Zu andrer Zeit werden einige unsrer Leute abgeschikt, um die Fahrzeuge der Com- pagnie, deren immer fünf zum Ein- und Ausladen der ankommenden Schiffe hier bleiben, zu visitiren, welche gleichfals durch ein ähnliches Gefolge begleitet werden, und auf eben die Art im nächsten Tempel bewirthet werden müssen.
Zur Zeit, wenn unsre Schiffe hier sind, fält das oben beschriebne Fest des Pa- trons der Stadt Nangasacki Suwa ein. Alsdan wird den Holländern erlaubt, diesen Feierlichkeiten von einem auf ihre Kosten erbaueten Gerüste zuzusehn, zum Pomp und Ver- herlichung des Festes und zum Vortheil der Einwohner. Denn wir werden alsdan wie- derum mit der schon oft erwähnten Suite viermal aufgeführt, und von vier besondern Per- sonen im Durchpassiren der Wache vor der Pforte der Jnsel und einigemal im Auf- und Absteigen der Schaubühne überzählt, aus Furcht, daß einer von uns etwa entwischen möchte. Auch unsre Sklaven werden alsdan herbeigezogen, und unter dem Namen der schwarzen Holländer aufgestelt.
Einem ankommenden Schiffe unsrer Nation werden allemal einige von den hier gebliebnen ausser den Hafen entgegen geschikt, um von dessen Ladung und Zustand überhaupt zu unsrer eignen sowohl als der Gouverneurs Nachricht Erkundigung einzuziehn. Blos in dieser Absicht werden zwei besonders darzu erbauete Lust- und Ruderbarken von der edlen Compagnie unterhalten, um die Menge von Soldaten und Hütern darauf fortzubringen, welche allemal auf der kleinen Jnsel Jwara Gasima auch bei dieser Gelegenheit auf Ko- sten der edlen Compagnie mus bewirthet werden, zu welchem Ende die Compra Nakama (Versorger mit Lebensmitteln) mit ihrer wohlversehnen Küchenbarke uns nachfolgen.
Auf den Fal, daß auf Desima ein Brand entstehn solte, ist gleichfals verord- net, daß die Holländer alsobald von der Jnsel weg in eine andre sichre Verwahrung gebracht werden, wie ich im lezten Kapitel dieses Buchs noch weiter beschreiben werde.
Dies sind also unsre Erholungstage, wenn anders das Herumführen der Soldaten und Häscher eine Erholung genant werden kan. Doch mus ich zu Ehren der Japaner ge- stehn, daß sie bei dem Joche, in welchem sie uns halten, uns doch noch alle mögliche äußere höfliche Zureden, Complimente beweisen, Geschenke mit esbaren Dingen machen, und über- haupt (wenige ausgenommen) sich so gefällig gegen uns beweisen, als es ihnen nur immer ihre Verfassung und Vorschriften erlauben. Man mus aber dies nicht der Achtung und Neigung der Nation für uns, sondern blos der angewohnten Höflichkeit und guten Sitten der Nation beimessen. Wie wenig sie für uns eingenommen sind, erhellet hinlänglich aus den vielen Unredlichkeiten, die das Nangasackische Geschmeis uns zufüget, von denen ich nur einige we- nige algemeine Beispiele theils aus meiner eignen Beobachtung, theils aus ihrem eignen geheimen Bekentnis anführen wil, mit Uebergehung unzähliger besondrer Schalkheiten der
Dolmet-
Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Viertes Buch.
Zu andrer Zeit werden einige unſrer Leute abgeſchikt, um die Fahrzeuge der Com- pagnie, deren immer fuͤnf zum Ein- und Ausladen der ankommenden Schiffe hier bleiben, zu viſitiren, welche gleichfals durch ein aͤhnliches Gefolge begleitet werden, und auf eben die Art im naͤchſten Tempel bewirthet werden muͤſſen.
Zur Zeit, wenn unſre Schiffe hier ſind, faͤlt das oben beſchriebne Feſt des Pa- trons der Stadt Nangaſacki Suwa ein. Alsdan wird den Hollaͤndern erlaubt, dieſen Feierlichkeiten von einem auf ihre Koſten erbaueten Geruͤſte zuzuſehn, zum Pomp und Ver- herlichung des Feſtes und zum Vortheil der Einwohner. Denn wir werden alsdan wie- derum mit der ſchon oft erwaͤhnten Suite viermal aufgefuͤhrt, und von vier beſondern Per- ſonen im Durchpaſſiren der Wache vor der Pforte der Jnſel und einigemal im Auf- und Abſteigen der Schaubuͤhne uͤberzaͤhlt, aus Furcht, daß einer von uns etwa entwiſchen moͤchte. Auch unſre Sklaven werden alsdan herbeigezogen, und unter dem Namen der ſchwarzen Hollaͤnder aufgeſtelt.
Einem ankommenden Schiffe unſrer Nation werden allemal einige von den hier gebliebnen auſſer den Hafen entgegen geſchikt, um von deſſen Ladung und Zuſtand uͤberhaupt zu unſrer eignen ſowohl als der Gouverneurs Nachricht Erkundigung einzuziehn. Blos in dieſer Abſicht werden zwei beſonders darzu erbauete Luſt- und Ruderbarken von der edlen Compagnie unterhalten, um die Menge von Soldaten und Huͤtern darauf fortzubringen, welche allemal auf der kleinen Jnſel Jwara Gaſima auch bei dieſer Gelegenheit auf Ko- ſten der edlen Compagnie mus bewirthet werden, zu welchem Ende die Compra Nakama (Verſorger mit Lebensmitteln) mit ihrer wohlverſehnen Kuͤchenbarke uns nachfolgen.
