Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ideler, Karl Wilhelm: Der religiöse Wahnsinn, erläutert durch Krankengeschichten. Ein Beitrag zur Geschichte der religiösen Wirren der Gegenwart. Halle (Saale), 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

halt mehr als alles andere seinen damaligen Zustand charak¬
terisirt:

Geehrte Freundin in Christo!!! Jesu!!! meinem ewigen
Könige!!!

Sehr gern, ja von Herzen gern wünschte ich, daß wir
uns näher aussprechen könnten; allein der Geist des lieben
Heilandes sagt mir, solches zu unterlassen -- ich antwortete
zwar, lieber Heiland laß mich doch, denn meine Freundin
will gerne etwas von den Geheimnissen wissen, welche Du mir
kund gethan. Allein ich darf nicht, mein Heiland sagt mir,
siehest du das Kreuz nicht? Willst du Judas sein? So werde
ich noch einmal gekreuzigt, und du weißt's doch, daß man
mich vor zwei Jahren hier in Jerusalem gekreuzigt hat. O
mein lieber Jünger, ich habe es wohl gesehen, daß du im Geiste
mit Petro das Schwert zogst. Ich aber sprach: stecke ein dein
Schwert! Ich werde selbst kommen, wie ich gesprochen im
Buche, daß wenn Du diese Zeichen siehest, Ich nahe sei. Dich
aber will ich voransenden, sie einzuladen (meine Schaafe) zu
dem herrlichen großen Abendmahl, welches Ich mit ihnen ab¬
halten werde. Ach! vielen wird dies Mahl nicht schmecken
(O Thränen fließet). Ja Geliebte in dem Herrn meinem
ewigen Könige, das Grab ist leer, mein König ist auferstan¬
den, deß bin ich Zeuge!!! Warum? achtzehn hundert Jahre
am Kreuze? O komm mein Heiland, bei mir sollst Du nicht
mehr am Kreuze hangen, komm auferstandener Siegesfürst,
komm an meine Brust, möge Dich kreuzigen, wer da will, ich
weiß Du lebst! deß bin ich Zeuge. Amen. Ja meine theure
Freundin, ich kann getrost sagen, Tod, wo ist Dein Stachel,
Hölle wo ist Dein Sieg. Denn ich kenne keinen Tod. Lebt
Christus in mir, wer will mich tödten? O Schwert, meinst
du mich zu schrecken? Du Schwert, meines und meines Hei¬
landes Feind, du sollst mich nur verwandeln. Du Feind
dachtest meinen König zu ermorden, aber siehe das Grab ist
leer, mein König ist auferstanden!!! Glaubst du's? Du
meine Freundin weißt, Jehova spricht: Siehe ich sende Euch
den Propheten Elias, ehe denn da komme der große und
schreckliche Tag des Herrn!!! Du Freundin sollst aber wissen,
es ist dieser Tag länger denn 24 Stunden; auch sollst Du

halt mehr als alles andere ſeinen damaligen Zuſtand charak¬
teriſirt:

Geehrte Freundin in Chriſto!!! Jeſu!!! meinem ewigen
Koͤnige!!!

Sehr gern, ja von Herzen gern wuͤnſchte ich, daß wir
uns naͤher ausſprechen koͤnnten; allein der Geiſt des lieben
Heilandes ſagt mir, ſolches zu unterlaſſen — ich antwortete
zwar, lieber Heiland laß mich doch, denn meine Freundin
will gerne etwas von den Geheimniſſen wiſſen, welche Du mir
kund gethan. Allein ich darf nicht, mein Heiland ſagt mir,
ſieheſt du das Kreuz nicht? Willſt du Judas ſein? So werde
ich noch einmal gekreuzigt, und du weißt's doch, daß man
mich vor zwei Jahren hier in Jeruſalem gekreuzigt hat. O
mein lieber Juͤnger, ich habe es wohl geſehen, daß du im Geiſte
mit Petro das Schwert zogſt. Ich aber ſprach: ſtecke ein dein
Schwert! Ich werde ſelbſt kommen, wie ich geſprochen im
Buche, daß wenn Du dieſe Zeichen ſieheſt, Ich nahe ſei. Dich
aber will ich voranſenden, ſie einzuladen (meine Schaafe) zu
dem herrlichen großen Abendmahl, welches Ich mit ihnen ab¬
halten werde. Ach! vielen wird dies Mahl nicht ſchmecken
(O Thraͤnen fließet). Ja Geliebte in dem Herrn meinem
ewigen Koͤnige, das Grab iſt leer, mein Koͤnig iſt auferſtan¬
den, deß bin ich Zeuge!!! Warum? achtzehn hundert Jahre
am Kreuze? O komm mein Heiland, bei mir ſollſt Du nicht
mehr am Kreuze hangen, komm auferſtandener Siegesfuͤrſt,
komm an meine Bruſt, moͤge Dich kreuzigen, wer da will, ich
weiß Du lebſt! deß bin ich Zeuge. Amen. Ja meine theure
Freundin, ich kann getroſt ſagen, Tod, wo iſt Dein Stachel,
Hoͤlle wo iſt Dein Sieg. Denn ich kenne keinen Tod. Lebt
Chriſtus in mir, wer will mich toͤdten? O Schwert, meinſt
du mich zu ſchrecken? Du Schwert, meines und meines Hei¬
landes Feind, du ſollſt mich nur verwandeln. Du Feind
dachteſt meinen Koͤnig zu ermorden, aber ſiehe das Grab iſt
leer, mein Koͤnig iſt auferſtanden!!! Glaubſt du's? Du
meine Freundin weißt, Jehova ſpricht: Siehe ich ſende Euch
den Propheten Elias, ehe denn da komme der große und
ſchreckliche Tag des Herrn!!! Du Freundin ſollſt aber wiſſen,
es iſt dieſer Tag laͤnger denn 24 Stunden; auch ſollſt Du

