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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858.

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Meinung leiten, als seien Spuren vorhanden, daß die Hornitos je Schlacken ausgeworfen oder gar, wie viele Auswurfs-Kegel, Lava ergossen haben. Ganz verschieden z. B. sind, um an ein größeres Phänomen zu erinnern, in Kleinasien, auf der vormaligen Grenze von Mysien und Phrygien, in dem alten Brandlande (Katakekaumene), "in welchem es sich (wegen der Erdbeben) gefahrvoll wohnt", die drei Schlünde, die Strabo phusai, Blasebälge, nennt, und die der verdienstvolle Reisende William Hamilton wieder aufgefunden hat13. Auswurfs-Kegel, wie sie die Insel Lancerote bei Tinguaton, oder Unter-Italien, oder (von kaum zwanzig Fuß Höhe) der Abhang des großen kamtschadalischen Vulkans Awatscha14 zeigen, den mein Freund und sibirischer Reisegefährte, Ernst Hofmann, im Juli 1824 erstiegen; bestehen aus Schlacken und Asche, die einen kleinen Krater, welcher sie ausgestoßen hat und von ihnen wieder verschüttet worden ist, umgeben. An den Hornitos ist nichts krater-ähnliches zu sehen; und sie bestehn, was ein wichtiger Charakter ist, aus bloßen Basaltkugeln mit schalig abgesonderten Stücken, ohne Einmischung loser eckiger Schlacken. Am Fuß des Vesuvs, bei dem mächtigen Ausbruch von 1794 (wie auch in früheren Epochen), bildeten sich, auf einer Längenspalte gereiht, 8 verschiedene kleine Eruptions-Kratere, bocche nuove, die sogenannten parasitischen Ausbruchs-Kegel, lava-ergießend und schon dadurch den Jorullo-Hornitos gänzlich entfremdet. "Ihre Hornitos", schrieb mir Leopold von Buch, "sind nicht durch Auswürflinge aufgehäufte Kegel; sie sind unmittelbar aus dem Erd-Inneren gehoben." Die Entstehung des Vulkans von Jorullo selbst wurde von diesem großen Geologen mit der des Monte nuovo in den phlegräischen Feldern verglichen. Dieselbe Ansicht der Erhebung von 6 vulkanischen Bergen auf einer

Meinung leiten, als seien Spuren vorhanden, daß die Hornitos je Schlacken ausgeworfen oder gar, wie viele Auswurfs-Kegel, Lava ergossen haben. Ganz verschieden z. B. sind, um an ein größeres Phänomen zu erinnern, in Kleinasien, auf der vormaligen Grenze von Mysien und Phrygien, in dem alten Brandlande (Katakekaumene), „in welchem es sich (wegen der Erdbeben) gefahrvoll wohnt", die drei Schlünde, die Strabo φύσαι, Blasebälge, nennt, und die der verdienstvolle Reisende William Hamilton wieder aufgefunden hat13. Auswurfs-Kegel, wie sie die Insel Lancerote bei Tinguaton, oder Unter-Italien, oder (von kaum zwanzig Fuß Höhe) der Abhang des großen kamtschadalischen Vulkans Awatscha14 zeigen, den mein Freund und sibirischer Reisegefährte, Ernst Hofmann, im Juli 1824 erstiegen; bestehen aus Schlacken und Asche, die einen kleinen Krater, welcher sie ausgestoßen hat und von ihnen wieder verschüttet worden ist, umgeben. An den Hornitos ist nichts krater-ähnliches zu sehen; und sie bestehn, was ein wichtiger Charakter ist, aus bloßen Basaltkugeln mit schalig abgesonderten Stücken, ohne Einmischung loser eckiger Schlacken. Am Fuß des Vesuvs, bei dem mächtigen Ausbruch von 1794 (wie auch in früheren Epochen), bildeten sich, auf einer Längenspalte gereiht, 8 verschiedene kleine Eruptions-Kratere, bocche nuove, die sogenannten parasitischen Ausbruchs-Kegel, lava-ergießend und schon dadurch den Jorullo-Hornitos gänzlich entfremdet. „Ihre Hornitos«, schrieb mir Leopold von Buch, „sind nicht durch Auswürflinge aufgehäufte Kegel; sie sind unmittelbar aus dem Erd-Inneren gehoben." Die Entstehung des Vulkans von Jorullo selbst wurde von diesem großen Geologen mit der des Monte nuovo in den phlegräischen Feldern verglichen. Dieselbe Ansicht der Erhebung von 6 vulkanischen Bergen auf einer

