Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.Weltraum füllenden himmlischen Körpern beginnen, gleichsam mit dem Entwurf einer graphischen Darstellung des Universums, einer eigentlichen Weltkarte, wie zuerst mit kühner Hand sie Herschel der Vater gezeichnet hat. Wenn, trotz der Kleinheit unseres Planeten, der tellurische Theil in der Weltbeschreibung den größeren Raum einnimmt und am ausführlichsten behandelt wird, so geschieht dies nur in Beziehung auf die ungleiche Masse des Erkannten, auf die Ungleichheit des Empirisch-Zugänglichen. Jene Unterordnung des uranologischen Theils finden wir übrigens schon bei dem großen Geographen Bernhard Varenius7 in der Mitte des 17ten Jahrhunderts. Er unterscheidet sehr scharfsinnig allgemeine und specielle Erdbeschreibung, und theilt die erstere wieder in die absolut tellurische und die planetarische ein, je nachdem man betrachtet die Verhältnisse der Erdoberfläche in den verschiedenen Zonen, oder das solarisch-lunare Leben der Erde, die Beziehung unseres Planeten zu Sonne und Mond. Ein bleibender Ruhm für Varenius ist es, daß die Ausführung eines solchen Entwurfes der allgemeinen und vergleichenden Erdkunde Newton's Aufmerksamkeit in einem hohen Grade auf sich gezogen hatte; aber bei dem mangelhaften Zustande der Hülfswissenschaften, aus denen Varenius schöpfte, konnte die Bearbeitung nicht der Größe des Unternehmens entsprechen. Es war unserer Zeit vorbehalten, die vergleichende Erdkunde in ihrem weitesten Umfange, ja in ihrem Reflex auf die Geschichte der Menschheit, auf die Beziehungen der Erdgestaltung zu der Richtung der Völkerzüge und der Fortschritte der Gesittung, meisterhaft bearbeitet8 zu sehen. Die Aufzählung der vielfachen Strahlen, die sich in Weltraum füllenden himmlischen Körpern beginnen, gleichsam mit dem Entwurf einer graphischen Darstellung des Universums, einer eigentlichen Weltkarte, wie zuerst mit kühner Hand sie Herschel der Vater gezeichnet hat. Wenn, trotz der Kleinheit unseres Planeten, der tellurische Theil in der Weltbeschreibung den größeren Raum einnimmt und am ausführlichsten behandelt wird, so geschieht dies nur in Beziehung auf die ungleiche Masse des Erkannten, auf die Ungleichheit des Empirisch-Zugänglichen. Jene Unterordnung des uranologischen Theils finden wir übrigens schon bei dem großen Geographen Bernhard Varenius7 in der Mitte des 17ten Jahrhunderts. Er unterscheidet sehr scharfsinnig allgemeine und specielle Erdbeschreibung, und theilt die erstere wieder in die absolut tellurische und die planetarische ein, je nachdem man betrachtet die Verhältnisse der Erdoberfläche in den verschiedenen Zonen, oder das solarisch-lunare Leben der Erde, die Beziehung unseres Planeten zu Sonne und Mond. Ein bleibender Ruhm für Varenius ist es, daß die Ausführung eines solchen Entwurfes der allgemeinen und vergleichenden Erdkunde Newton's Aufmerksamkeit in einem hohen Grade auf sich gezogen hatte; aber bei dem mangelhaften Zustande der Hülfswissenschaften, aus denen Varenius schöpfte, konnte die Bearbeitung nicht der Größe des Unternehmens entsprechen. Es war unserer Zeit vorbehalten, die vergleichende Erdkunde in ihrem weitesten Umfange, ja in ihrem Reflex auf die Geschichte der Menschheit, auf die Beziehungen der Erdgestaltung zu der Richtung der Völkerzüge und der Fortschritte der Gesittung, meisterhaft bearbeitet8 zu sehen. 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Weltraum füllenden himmlischen Körpern beginnen, gleichsam mit dem Entwurf einer graphischen Darstellung des Universums, einer eigentlichen Weltkarte, wie zuerst mit kühner Hand sie Herschel der Vater gezeichnet hat. Wenn, trotz der Kleinheit unseres Planeten, der tellurische Theil in der Weltbeschreibung den größeren Raum einnimmt und am ausführlichsten behandelt wird, so geschieht dies nur in Beziehung auf die ungleiche Masse des Erkannten, auf die Ungleichheit des Empirisch-Zugänglichen. Jene Unterordnung des uranologischen Theils finden wir übrigens schon bei dem großen Geographen Bernhard Varenius
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in der Mitte des 17ten Jahrhunderts. Er unterscheidet sehr scharfsinnig allgemeine und specielle Erdbeschreibung, und theilt die erstere wieder in die absolut tellurische und die planetarische ein, je nachdem man betrachtet die Verhältnisse der Erdoberfläche in den verschiedenen Zonen, oder das solarisch-lunare Leben der Erde, die Beziehung unseres Planeten zu Sonne und Mond. Ein bleibender Ruhm für Varenius ist es, daß die Ausführung eines solchen Entwurfes der allgemeinen und vergleichenden Erdkunde Newton's Aufmerksamkeit in einem hohen Grade auf sich gezogen hatte; aber bei dem mangelhaften Zustande der Hülfswissenschaften, aus denen Varenius schöpfte, konnte die Bearbeitung nicht der Größe des Unternehmens entsprechen. Es war unserer Zeit vorbehalten, die vergleichende Erdkunde in ihrem weitesten Umfange, ja in ihrem Reflex auf die Geschichte der Menschheit, auf die Beziehungen der Erdgestaltung zu der Richtung der Völkerzüge und der Fortschritte der Gesittung, meisterhaft bearbeitet
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Zitationshilfe: | Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/79>, abgerufen am 14.06.2024. |