Es mag im Winter 1841/2 gewesen sein, als zu Wien ein Herr Faber das Wunderbarste, was ich jemals gesehen und gehört, öffentlich zur Schau stellte: eine Sprachmaschine, welche durch Tasten, wie bei'm Klaviere, in Bewegung gesetzt, einzelne Laute von sich gab, aus denen sich ganze, deutlich gesprochene Worte bildeten. Von Allem, was des Menschen kunstfertige Hand hervorgebracht, schien mir diese Maschine, als Resultat unbegreiflicher Kom- binationen, das Unbegreiflichste. Wer sein Leben damit zugebracht hat sprechen zu lernen, für den muß ein solcher Einblick in die geheimnißvolle Werk- statt des Göttlichsten was der Mensch hat, wodurch er sich von sämmtlichen Geschöpfen auszeichnet, mit ehrfurchtsvollen Schaudern durchdringen. Jch hatte
Nachſchrift des Verfaſſers.
Es mag im Winter 1841/2 geweſen ſein, als zu Wien ein Herr Faber das Wunderbarſte, was ich jemals geſehen und gehoͤrt, oͤffentlich zur Schau ſtellte: eine Sprachmaſchine, welche durch Taſten, wie bei’m Klaviere, in Bewegung geſetzt, einzelne Laute von ſich gab, aus denen ſich ganze, deutlich geſprochene Worte bildeten. Von Allem, was des Menſchen kunſtfertige Hand hervorgebracht, ſchien mir dieſe Maſchine, als Reſultat unbegreiflicher Kom- binationen, das Unbegreiflichſte. Wer ſein Leben damit zugebracht hat ſprechen zu lernen, fuͤr den muß ein ſolcher Einblick in die geheimnißvolle Werk- ſtatt des Goͤttlichſten was der Menſch hat, wodurch er ſich von ſaͤmmtlichen Geſchoͤpfen auszeichnet, mit ehrfurchtsvollen Schaudern durchdringen. Jch hatte
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Nachſchrift des Verfaſſers.
Es mag im Winter 1841/2 geweſen ſein, als zu
Wien ein Herr Faber das Wunderbarſte, was ich
jemals geſehen und gehoͤrt, oͤffentlich zur Schau
ſtellte: eine Sprachmaſchine, welche durch Taſten,
wie bei’m Klaviere, in Bewegung geſetzt, einzelne
Laute von ſich gab, aus denen ſich ganze, deutlich
geſprochene Worte bildeten. Von Allem, was des
Menſchen kunſtfertige Hand hervorgebracht, ſchien
mir dieſe Maſchine, als Reſultat unbegreiflicher Kom-
binationen, das Unbegreiflichſte. Wer ſein Leben
damit zugebracht hat ſprechen zu lernen, fuͤr den
muß ein ſolcher Einblick in die geheimnißvolle Werk-
ſtatt des Goͤttlichſten was der Menſch hat, wodurch
er ſich von ſaͤmmtlichen Geſchoͤpfen auszeichnet, mit
ehrfurchtsvollen Schaudern durchdringen. Jch hatte
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. [203]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/207>, abgerufen am 18.06.2024.
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