen pietistischen Zu- sammenkünften ohne End und Ziel vom verkehrten Herzen reden. Sie kam nie- der! und siehe da! ein Kind mit einem verkehrten Herzen!
Es hat dieses Kind (nach dem Bericht des Candidaten, der diese verkehrte Herzens- geschichte von Universitäten mitgebracht,) nur drey Tage gelebt. Seine Mutter folgt' ihm, und zwar ebenfals nach drey Tagen, von diesem Todestage an gerechnet. Sie verbat indessen sorgfältig im letzten Willen
alle
„nicht von ihnen ſind, zu verlaͤumden, zu „ſchaͤnden, zu verfolgen. Der Gehor- „ſam, den ſie ihren eigenen Luͤſten leiſten. —„
Es war allerliebſt anzuſehen, wie ſich Herr v. G. und mein Vater bey dieſer Ver- leſung gebehrdeten.
Als ob, ſagte mein Vater. Ja wohl, antwortete Herr v. G. Es ward bey die- ſer Gelegenheit eine Geſchichte folgendes In- halts eingeſchaltet:
Eine Perſon weiblichen Geſchlechts, die ihrer geſegneten Umſtaͤnde wegen, Gewiſ- ſensſchmerzen empfand, und eben darum in den andaͤchtigen Erquickungsſtunden nach Troſt liebaͤugelte, weil ſie Pein in dieſer Flamme litt; hoͤrt’ in dieſen pietiſtiſchen Zu- ſammenkuͤnften ohne End und Ziel vom verkehrten Herzen reden. Sie kam nie- der! und ſiehe da! ein Kind mit einem verkehrten Herzen!
Es hat dieſes Kind (nach dem Bericht des Candidaten, der dieſe verkehrte Herzens- geſchichte von Univerſitaͤten mitgebracht,) nur drey Tage gelebt. Seine Mutter folgt’ ihm, und zwar ebenfals nach drey Tagen, von dieſem Todestage an gerechnet. Sie verbat indeſſen ſorgfaͤltig im letzten Willen
alle
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0138"n="132"/>„nicht von ihnen ſind, zu verlaͤumden, zu<lb/>„ſchaͤnden, zu verfolgen. <hirendition="#fr">Der Gehor-<lb/>„ſam</hi>, den ſie ihren eigenen Luͤſten leiſten. —„</p><lb/><p>Es war allerliebſt anzuſehen, wie ſich<lb/>
Herr v. G. und mein Vater bey dieſer Ver-<lb/>
leſung gebehrdeten.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Als ob</hi>, ſagte mein Vater. <hirendition="#fr">Ja wohl</hi>,<lb/>
antwortete Herr v. G. Es ward bey die-<lb/>ſer Gelegenheit eine Geſchichte folgendes In-<lb/>
halts eingeſchaltet:</p><lb/><p>Eine Perſon weiblichen Geſchlechts, die<lb/>
ihrer geſegneten Umſtaͤnde wegen, Gewiſ-<lb/>ſensſchmerzen empfand, und eben darum<lb/>
in den andaͤchtigen Erquickungsſtunden nach<lb/>
Troſt liebaͤugelte, weil ſie Pein in dieſer<lb/>
Flamme litt; hoͤrt’ in dieſen pietiſtiſchen Zu-<lb/>ſammenkuͤnften ohne End und Ziel vom<lb/><hirendition="#et"><hirendition="#fr">verkehrten Herzen</hi> reden. Sie kam nie-<lb/>
der! und ſiehe da! ein Kind mit einem<lb/>
verkehrten Herzen!</hi></p><lb/><p>Es hat dieſes Kind (nach dem Bericht<lb/>
des Candidaten, der dieſe verkehrte Herzens-<lb/>
geſchichte von Univerſitaͤten mitgebracht,)<lb/>
nur drey Tage gelebt. Seine Mutter folgt’<lb/>
ihm, und zwar ebenfals nach drey Tagen,<lb/>
von dieſem Todestage an gerechnet. Sie<lb/>
verbat indeſſen ſorgfaͤltig im letzten Willen<lb/><fwplace="bottom"type="catch">alle</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[132/0138]
„nicht von ihnen ſind, zu verlaͤumden, zu
„ſchaͤnden, zu verfolgen. Der Gehor-
„ſam, den ſie ihren eigenen Luͤſten leiſten. —„
Es war allerliebſt anzuſehen, wie ſich
Herr v. G. und mein Vater bey dieſer Ver-
leſung gebehrdeten.
Als ob, ſagte mein Vater. Ja wohl,
antwortete Herr v. G. Es ward bey die-
ſer Gelegenheit eine Geſchichte folgendes In-
halts eingeſchaltet:
Eine Perſon weiblichen Geſchlechts, die
ihrer geſegneten Umſtaͤnde wegen, Gewiſ-
ſensſchmerzen empfand, und eben darum
in den andaͤchtigen Erquickungsſtunden nach
Troſt liebaͤugelte, weil ſie Pein in dieſer
Flamme litt; hoͤrt’ in dieſen pietiſtiſchen Zu-
ſammenkuͤnften ohne End und Ziel vom
verkehrten Herzen reden. Sie kam nie-
der! und ſiehe da! ein Kind mit einem
verkehrten Herzen!
Es hat dieſes Kind (nach dem Bericht
des Candidaten, der dieſe verkehrte Herzens-
geſchichte von Univerſitaͤten mitgebracht,)
nur drey Tage gelebt. Seine Mutter folgt’
ihm, und zwar ebenfals nach drey Tagen,
von dieſem Todestage an gerechnet. Sie
verbat indeſſen ſorgfaͤltig im letzten Willen
alle
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/138>, abgerufen am 10.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.