des alltäglichen Lebens besser gelingen, aber da sein Gespräch sich ausschließlich auf religiöse Begriffe bezog, so gerieth er fort¬ während in eine völlige Geistesverwirrung, welche desultorisch zwischen den verschiedenartigsten Verhältnissen umherschweifend, nur mit Mühe einen verknüpfenden Faden auffinden ließ.Hätte ich ihn durch oft eingemischte Fragen zu bestimmteren Erklä¬ rungen veranlassen wollen, so würde ich ihn in seinem unver¬ hohlenen Argwohn nur noch mehr bestärkt, und ihn dadurch entweder zum heftigen Streit gereizt, oder zum mürrischen Schweigen gebracht haben. Auch fielen seine Antworten auf einzelne Fragen, von deren Sinn er sogleich zu anderen Din¬ gen übersprang, so ungenügend aus, daß ich nicht hoffen durfte, mir durch sie eine nähere Aufklärung zu verschaffen; ja vielen seiner Aeußerungen konnte nicht einmal ein bestimm¬ ter Sinn untergelegt werden.
Den Mittelpunkt, um welchen sich der irre Lauf seiner Vorstellungen bewegt, bildet unstreitig seine Ueberzeugung, wel¬ che er schon wiederholt in seinen Briefen an die Königl. Be¬ hörden ausgesprochen hat, daß ihm in nächtlichen Träumen göttliche Offenbarungen zu Theil, und mit ihnen ihm die Pflicht auferlegt worden, dieselben öffentlich zum Heil der Welt zu verkündigen. Er hat diese Offenbarungsträume in einem aus¬ führlichen Tagebuche, meist unter Angabe des Datums ver¬ zeichnet, woraus er mir Mehreres vorlas. Ein besonderes Ge¬ wicht legte er auf den einen, in welchem er als König aus dem hiesigen Schlosse mit einem vierspännigen Wagen abgeholt, und durch die Linden zum Thore hinausgeführt worden war. Da er sich für einen Propheten, und ziemlich bestimmt für Elias hält, so sieht er in jenem Traume seine symbolische Verherrlichung, in deren Glanze er unter den Menschen auf¬ treten soll. Ueberhaupt scheinen alle Phantasmagorieen bei ihm von einem blendenden Nimbus umgeben zu sein, indem er versichert, daß es ihm oft vorkomme, als ob er in Flammen liege. Während eines anderen Traums befand er sich bei ge¬ wöhnlichen Leuten im Dienste, von welchen er über das Feld geschickt wurde, um eine Ziege zu holen. Unterwegs wurde er auf einen Berg von einem Manne geführt, welcher mit einem Stabe nach dem Himmel zeigte, aus dessen geöffneten
des alltaͤglichen Lebens beſſer gelingen, aber da ſein Geſpraͤch ſich ausſchließlich auf religioͤſe Begriffe bezog, ſo gerieth er fort¬ waͤhrend in eine voͤllige Geiſtesverwirrung, welche deſultoriſch zwiſchen den verſchiedenartigſten Verhaͤltniſſen umherſchweifend, nur mit Muͤhe einen verknuͤpfenden Faden auffinden ließ.Haͤtte ich ihn durch oft eingemiſchte Fragen zu beſtimmteren Erklaͤ¬ rungen veranlaſſen wollen, ſo wuͤrde ich ihn in ſeinem unver¬ hohlenen Argwohn nur noch mehr beſtaͤrkt, und ihn dadurch entweder zum heftigen Streit gereizt, oder zum muͤrriſchen Schweigen gebracht haben. Auch fielen ſeine Antworten auf einzelne Fragen, von deren Sinn er ſogleich zu anderen Din¬ gen uͤberſprang, ſo ungenuͤgend aus, daß ich nicht hoffen durfte, mir durch ſie eine naͤhere Aufklaͤrung zu verſchaffen; ja vielen ſeiner Aeußerungen konnte nicht einmal ein beſtimm¬ ter Sinn untergelegt werden.
