welche sich der Verstand in sie nicht finden könnte: an- statt daß gar kein Grund a priori angegeben werden kann, ja nicht einmal die Möglichkeit davon aus dem Begriffe einer Natur, als Gegenstande der Erfahrung im Allge- meinen sowohl, als im Besonderen, erhellet, daß es objective Zwecke der Natur, d. i. Dinge die nur als Na- turzwecke möglich sind, geben müsse, sondern nur die Urtheilskraft, ohne ein Princip dazu a priori in sich zu enthalten, in vorkommenden Fällen (gewisser Producte) um zum Behuf der Vernunft von dem Begriffe der Zwecke Gebrauch zu machen, die Regel enthalte; nachdem jenes transscendentale Princip schon den Begrif eines Zwecks (wenigstens der Form nach) auf die Natur anzuwenden den Verstand vorbereitet hat.
Der transscendentale Grundsatz aber, sich eine Zweckmäßigkeit der Natur in subjektiver Beziehung auf unser Erkenntnisvermögen an der Form eines Dinges als ein Princip der Beurtheilung derselben vorzustellen läßt es gänzlich unbestimmt, wo und in welchen Fällen ich die Beurtheilung, als die eines Products nach einem Princip der Zweckmäßigkeit und nicht vielmehr blos nach allgemeinen Naturgesetzen anzustellen habe, und überläßt es der ästhetischen Urtheilskraft, im Geschmacke die Angemessenheit desselben (seiner Form) zu unseren Er- kenntnisvermögen (so fern diese nicht durch Uebereinstim- mung mit Begriffen, sondern durchs Gefühl entscheidet) auszumachen. Dagegen giebt die teleologisch-gebrauchte
Kants Crit. d. Urtheiskr. d
Einleitung.
welche ſich der Verſtand in ſie nicht finden koͤnnte: an- ſtatt daß gar kein Grund a priori angegeben werden kann, ja nicht einmal die Moͤglichkeit davon aus dem Begriffe einer Natur, als Gegenſtande der Erfahrung im Allge- meinen ſowohl, als im Beſonderen, erhellet, daß es objective Zwecke der Natur, d. i. Dinge die nur als Na- turzwecke moͤglich ſind, geben muͤſſe, ſondern nur die Urtheilskraft, ohne ein Princip dazu a priori in ſich zu enthalten, in vorkommenden Faͤllen (gewiſſer Producte) um zum Behuf der Vernunft von dem Begriffe der Zwecke Gebrauch zu machen, die Regel enthalte; nachdem jenes transſcendentale Princip ſchon den Begrif eines Zwecks (wenigſtens der Form nach) auf die Natur anzuwenden den Verſtand vorbereitet hat.
Der transſcendentale Grundſatz aber, ſich eine Zweckmaͤßigkeit der Natur in ſubjektiver Beziehung auf unſer Erkenntnisvermoͤgen an der Form eines Dinges als ein Princip der Beurtheilung derſelben vorzuſtellen laͤßt es gaͤnzlich unbeſtimmt, wo und in welchen Faͤllen ich die Beurtheilung, als die eines Products nach einem Princip der Zweckmaͤßigkeit und nicht vielmehr blos nach allgemeinen Naturgeſetzen anzuſtellen habe, und uͤberlaͤßt es der aͤſthetiſchen Urtheilskraft, im Geſchmacke die Angemeſſenheit deſſelben (ſeiner Form) zu unſeren Er- kenntnisvermoͤgen (ſo fern dieſe nicht durch Uebereinſtim- mung mit Begriffen, ſondern durchs Gefuͤhl entſcheidet) auszumachen. Dagegen giebt die teleologiſch-gebrauchte
Kants Crit. d. Urtheiskr. d
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0055"n="XLIX"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Einleitung</hi>.</fw><lb/>
welche ſich der Verſtand in ſie nicht finden koͤnnte: an-<lb/>ſtatt daß gar kein Grund <hirendition="#aq">a priori</hi> angegeben werden kann,<lb/>
ja nicht einmal die Moͤglichkeit davon aus dem Begriffe<lb/>
