sem Tabaksbeutel, der dem General Rixendorf, meinem Lehrer in der Zeichenkunst, gehört, über¬ reiche. Einige Variationen habe ich meiner schaf¬ fenden Fantasie zu danken. Das Bild ist mir aus den Händen gekommen, ich habe es weder Jemanden sonst gezeigt, noch gar etwa angeheftet. Ueber diesen Umstand, in dem allein die Injurie liegt, erwarte ich den Nachweis. -- Diesen Nach¬ weis ist die ehrsame Schneiderzunft schuldig geblie¬ ben und Max heute freigesprochen worden. Daher sein Dank, seine unmäßige Freude." -- Man fand allgemein, daß doch die halb wahnsinnige Art und Weise, wie Max seinen Dank geäußert, durch die erzählten Umstände nicht ganz motivirt werde, nur die geheime Räthin Foerd sprach mit bewegter Stimme: "Der Jüngling hat ein leicht verwund¬ bares Gemüth und ein zarteres Ehrgefühl, als je ein anderer. Körperliche Strafe erdulden zu müs¬ sen hätte ihn elend gemacht, ihn auf immer von G. vertrieben." "Vielleicht," fiel Willibald ein, "liegt hier noch etwas ganz Besonderes im Hinter¬ grunde." "So ist es, lieber Willibald," sprach Rixendorf, der hineingetreten war und die Worte der geheimen Räthin vernommen hatte, "so ist es, und will es Gott, so soll sich bald alles recht hell
ſem Tabaksbeutel, der dem General Rixendorf, meinem Lehrer in der Zeichenkunſt, gehoͤrt, uͤber¬ reiche. Einige Variationen habe ich meiner ſchaf¬ fenden Fantaſie zu danken. Das Bild iſt mir aus den Haͤnden gekommen, ich habe es weder Jemanden ſonſt gezeigt, noch gar etwa angeheftet. Ueber dieſen Umſtand, in dem allein die Injurie liegt, erwarte ich den Nachweis. — Dieſen Nach¬ weis iſt die ehrſame Schneiderzunft ſchuldig geblie¬ ben und Max heute freigeſprochen worden. Daher ſein Dank, ſeine unmaͤßige Freude.“ — Man fand allgemein, daß doch die halb wahnſinnige Art und Weiſe, wie Max ſeinen Dank geaͤußert, durch die erzaͤhlten Umſtaͤnde nicht ganz motivirt werde, nur die geheime Raͤthin Foerd ſprach mit bewegter Stimme: „Der Juͤngling hat ein leicht verwund¬ bares Gemuͤth und ein zarteres Ehrgefuͤhl, als je ein anderer. Koͤrperliche Strafe erdulden zu muͤſ¬ ſen haͤtte ihn elend gemacht, ihn auf immer von G. vertrieben.“ „Vielleicht,“ fiel Willibald ein, „liegt hier noch etwas ganz Beſonderes im Hinter¬ grunde.“ „So iſt es, lieber Willibald,“ ſprach Rixendorf, der hineingetreten war und die Worte der geheimen Raͤthin vernommen hatte, „ſo iſt es, und will es Gott, ſo ſoll ſich bald alles recht hell
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0367"n="359"/>ſem Tabaksbeutel, der dem General Rixendorf,<lb/>
meinem Lehrer in der Zeichenkunſt, gehoͤrt, uͤber¬<lb/>
reiche. Einige Variationen habe ich meiner ſchaf¬<lb/>
fenden Fantaſie zu danken. Das Bild iſt mir<lb/>
aus den Haͤnden gekommen, ich habe es weder<lb/>
Jemanden ſonſt gezeigt, noch gar etwa angeheftet.<lb/>
Ueber dieſen Umſtand, in dem allein die Injurie<lb/>
liegt, erwarte ich den Nachweis. — Dieſen Nach¬<lb/>
weis iſt die ehrſame Schneiderzunft ſchuldig geblie¬<lb/>
ben und Max heute freigeſprochen worden. Daher<lb/>ſein Dank, ſeine unmaͤßige Freude.“— Man<lb/>
fand allgemein, daß doch die halb wahnſinnige Art<lb/>
und Weiſe, wie Max ſeinen Dank geaͤußert, durch<lb/>
die erzaͤhlten Umſtaͤnde nicht ganz motivirt werde,<lb/>
nur die geheime Raͤthin Foerd ſprach mit bewegter<lb/>
Stimme: „Der Juͤngling hat ein leicht verwund¬<lb/>
bares Gemuͤth und ein zarteres Ehrgefuͤhl, als je<lb/>
ein anderer. Koͤrperliche Strafe erdulden zu muͤſ¬<lb/>ſen haͤtte ihn elend gemacht, ihn auf immer von G.<lb/>
vertrieben.“„Vielleicht,“ fiel Willibald ein,<lb/>„liegt hier noch etwas ganz Beſonderes im Hinter¬<lb/>
grunde.“„So iſt es, lieber Willibald,“ſprach<lb/>
Rixendorf, der hineingetreten war und die Worte<lb/>
der geheimen Raͤthin vernommen hatte, „ſo iſt es,<lb/>
und will es Gott, ſo ſoll ſich bald alles recht hell<lb/></p></div></body></text></TEI>
[359/0367]
ſem Tabaksbeutel, der dem General Rixendorf,
meinem Lehrer in der Zeichenkunſt, gehoͤrt, uͤber¬
reiche. Einige Variationen habe ich meiner ſchaf¬
fenden Fantaſie zu danken. Das Bild iſt mir
aus den Haͤnden gekommen, ich habe es weder
Jemanden ſonſt gezeigt, noch gar etwa angeheftet.
Ueber dieſen Umſtand, in dem allein die Injurie
liegt, erwarte ich den Nachweis. — Dieſen Nach¬
weis iſt die ehrſame Schneiderzunft ſchuldig geblie¬
ben und Max heute freigeſprochen worden. Daher
ſein Dank, ſeine unmaͤßige Freude.“ — Man
fand allgemein, daß doch die halb wahnſinnige Art
und Weiſe, wie Max ſeinen Dank geaͤußert, durch
die erzaͤhlten Umſtaͤnde nicht ganz motivirt werde,
nur die geheime Raͤthin Foerd ſprach mit bewegter
Stimme: „Der Juͤngling hat ein leicht verwund¬
bares Gemuͤth und ein zarteres Ehrgefuͤhl, als je
ein anderer. Koͤrperliche Strafe erdulden zu muͤſ¬
ſen haͤtte ihn elend gemacht, ihn auf immer von G.
vertrieben.“ „Vielleicht,“ fiel Willibald ein,
„liegt hier noch etwas ganz Beſonderes im Hinter¬
grunde.“ „So iſt es, lieber Willibald,“ ſprach
Rixendorf, der hineingetreten war und die Worte
der geheimen Raͤthin vernommen hatte, „ſo iſt es,
und will es Gott, ſo ſoll ſich bald alles recht hell
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/367>, abgerufen am 31.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.