Doch heut fühl ich mich neu geboren: Heil mir, daß ich dich wiederfand!
So, über Thäler, über Hügel, Ward mir gemach die Ferne nah, Und meine Sehnsucht lieh mir Flügel, Bis endlich ich die Wartburg sah. Ich sah sie hoch vom Berg mir winken, Den steilen Pfad klomm ich hinauf, Und mir im Auge fühlt ich's blinken, Und mir im Herzen klang's: Glückauf! Ja, alles war noch wie vor Zeiten, Die Brücke dort und dort der Thurm, Drin ich beim Loh'n von eichnen Scheiten So oft verträumt den Wintersturm. Umkrächzt von Dohlen und von Raben, Hat er, vom nahen Wald umrauscht, Des alten Burgwarts jungen Knaben Gar oft bei seinem Spiel belauscht. In dieses Gras bin ich gesunken, Von diesem Baum sang ich mein Lied, Aus jenem Born hab ich getrunken, Vor jenem Kreuz hab ich gekniet. Ich hab mir unter dieser Rüster Die ersten Sporen umgeschnallt Und dort steht auch noch grau und düster Die alte Steinwand aus Basalt!
Doch heut fühl ich mich neu geboren: Heil mir, daß ich dich wiederfand!
So, über Thäler, über Hügel, Ward mir gemach die Ferne nah, Und meine Sehnſucht lieh mir Flügel, Bis endlich ich die Wartburg ſah. Ich ſah ſie hoch vom Berg mir winken, Den ſteilen Pfad klomm ich hinauf, Und mir im Auge fühlt ich's blinken, Und mir im Herzen klang's: Glückauf! Ja, alles war noch wie vor Zeiten, Die Brücke dort und dort der Thurm, Drin ich beim Loh'n von eichnen Scheiten So oft verträumt den Winterſturm. Umkrächzt von Dohlen und von Raben, Hat er, vom nahen Wald umrauſcht, Des alten Burgwarts jungen Knaben Gar oft bei ſeinem Spiel belauſcht. In dieſes Gras bin ich geſunken, Von dieſem Baum ſang ich mein Lied, Aus jenem Born hab ich getrunken, Vor jenem Kreuz hab ich gekniet. Ich hab mir unter dieſer Rüſter Die erſten Sporen umgeſchnallt Und dort ſteht auch noch grau und düſter Die alte Steinwand aus Baſalt!
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Doch heut fühl ich mich neu geboren:
Heil mir, daß ich dich wiederfand!
So, über Thäler, über Hügel,
Ward mir gemach die Ferne nah,
Und meine Sehnſucht lieh mir Flügel,
Bis endlich ich die Wartburg ſah.
Ich ſah ſie hoch vom Berg mir winken,
Den ſteilen Pfad klomm ich hinauf,
Und mir im Auge fühlt ich's blinken,
Und mir im Herzen klang's: Glückauf!
Ja, alles war noch wie vor Zeiten,
Die Brücke dort und dort der Thurm,
Drin ich beim Loh'n von eichnen Scheiten
So oft verträumt den Winterſturm.
Umkrächzt von Dohlen und von Raben,
Hat er, vom nahen Wald umrauſcht,
Des alten Burgwarts jungen Knaben
Gar oft bei ſeinem Spiel belauſcht.
In dieſes Gras bin ich geſunken,
Von dieſem Baum ſang ich mein Lied,
Aus jenem Born hab ich getrunken,
Vor jenem Kreuz hab ich gekniet.
Ich hab mir unter dieſer Rüſter
Die erſten Sporen umgeſchnallt
Und dort ſteht auch noch grau und düſter
Die alte Steinwand aus Baſalt!
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Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/154>, abgerufen am 13.06.2024.
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