einer Natur, als Gegenſtande der Erfahrung im Allge-<lb/>
meinen ſowohl, als im Beſonderen, erhellet, daß es<lb/>
objective Zwecke der Natur, d. i. Dinge die nur als Na-<lb/>
turzwecke moͤglich ſind, geben muͤſſe, ſondern nur die<lb/>
Urtheilskraft, ohne ein Princip dazu <hirendition="#aq">a priori</hi> in ſich zu<lb/>
enthalten, in vorkommenden Faͤllen (gewiſſer Producte)<lb/>
um zum Behuf der Vernunft von dem Begriffe der Zwecke<lb/>
Gebrauch zu machen, die Regel enthalte; nachdem jenes<lb/>
transſcendentale Princip ſchon den Begrif eines Zwecks<lb/>
(wenigſtens der Form nach) auf die Natur anzuwenden den<lb/>
Verſtand vorbereitet hat.</p><lb/><p>Der transſcendentale Grundſatz aber, ſich eine<lb/>
Zweckmaͤßigkeit der Natur in ſubjektiver Beziehung auf<lb/>
unſer Erkenntnisvermoͤgen an der Form eines Dinges<lb/>
als ein Princip der Beurtheilung derſelben vorzuſtellen<lb/>
laͤßt es gaͤnzlich unbeſtimmt, wo und in welchen Faͤllen<lb/>
ich die Beurtheilung, als die eines Products nach einem<lb/>
Princip der Zweckmaͤßigkeit und nicht vielmehr blos nach<lb/>
allgemeinen Naturgeſetzen anzuſtellen habe, und uͤberlaͤßt<lb/>
es der <hirendition="#fr">aͤſthetiſchen</hi> Urtheilskraft, im Geſchmacke die<lb/>
Angemeſſenheit deſſelben (ſeiner Form) zu unſeren Er-<lb/>
kenntnisvermoͤgen (ſo fern dieſe nicht durch Uebereinſtim-<lb/>
mung mit Begriffen, ſondern durchs Gefuͤhl entſcheidet)<lb/>
auszumachen. Dagegen giebt die teleologiſch-gebrauchte<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#fr">Kants Crit. d. Urtheiskr</hi>. d</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[XLIX/0055]
Einleitung.
welche ſich der Verſtand in ſie nicht finden koͤnnte: an-
ſtatt daß gar kein Grund a priori angegeben werden kann,
ja nicht einmal die Moͤglichkeit davon aus dem Begriffe
einer Natur, als Gegenſtande der Erfahrung im Allge-
meinen ſowohl, als im Beſonderen, erhellet, daß es
objective Zwecke der Natur, d. i. Dinge die nur als Na-
turzwecke moͤglich ſind, geben muͤſſe, ſondern nur die
Urtheilskraft, ohne ein Princip dazu a priori in ſich zu
enthalten, in vorkommenden Faͤllen (gewiſſer Producte)
um zum Behuf der Vernunft von dem Begriffe der Zwecke
Gebrauch zu machen, die Regel enthalte; nachdem jenes
transſcendentale Princip ſchon den Begrif eines Zwecks
(wenigſtens der Form nach) auf die Natur anzuwenden den
Verſtand vorbereitet hat.
Der transſcendentale Grundſatz aber, ſich eine
Zweckmaͤßigkeit der Natur in ſubjektiver Beziehung auf
unſer Erkenntnisvermoͤgen an der Form eines Dinges
als ein Princip der Beurtheilung derſelben vorzuſtellen
laͤßt es gaͤnzlich unbeſtimmt, wo und in welchen Faͤllen
ich die Beurtheilung, als die eines Products nach einem
Princip der Zweckmaͤßigkeit und nicht vielmehr blos nach
allgemeinen Naturgeſetzen anzuſtellen habe, und uͤberlaͤßt
es der aͤſthetiſchen Urtheilskraft, im Geſchmacke die
Angemeſſenheit deſſelben (ſeiner Form) zu unſeren Er-
kenntnisvermoͤgen (ſo fern dieſe nicht durch Uebereinſtim-
mung mit Begriffen, ſondern durchs Gefuͤhl entſcheidet)
auszumachen. Dagegen giebt die teleologiſch-gebrauchte
Kants Crit. d. Urtheiskr. d
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. XLIX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/55>, abgerufen am 18.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.