Auf den Fal, daß auf Deſima ein Brand entſtehn ſolte, iſt gleichfals verord- net, daß die Hollaͤnder alſobald von der Jnſel weg in eine andre ſichre Verwahrung gebracht werden, wie ich im lezten Kapitel dieſes Buchs noch weiter beſchreiben werde.
Dies ſind alſo unſre Erholungstage, wenn anders das Herumfuͤhren der Soldaten und Haͤſcher eine Erholung genant werden kan. Doch mus ich zu Ehren der Japaner ge- ſtehn, daß ſie bei dem Joche, in welchem ſie uns halten, uns doch noch alle moͤgliche aͤußere hoͤfliche Zureden, Complimente beweiſen, Geſchenke mit esbaren Dingen machen, und uͤber- haupt (wenige ausgenommen) ſich ſo gefaͤllig gegen uns beweiſen, als es ihnen nur immer ihre Verfaſſung und Vorſchriften erlauben. Man mus aber dies nicht der Achtung und Neigung der Nation fuͤr uns, ſondern blos der angewohnten Hoͤflichkeit und guten Sitten der Nation beimeſſen. Wie wenig ſie fuͤr uns eingenommen ſind, erhellet hinlaͤnglich aus den vielen Unredlichkeiten, die das Nangaſackiſche Geſchmeis uns zufuͤget, von denen ich nur einige we- nige algemeine Beiſpiele theils aus meiner eignen Beobachtung, theils aus ihrem eignen geheimen Bekentnis anfuͤhren wil, mit Uebergehung unzaͤhliger beſondrer Schalkheiten der
Dolmet-
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Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Viertes Buch.
Zu andrer Zeit werden einige unſrer Leute abgeſchikt, um die Fahrzeuge der Com-
pagnie, deren immer fuͤnf zum Ein- und Ausladen der ankommenden Schiffe hier bleiben,
zu viſitiren, welche gleichfals durch ein aͤhnliches Gefolge begleitet werden, und auf eben die
Art im naͤchſten Tempel bewirthet werden muͤſſen.
Zur Zeit, wenn unſre Schiffe hier ſind, faͤlt das oben beſchriebne Feſt des Pa-
trons der Stadt Nangaſacki Suwa ein. Alsdan wird den Hollaͤndern erlaubt, dieſen
Feierlichkeiten von einem auf ihre Koſten erbaueten Geruͤſte zuzuſehn, zum Pomp und Ver-
herlichung des Feſtes und zum Vortheil der Einwohner. Denn wir werden alsdan wie-
derum mit der ſchon oft erwaͤhnten Suite viermal aufgefuͤhrt, und von vier beſondern Per-
ſonen im Durchpaſſiren der Wache vor der Pforte der Jnſel und einigemal im Auf- und
Abſteigen der Schaubuͤhne uͤberzaͤhlt, aus Furcht, daß einer von uns etwa entwiſchen
moͤchte. Auch unſre Sklaven werden alsdan herbeigezogen, und unter dem Namen der
ſchwarzen Hollaͤnder aufgeſtelt.
Einem ankommenden Schiffe unſrer Nation werden allemal einige von den hier
gebliebnen auſſer den Hafen entgegen geſchikt, um von deſſen Ladung und Zuſtand uͤberhaupt
zu unſrer eignen ſowohl als der Gouverneurs Nachricht Erkundigung einzuziehn. Blos in
dieſer Abſicht werden zwei beſonders darzu erbauete Luſt- und Ruderbarken von der edlen
Compagnie unterhalten, um die Menge von Soldaten und Huͤtern darauf fortzubringen,
welche allemal auf der kleinen Jnſel Jwara Gaſima auch bei dieſer Gelegenheit auf Ko-
ſten der edlen Compagnie mus bewirthet werden, zu welchem Ende die Compra Nakama
(Verſorger mit Lebensmitteln) mit ihrer wohlverſehnen Kuͤchenbarke uns nachfolgen.
Auf den Fal, daß auf Deſima ein Brand entſtehn ſolte, iſt gleichfals verord-
net, daß die Hollaͤnder alſobald von der Jnſel weg in eine andre ſichre Verwahrung gebracht
werden, wie ich im lezten Kapitel dieſes Buchs noch weiter beſchreiben werde.
Dies ſind alſo unſre Erholungstage, wenn anders das Herumfuͤhren der Soldaten
und Haͤſcher eine Erholung genant werden kan. Doch mus ich zu Ehren der Japaner ge-
ſtehn, daß ſie bei dem Joche, in welchem ſie uns halten, uns doch noch alle moͤgliche aͤußere
hoͤfliche Zureden, Complimente beweiſen, Geſchenke mit esbaren Dingen machen, und uͤber-
haupt (wenige ausgenommen) ſich ſo gefaͤllig gegen uns beweiſen, als es ihnen nur immer ihre
Verfaſſung und Vorſchriften erlauben. Man mus aber dies nicht der Achtung und Neigung
der Nation fuͤr uns, ſondern blos der angewohnten Hoͤflichkeit und guten Sitten der Nation
beimeſſen. Wie wenig ſie fuͤr uns eingenommen ſind, erhellet hinlaͤnglich aus den vielen
Unredlichkeiten, die das Nangaſackiſche Geſchmeis uns zufuͤget, von denen ich nur einige we-
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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/100>, abgerufen am 31.10.2024.
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