Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.Samstagsidyll. Es war ein Tag wie's ihrer viele giebt, Wenn falb der Sommer in den Herbst zerstiebt; Verstummt schon schien der Vögel buntes Völkchen Und grau am Himmel standen kleine Wölkchen. Nur ab und zu schwamm's fernher durch die Luft Noch weich wie ein verirrter Rosenduft Und wie ein Lenzlockruf, nur herbstlich stiller, Klang hie und da ein später Vogeltriller. Auf lauen Windes Flügeln kam's und schwand Und reichte wiederkehrend sich die Hand, Wie wenn zwei Herzen durch ein letztes Grüßen Sich noch des Scheidens bittres Weh versüßen Doch also war's nur draußen fern im Hag,
Durch die Fabrikstadt schlich der Werkeltag. Das schwarzberußte Schurzfell um die Lenden, War er bemüht die Woche zu beenden; Er ließ das Eisen wie ein Licht erglühn Und mehr als hundert Essen Funken sprühn Und, unbekümmert um den eignen Jammer, Schwang er den centnerschweren Schmiedehammer Samſtagsidyll. Es war ein Tag wie's ihrer viele giebt, Wenn falb der Sommer in den Herbſt zerſtiebt; Verſtummt ſchon ſchien der Vögel buntes Völkchen Und grau am Himmel ſtanden kleine Wölkchen. Nur ab und zu ſchwamm's fernher durch die Luft Noch weich wie ein verirrter Roſenduft Und wie ein Lenzlockruf, nur herbſtlich ſtiller, Klang hie und da ein ſpäter Vogeltriller. Auf lauen Windes Flügeln kam's und ſchwand Und reichte wiederkehrend ſich die Hand, Wie wenn zwei Herzen durch ein letztes Grüßen Sich noch des Scheidens bittres Weh verſüßen Doch alſo war's nur draußen fern im Hag,
Durch die Fabrikſtadt ſchlich der Werkeltag. Das ſchwarzberußte Schurzfell um die Lenden, War er bemüht die Woche zu beenden; Er ließ das Eiſen wie ein Licht erglühn Und mehr als hundert Eſſen Funken ſprühn Und, unbekümmert um den eignen Jammer, Schwang er den centnerſchweren Schmiedehammer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0061" n="39"/> <lg type="poem"> <head>Samſtagsidyll.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">E</hi>s war ein Tag wie's ihrer viele giebt,</l><lb/> <l>Wenn falb der Sommer in den Herbſt zerſtiebt;</l><lb/> <l>Verſtummt ſchon ſchien der Vögel buntes Völkchen</l><lb/> <l>Und grau am Himmel ſtanden kleine Wölkchen.</l><lb/> <l>Nur ab und zu ſchwamm's fernher durch die Luft</l><lb/> <l>Noch weich wie ein verirrter Roſenduft</l><lb/> <l>Und wie ein Lenzlockruf, nur herbſtlich ſtiller,</l><lb/> <l>Klang hie und da ein ſpäter Vogeltriller.</l><lb/> <l>Auf lauen Windes Flügeln kam's und ſchwand</l><lb/> <l>Und reichte wiederkehrend ſich die Hand,</l><lb/> <l>Wie wenn zwei Herzen durch ein letztes Grüßen</l><lb/> <l>Sich noch des Scheidens bittres Weh verſüßen</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Doch alſo war's nur draußen fern im Hag,</l><lb/> <l>Durch die Fabrikſtadt ſchlich der Werkeltag.</l><lb/> <l>Das ſchwarzberußte Schurzfell um die Lenden,</l><lb/> <l>War er bemüht die Woche zu beenden;</l><lb/> <l>Er ließ das Eiſen wie ein Licht erglühn</l><lb/> <l>Und mehr als hundert Eſſen Funken ſprühn</l><lb/> <l>Und, unbekümmert um den eignen Jammer,</l><lb/> <l>Schwang er den centnerſchweren Schmiedehammer</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [39/0061]
Samſtagsidyll.
Es war ein Tag wie's ihrer viele giebt,
Wenn falb der Sommer in den Herbſt zerſtiebt;
Verſtummt ſchon ſchien der Vögel buntes Völkchen
Und grau am Himmel ſtanden kleine Wölkchen.
Nur ab und zu ſchwamm's fernher durch die Luft
Noch weich wie ein verirrter Roſenduft
Und wie ein Lenzlockruf, nur herbſtlich ſtiller,
Klang hie und da ein ſpäter Vogeltriller.
Auf lauen Windes Flügeln kam's und ſchwand
Und reichte wiederkehrend ſich die Hand,
Wie wenn zwei Herzen durch ein letztes Grüßen
Sich noch des Scheidens bittres Weh verſüßen
Doch alſo war's nur draußen fern im Hag,
Durch die Fabrikſtadt ſchlich der Werkeltag.
Das ſchwarzberußte Schurzfell um die Lenden,
War er bemüht die Woche zu beenden;
Er ließ das Eiſen wie ein Licht erglühn
Und mehr als hundert Eſſen Funken ſprühn
Und, unbekümmert um den eignen Jammer,
Schwang er den centnerſchweren Schmiedehammer
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/61 |
Zitationshilfe: | Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/61>, abgerufen am 14.06.2024. |