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0202" n="194"/>
halt mehr als alles andere &#x017F;einen damaligen Zu&#x017F;tand charak¬<lb/>
teri&#x017F;irt:</p><lb/>
        <p rendition="#c">Geehrte Freundin in Chri&#x017F;to!!! Je&#x017F;u!!! meinem ewigen<lb/>
Ko&#x0364;nige!!!</p><lb/>
        <p>Sehr gern, ja von Herzen gern wu&#x0364;n&#x017F;chte ich, daß wir<lb/>
uns na&#x0364;her aus&#x017F;prechen ko&#x0364;nnten; allein der Gei&#x017F;t des lieben<lb/>
Heilandes &#x017F;agt mir, &#x017F;olches zu unterla&#x017F;&#x017F;en &#x2014; ich antwortete<lb/>
zwar, lieber Heiland laß mich doch, denn meine Freundin<lb/>
will gerne etwas von den Geheimni&#x017F;&#x017F;en wi&#x017F;&#x017F;en, welche Du mir<lb/>
kund gethan. Allein ich darf nicht, mein Heiland &#x017F;agt mir,<lb/>
&#x017F;iehe&#x017F;t du das Kreuz nicht? Will&#x017F;t du Judas &#x017F;ein? So werde<lb/>
ich noch einmal gekreuzigt, und du weißt's doch, daß man<lb/>
mich vor zwei Jahren hier in Jeru&#x017F;alem gekreuzigt hat. O<lb/>
mein lieber Ju&#x0364;nger, ich habe es wohl ge&#x017F;ehen, daß du im Gei&#x017F;te<lb/>
mit Petro das Schwert zog&#x017F;t. Ich aber &#x017F;prach: &#x017F;tecke ein dein<lb/>
Schwert! Ich werde &#x017F;elb&#x017F;t kommen, wie ich ge&#x017F;prochen im<lb/>
Buche, daß wenn Du die&#x017F;e Zeichen &#x017F;iehe&#x017F;t, Ich nahe &#x017F;ei. Dich<lb/>
aber will ich voran&#x017F;enden, &#x017F;ie einzuladen (meine Schaafe) zu<lb/>
dem herrlichen großen Abendmahl, welches Ich mit ihnen ab¬<lb/>
halten werde. Ach! vielen wird dies Mahl nicht &#x017F;chmecken<lb/>
(O Thra&#x0364;nen fließet). Ja Geliebte in dem Herrn meinem<lb/>
ewigen Ko&#x0364;nige, das Grab i&#x017F;t leer, mein Ko&#x0364;nig i&#x017F;t aufer&#x017F;tan¬<lb/>
den, deß bin ich Zeuge!!! Warum? achtzehn hundert Jahre<lb/>
am Kreuze? O komm mein Heiland, bei mir &#x017F;oll&#x017F;t Du nicht<lb/>
mehr am Kreuze hangen, komm aufer&#x017F;tandener Siegesfu&#x0364;r&#x017F;t,<lb/>
komm an meine Bru&#x017F;t, mo&#x0364;ge Dich kreuzigen, wer da will, ich<lb/>
weiß Du leb&#x017F;t! deß bin ich Zeuge. Amen. Ja meine theure<lb/>
Freundin, ich kann getro&#x017F;t &#x017F;agen, Tod, wo i&#x017F;t Dein Stachel,<lb/>
Ho&#x0364;lle wo i&#x017F;t Dein Sieg. Denn ich kenne keinen Tod. Lebt<lb/>
Chri&#x017F;tus in mir, wer will mich to&#x0364;dten? O Schwert, mein&#x017F;t<lb/>
du mich zu &#x017F;chrecken? Du Schwert, meines und meines Hei¬<lb/>
landes Feind, du &#x017F;oll&#x017F;t mich nur verwandeln. Du Feind<lb/>
dachte&#x017F;t meinen Ko&#x0364;nig zu ermorden, aber &#x017F;iehe das Grab i&#x017F;t<lb/>
leer, mein Ko&#x0364;nig i&#x017F;t aufer&#x017F;tanden!!! Glaub&#x017F;t du's? Du<lb/>
meine Freundin weißt, Jehova &#x017F;pricht: Siehe ich &#x017F;ende Euch<lb/>
den Propheten <hi rendition="#b">Elias</hi>, ehe denn da komme der große und<lb/>
