Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780.Anhang. weges angebrachte Abwechselungen und Annehmlichkeiten anzulocken, und suche ihndadurch zur Fortsetzung seines Ganges zu bewegen; zwinge ihn aber niemals da- zu. Aller Zwang macht verdrießlich, und die Einförmigkeit Langeweile. Oh- ne Freyheit gefällt eben so wenig etwas, als es ein Vergnügen ohne Abwechselung giebt. Noch eine Regel habe ich für nöthig erachtet festzusetzen. Ein solcher Dies sind die Regeln, die ich mir bey der Anlage des Fahrweges zu weit
Anhang. weges angebrachte Abwechſelungen und Annehmlichkeiten anzulocken, und ſuche ihndadurch zur Fortſetzung ſeines Ganges zu bewegen; zwinge ihn aber niemals da- zu. Aller Zwang macht verdrießlich, und die Einfoͤrmigkeit Langeweile. Oh- ne Freyheit gefaͤllt eben ſo wenig etwas, als es ein Vergnuͤgen ohne Abwechſelung giebt. Noch eine Regel habe ich fuͤr noͤthig erachtet feſtzuſetzen. Ein ſolcher Dies ſind die Regeln, die ich mir bey der Anlage des Fahrweges zu weit
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Anhang.
weges angebrachte Abwechſelungen und Annehmlichkeiten anzulocken, und ſuche ihn
dadurch zur Fortſetzung ſeines Ganges zu bewegen; zwinge ihn aber niemals da-
zu. Aller Zwang macht verdrießlich, und die Einfoͤrmigkeit Langeweile. Oh-
ne Freyheit gefaͤllt eben ſo wenig etwas, als es ein Vergnuͤgen ohne Abwechſelung
giebt.
Noch eine Regel habe ich fuͤr noͤthig erachtet feſtzuſetzen. Ein ſolcher
Fahrweg muß naͤmlich nicht allezeit ein beſondres Stuͤck des Gartens, durch den
er laͤuft, ausmachen. Zuweilen wenn die Localumſtaͤnde es zulaſſen, und die Ab-
wechſelung es erfordert, geht es wohl an, ihn von dem Garten abzuſondern; ei-
gentlich aber ſoll er, wenn er einen Theil deſſelben ausmacht, ſo darein verwebt
ſeyn, daß man ihn nicht anders bemerkt, als wenn man dadurch faͤhrt. Endlich
hat es mir auch noͤthig geſchienen, auf den vorzuͤglichſten Stellen Ruheplaͤtze an-
zulegen, wo man ſich bey dieſer ſo zutraͤglichen Bewegung mit Vergnuͤgen auf-
haͤlt und ausruhet. Faͤnde man nun auch hin und wieder Zufluchtsoͤrter, und ei-
nen Schutz gegen ein ploͤtzlich uͤbereilendes Ungewitter, ſo wuͤrde den Vorzuͤgen ei-
nes ſolchen Parks nichts fehlen.
Dies ſind die Regeln, die ich mir bey der Anlage des Fahrweges zu
Guiſcard zum Geſetze gemacht habe. Er iſt mit dem Garten aufs genaueſte
verbunden, oder vielmehr eins mit demſelben. In allen Lagen, die man unter-
weges antrifft, ſie moͤgen innerhalb oder außerhalb des Gartens ſeyn, herrſcht
viel Abwechſelung. Allenthalben laͤuft der Weg allmaͤhlig auf- und abwaͤrts. Er
faͤngt ſich gleich bey dem Schloſſe an, geht uͤber den gegen Mittag liegenden Ra-
ſenplatz nach der hoͤlzernen Bruͤcke uͤber den kleinen Bach, durchſchneidet die oͤf-
fentliche Heerſtraße. Von hier laͤuft er durch den großen Wald. Auf der ei-
nen Seite hat man dickes Holz, und auf der linken einzeln ſtehende Baͤume, um
des Proſpects zu genießen. Die Fahrt durch dieſen weitlaͤuftigen Wald dauert,
vermoͤge der vielen Wege, die durchgehauen ſind, lange; man kann ſie aber auch nach
Belieben abkuͤrzen. Wer aber durch alle paſſiren will, verfolget diejenigen, die in
runden Kruͤmmungen fortlaufen, welches das Unterſcheidungskennzeichen iſt. Die-
ſe fuͤhren zu dem Ausgange, und bringen wieder durch einen Weg, der zur Ver-
bindung dienet, nach dem Park zuruͤck. Indeſſen uͤberſieht man zwiſchen dem
Walde und dem Park eine große Strecke Landes, welche verſchiedene ſehr artige
Landſchaften darſtellet. Man kommt alsdenn bald an das alte hohe Holz, und
verfolgt den Weg bis zu dem am Ende deſſelbigen liegenden Pavillon. Nicht
weit
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