Den Mittelpunkt, um welchen ſich der irre Lauf ſeiner Vorſtellungen bewegt, bildet unſtreitig ſeine Ueberzeugung, wel¬ che er ſchon wiederholt in ſeinen Briefen an die Koͤnigl. Be¬ hoͤrden ausgeſprochen hat, daß ihm in naͤchtlichen Traͤumen goͤttliche Offenbarungen zu Theil, und mit ihnen ihm die Pflicht auferlegt worden, dieſelben oͤffentlich zum Heil der Welt zu verkuͤndigen. Er hat dieſe Offenbarungstraͤume in einem aus¬ fuͤhrlichen Tagebuche, meiſt unter Angabe des Datums ver¬ zeichnet, woraus er mir Mehreres vorlas. Ein beſonderes Ge¬ wicht legte er auf den einen, in welchem er als Koͤnig aus dem hieſigen Schloſſe mit einem vierſpaͤnnigen Wagen abgeholt, und durch die Linden zum Thore hinausgefuͤhrt worden war. Da er ſich fuͤr einen Propheten, und ziemlich beſtimmt fuͤr Elias haͤlt, ſo ſieht er in jenem Traume ſeine ſymboliſche Verherrlichung, in deren Glanze er unter den Menſchen auf¬ treten ſoll. Ueberhaupt ſcheinen alle Phantasmagorieen bei ihm von einem blendenden Nimbus umgeben zu ſein, indem er verſichert, daß es ihm oft vorkomme, als ob er in Flammen liege. Waͤhrend eines anderen Traums befand er ſich bei ge¬ woͤhnlichen Leuten im Dienſte, von welchen er uͤber das Feld geſchickt wurde, um eine Ziege zu holen. Unterwegs wurde er auf einen Berg von einem Manne gefuͤhrt, welcher mit einem Stabe nach dem Himmel zeigte, aus deſſen geoͤffneten
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des alltaͤglichen Lebens beſſer gelingen, aber da ſein Geſpraͤch
ſich ausſchließlich auf religioͤſe Begriffe bezog, ſo gerieth er fort¬
waͤhrend in eine voͤllige Geiſtesverwirrung, welche deſultoriſch
zwiſchen den verſchiedenartigſten Verhaͤltniſſen umherſchweifend,
nur mit Muͤhe einen verknuͤpfenden Faden auffinden ließ.Haͤtte
ich ihn durch oft eingemiſchte Fragen zu beſtimmteren Erklaͤ¬
rungen veranlaſſen wollen, ſo wuͤrde ich ihn in ſeinem unver¬
hohlenen Argwohn nur noch mehr beſtaͤrkt, und ihn dadurch
entweder zum heftigen Streit gereizt, oder zum muͤrriſchen
Schweigen gebracht haben. Auch fielen ſeine Antworten auf
einzelne Fragen, von deren Sinn er ſogleich zu anderen Din¬
gen uͤberſprang, ſo ungenuͤgend aus, daß ich nicht hoffen
durfte, mir durch ſie eine naͤhere Aufklaͤrung zu verſchaffen;
ja vielen ſeiner Aeußerungen konnte nicht einmal ein beſtimm¬
ter Sinn untergelegt werden.
Den Mittelpunkt, um welchen ſich der irre Lauf ſeiner
Vorſtellungen bewegt, bildet unſtreitig ſeine Ueberzeugung, wel¬
che er ſchon wiederholt in ſeinen Briefen an die Koͤnigl. Be¬
hoͤrden ausgeſprochen hat, daß ihm in naͤchtlichen Traͤumen
goͤttliche Offenbarungen zu Theil, und mit ihnen ihm die Pflicht
auferlegt worden, dieſelben oͤffentlich zum Heil der Welt zu
verkuͤndigen. Er hat dieſe Offenbarungstraͤume in einem aus¬
fuͤhrlichen Tagebuche, meiſt unter Angabe des Datums ver¬
zeichnet, woraus er mir Mehreres vorlas. Ein beſonderes Ge¬
wicht legte er auf den einen, in welchem er als Koͤnig aus
dem hieſigen Schloſſe mit einem vierſpaͤnnigen Wagen abgeholt,
und durch die Linden zum Thore hinausgefuͤhrt worden war.
Da er ſich fuͤr einen Propheten, und ziemlich beſtimmt fuͤr
Elias haͤlt, ſo ſieht er in jenem Traume ſeine ſymboliſche
Verherrlichung, in deren Glanze er unter den Menſchen auf¬
treten ſoll. Ueberhaupt ſcheinen alle Phantasmagorieen bei ihm
von einem blendenden Nimbus umgeben zu ſein, indem er
verſichert, daß es ihm oft vorkomme, als ob er in Flammen
liege. Waͤhrend eines anderen Traums befand er ſich bei ge¬
woͤhnlichen Leuten im Dienſte, von welchen er uͤber das Feld
geſchickt wurde, um eine Ziege zu holen. Unterwegs wurde
er auf einen Berg von einem Manne gefuͤhrt, welcher mit
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Ideler, Karl Wilhelm: Der religiöse Wahnsinn, erläutert durch Krankengeschichten. Ein Beitrag zur Geschichte der religiösen Wirren der Gegenwart. Halle (Saale), 1847, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ideler_wahnsinn_1847/110>, abgerufen am 18.06.2024.
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