&#x017F;chreckliche Tag des Herrn!!! Du Freundin &#x017F;oll&#x017F;t aber wi&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
es i&#x017F;t die&#x017F;er Tag la&#x0364;nger denn <hi rendition="#b">24</hi> Stunden; auch &#x017F;oll&#x017F;t Du<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[194/0202] halt mehr als alles andere ſeinen damaligen Zuſtand charak¬ teriſirt: Geehrte Freundin in Chriſto!!! Jeſu!!! meinem ewigen Koͤnige!!! Sehr gern, ja von Herzen gern wuͤnſchte ich, daß wir uns naͤher ausſprechen koͤnnten; allein der Geiſt des lieben Heilandes ſagt mir, ſolches zu unterlaſſen — ich antwortete zwar, lieber Heiland laß mich doch, denn meine Freundin will gerne etwas von den Geheimniſſen wiſſen, welche Du mir kund gethan. Allein ich darf nicht, mein Heiland ſagt mir, ſieheſt du das Kreuz nicht? Willſt du Judas ſein? So werde ich noch einmal gekreuzigt, und du weißt's doch, daß man mich vor zwei Jahren hier in Jeruſalem gekreuzigt hat. O mein lieber Juͤnger, ich habe es wohl geſehen, daß du im Geiſte mit Petro das Schwert zogſt. Ich aber ſprach: ſtecke ein dein Schwert! Ich werde ſelbſt kommen, wie ich geſprochen im Buche, daß wenn Du dieſe Zeichen ſieheſt, Ich nahe ſei. Dich aber will ich voranſenden, ſie einzuladen (meine Schaafe) zu dem herrlichen großen Abendmahl, welches Ich mit ihnen ab¬ halten werde. Ach! vielen wird dies Mahl nicht ſchmecken (O Thraͤnen fließet). Ja Geliebte in dem Herrn meinem ewigen Koͤnige, das Grab iſt leer, mein Koͤnig iſt auferſtan¬ den, deß bin ich Zeuge!!! Warum? achtzehn hundert Jahre am Kreuze? O komm mein Heiland, bei mir ſollſt Du nicht mehr am Kreuze hangen, komm auferſtandener Siegesfuͤrſt, komm an meine Bruſt, moͤge Dich kreuzigen, wer da will, ich weiß Du lebſt! deß bin ich Zeuge. Amen. Ja meine theure Freundin, ich kann getroſt ſagen, Tod, wo iſt Dein Stachel, Hoͤlle wo iſt Dein Sieg. Denn ich kenne keinen Tod. Lebt Chriſtus in mir, wer will mich toͤdten? O Schwert, meinſt du mich zu ſchrecken? Du Schwert, meines und meines Hei¬ landes Feind, du ſollſt mich nur verwandeln. Du Feind dachteſt meinen Koͤnig zu ermorden, aber ſiehe das Grab iſt leer, mein Koͤnig iſt auferſtanden!!! Glaubſt du's? Du meine Freundin weißt, Jehova ſpricht: Siehe ich ſende Euch den Propheten Elias, ehe denn da komme der große und ſchreckliche Tag des Herrn!!! Du Freundin ſollſt aber wiſſen, es iſt dieſer Tag laͤnger denn 24 Stunden; auch ſollſt Du

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ideler_wahnsinn_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ideler_wahnsinn_1847/202
Zitationshilfe: Ideler, Karl Wilhelm: Der religiöse Wahnsinn, erläutert durch Krankengeschichten. Ein Beitrag zur Geschichte der religiösen Wirren der Gegenwart. Halle (Saale), 1847, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ideler_wahnsinn_1847/202>, abgerufen am 01.06.2024.