anwenden; hingegen keines, das den blos verdächtigen Bürger schon als Verbrecher behandelte, noch ein solches, das die Rechte des Menschen und des Bürgers, welche der Staat, auch in dem Verbrecher, ehren muss, verletzte, oder das den Staat einer unmoralischen Handlung schuldig machen würde. 5. Eigene Veranstaltungen, noch nicht begangene Ver- brechen zu verhüten, darf sich der Staat nicht anders erlau- ben, als insofern dieselben die unmittelbare Begehung der- selben verhindern. Alle übrige aber, sie mögen nun den Ursachen zu Verbrechen entgegenarbeiten, oder an sich unschädliche, aber leicht zu Verbrechen führende Hand- lungen verhüten wollen, liegen ausserhalb der Gränzen sei- ner Wirksamkeit. Wenn zwischen diesem, und dem, bei Gelegenheit der Handlungen des einzelnen Menschen S. 113 aufgestellten Grundsatz ein Widerspruch zu sein scheint, so muss man nicht vergessen, dass dort von solchen Handlungen die Rede war, deren Folgen an sich fremde Rechte kränken können, hier hingegen von solchen, aus welchen, um diese Wirkung hervorzubringen, erst eine zweite Handlung entstehen muss. Verheimlichung der Schwangerschaft also, um dies an einem Beispiel deutlich zu machen, dürfte nicht aus dem Grunde verboten werden, den Kindermord zu verhüten (man müsste denn dieselbe schon als ein Zeichen des Vorsatzes zu demselben ansehen), wohl aber als eine Handlung, welche an sich, und ohnedies, dem Leben und der Gesundheit des Kindes gefährlich sein kann.
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anwenden; hingegen keines, das den blos verdächtigen Bürger schon als Verbrecher behandelte, noch ein solches, das die Rechte des Menschen und des Bürgers, welche der Staat, auch in dem Verbrecher, ehren muss, verletzte, oder das den Staat einer unmoralischen Handlung schuldig machen würde. 5. Eigene Veranstaltungen, noch nicht begangene Ver- brechen zu verhüten, darf sich der Staat nicht anders erlau- ben, als insofern dieselben die unmittelbare Begehung der- selben verhindern. Alle übrige aber, sie mögen nun den Ursachen zu Verbrechen entgegenarbeiten, oder an sich unschädliche, aber leicht zu Verbrechen führende Hand- lungen verhüten wollen, liegen ausserhalb der Gränzen sei- ner Wirksamkeit. Wenn zwischen diesem, und dem, bei Gelegenheit der Handlungen des einzelnen Menschen S. 113 aufgestellten Grundsatz ein Widerspruch zu sein scheint, so muss man nicht vergessen, dass dort von solchen Handlungen die Rede war, deren Folgen an sich fremde Rechte kränken können, hier hingegen von solchen, aus welchen, um diese Wirkung hervorzubringen, erst eine zweite Handlung entstehen muss. Verheimlichung der Schwangerschaft also, um dies an einem Beispiel deutlich zu machen, dürfte nicht aus dem Grunde verboten werden, den Kindermord zu verhüten (man müsste denn dieselbe schon als ein Zeichen des Vorsatzes zu demselben ansehen), wohl aber als eine Handlung, welche an sich, und ohnedies, dem Leben und der Gesundheit des Kindes gefährlich sein kann.
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anwenden; hingegen keines, das den blos verdächtigen
Bürger schon als Verbrecher behandelte, noch ein solches,
das die Rechte des Menschen und des Bürgers, welche der
Staat, auch in dem Verbrecher, ehren muss, verletzte,
oder das den Staat einer unmoralischen Handlung schuldig
machen würde.
5. Eigene Veranstaltungen, noch nicht begangene Ver-
brechen zu verhüten, darf sich der Staat nicht anders erlau-
ben, als insofern dieselben die unmittelbare Begehung der-
selben verhindern. Alle übrige aber, sie mögen nun den
Ursachen zu Verbrechen entgegenarbeiten, oder an sich
unschädliche, aber leicht zu Verbrechen führende Hand-
lungen verhüten wollen, liegen ausserhalb der Gränzen sei-
ner Wirksamkeit. Wenn zwischen diesem, und dem, bei
Gelegenheit der Handlungen des einzelnen Menschen
S. 113 aufgestellten Grundsatz ein Widerspruch zu sein
scheint, so muss man nicht vergessen, dass dort von
solchen Handlungen die Rede war, deren Folgen an sich
fremde Rechte kränken können, hier hingegen von solchen,
aus welchen, um diese Wirkung hervorzubringen, erst eine
zweite Handlung entstehen muss. Verheimlichung der
Schwangerschaft also, um dies an einem Beispiel deutlich
zu machen, dürfte nicht aus dem Grunde verboten werden,
den Kindermord zu verhüten (man müsste denn dieselbe
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Wilhelm von Humboldt schrieb seine 'Ideen zu eine… [mehr]
Wilhelm von Humboldt schrieb seine 'Ideen zu einem Versuch, die Gränzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen' zwischen März und Mai des Jahres 1792 nieder. Einzelne Abschnitte wurden im selben Jahr in Friedrich Schillers Thalia bzw. in der Berlinischen Monatsschrift gedruckt. Der gesamte Text wurde jedoch erst postum, 1851, aus dem Nachlass publiziert (Wilhelm von Humboldt † 8. April 1835). Gemäß den Richtlinien des DTA wurde diese Ausgabe digitalisiert.
Humboldt, Wilhelm von: Ideen zu einem Versuch, die Gränzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen. Breslau, 1851, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_grenzen_1851/197>, abgerufen am 15.06.2024.
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