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Meinung leiten, als seien Spuren vorhanden, daß die Hornitos je Schlacken ausgeworfen oder gar, wie viele Auswurfs-Kegel, Lava ergossen haben. Ganz verschieden z. B. sind, um an ein größeres Phänomen zu erinnern, in Kleinasien, auf der vormaligen Grenze von Mysien und Phrygien, in dem alten <hi rendition="#g">Brandlande</hi> (Katakekaumene), &#x201E;in welchem es sich (wegen der Erdbeben) <hi rendition="#g">gefahrvoll</hi> wohnt", die drei <hi rendition="#g">Schlünde,</hi> die Strabo <hi rendition="#g">&#x03C6;&#x1F7B;&#x03C3;&#x03B1;&#x03B9;, Blasebälge,</hi> nennt, und die der verdienstvolle Reisende William Hamilton wieder aufgefunden hat<note xml:id="ftn437" next="ftn437-text" place="end" n="13"/>. Auswurfs-Kegel, wie sie die Insel Lancerote bei Tinguaton, oder Unter-Italien, oder (von kaum zwanzig Fuß Höhe) der Abhang des großen kamtschadalischen Vulkans Awatscha<note xml:id="ftn438" next="ftn438-text" place="end" n="14"/> zeigen, den mein Freund und sibirischer Reisegefährte, Ernst Hofmann, im Juli 1824 erstiegen; bestehen aus Schlacken und Asche, die einen kleinen Krater, welcher sie ausgestoßen hat und von ihnen wieder verschüttet worden ist, umgeben. An den Hornitos ist nichts krater-ähnliches zu sehen; und sie bestehn, was ein wichtiger Charakter ist, aus bloßen Basaltkugeln mit schalig abgesonderten Stücken, ohne Einmischung loser eckiger Schlacken. Am Fuß des Vesuvs, bei dem mächtigen Ausbruch von 1794 (wie auch in früheren Epochen), bildeten sich, auf einer Längenspalte gereiht, 8 verschiedene kleine Eruptions-Kratere, bocche nuove, die sogenannten <hi rendition="#g">parasitischen</hi> Ausbruchs-Kegel, lava-ergießend und schon dadurch den Jorullo-Hornitos gänzlich entfremdet. &#x201E;Ihre Hornitos«, schrieb mir Leopold von Buch, &#x201E;sind nicht durch Auswürflinge aufgehäufte Kegel; sie sind <hi rendition="#g">unmittelbar</hi> aus dem Erd-Inneren gehoben." Die Entstehung des Vulkans von Jorullo selbst wurde von diesem großen Geologen mit der des Monte nuovo in den phlegräischen Feldern verglichen. Dieselbe Ansicht der Erhebung von 6 vulkanischen Bergen auf einer
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[347/0352] Meinung leiten, als seien Spuren vorhanden, daß die Hornitos je Schlacken ausgeworfen oder gar, wie viele Auswurfs-Kegel, Lava ergossen haben. Ganz verschieden z. B. sind, um an ein größeres Phänomen zu erinnern, in Kleinasien, auf der vormaligen Grenze von Mysien und Phrygien, in dem alten Brandlande (Katakekaumene), „in welchem es sich (wegen der Erdbeben) gefahrvoll wohnt", die drei Schlünde, die Strabo φύσαι, Blasebälge, nennt, und die der verdienstvolle Reisende William Hamilton wieder aufgefunden hat ¹³ . Auswurfs-Kegel, wie sie die Insel Lancerote bei Tinguaton, oder Unter-Italien, oder (von kaum zwanzig Fuß Höhe) der Abhang des großen kamtschadalischen Vulkans Awatscha ¹⁴ zeigen, den mein Freund und sibirischer Reisegefährte, Ernst Hofmann, im Juli 1824 erstiegen; bestehen aus Schlacken und Asche, die einen kleinen Krater, welcher sie ausgestoßen hat und von ihnen wieder verschüttet worden ist, umgeben. An den Hornitos ist nichts krater-ähnliches zu sehen; und sie bestehn, was ein wichtiger Charakter ist, aus bloßen Basaltkugeln mit schalig abgesonderten Stücken, ohne Einmischung loser eckiger Schlacken. Am Fuß des Vesuvs, bei dem mächtigen Ausbruch von 1794 (wie auch in früheren Epochen), bildeten sich, auf einer Längenspalte gereiht, 8 verschiedene kleine Eruptions-Kratere, bocche nuove, die sogenannten parasitischen Ausbruchs-Kegel, lava-ergießend und schon dadurch den Jorullo-Hornitos gänzlich entfremdet. „Ihre Hornitos«, schrieb mir Leopold von Buch, „sind nicht durch Auswürflinge aufgehäufte Kegel; sie sind unmittelbar aus dem Erd-Inneren gehoben." Die Entstehung des Vulkans von Jorullo selbst wurde von diesem großen Geologen mit der des Monte nuovo in den phlegräischen Feldern verglichen. Dieselbe Ansicht der Erhebung von 6 vulkanischen Bergen auf einer

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858/352>, abgerufen am 14.06.2024.