am politischen Horizont gelegt, und sich da- durch ein gewaltiges Uebergewicht in dem Senat erworben. Er drückte sein fettes Kinn in Falten, seine enge Stirne in Runzeln, zog Besorgniß in seine kleinen Augen, und versicherte die wohlweisen Beysitzer:
"Dieser vornehme Fremde sey niemand "anders, als ein heimlicher Abgesandte Sei- "ner Kaiserlichen Majestät, (ein fürchterli- "cher Name für jeden Reichsstand) den man "nach Teutschland geschickt hätte, die Lage, "Verhältnisse, Uneinigkeit und Verbindung "der Fürsten und Reichsstädte zu beobach- "ten, damit sein hoher Hof, bey Eröfnung "des vorstehenden Reichstags wissen möch- "te, wie er sich benehmen müßte, seine Ab- "sichten durchzusetzen. Da nun der Kaiser- "liche Hof auf ihre Republik immer ein sehr "wachsames Auge hätte, so müßte man stre- "ben, diesen vornehmen Gast von dem feuri- "gen Eifer den man für das hohe Kaiser- "liche Haus empfände, zu überzeugen, und "ihn ja nicht abziehen lassen, ohne ihn dem
"Staat
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am politiſchen Horizont gelegt, und ſich da- durch ein gewaltiges Uebergewicht in dem Senat erworben. Er druͤckte ſein fettes Kinn in Falten, ſeine enge Stirne in Runzeln, zog Beſorgniß in ſeine kleinen Augen, und verſicherte die wohlweiſen Beyſitzer:
„Dieſer vornehme Fremde ſey niemand „anders, als ein heimlicher Abgeſandte Sei- „ner Kaiſerlichen Majeſtaͤt, (ein fuͤrchterli- „cher Name fuͤr jeden Reichsſtand) den man „nach Teutſchland geſchickt haͤtte, die Lage, „Verhaͤltniſſe, Uneinigkeit und Verbindung „der Fuͤrſten und Reichsſtaͤdte zu beobach- „ten, damit ſein hoher Hof, bey Eroͤfnung „des vorſtehenden Reichstags wiſſen moͤch- „te, wie er ſich benehmen muͤßte, ſeine Ab- „ſichten durchzuſetzen. Da nun der Kaiſer- „liche Hof auf ihre Republik immer ein ſehr „wachſames Auge haͤtte, ſo muͤßte man ſtre- „ben, dieſen vornehmen Gaſt von dem feuri- „gen Eifer den man fuͤr das hohe Kaiſer- „liche Haus empfaͤnde, zu uͤberzeugen, und „ihn ja nicht abziehen laſſen, ohne ihn dem
„Staat
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am politiſchen Horizont gelegt, und ſich da-
durch ein gewaltiges Uebergewicht in dem
Senat erworben. Er druͤckte ſein fettes
Kinn in Falten, ſeine enge Stirne in Runzeln,
zog Beſorgniß in ſeine kleinen Augen, und
verſicherte die wohlweiſen Beyſitzer:
„Dieſer vornehme Fremde ſey niemand
„anders, als ein heimlicher Abgeſandte Sei-
„ner Kaiſerlichen Majeſtaͤt, (ein fuͤrchterli-
„cher Name fuͤr jeden Reichsſtand) den man
„nach Teutſchland geſchickt haͤtte, die Lage,
„Verhaͤltniſſe, Uneinigkeit und Verbindung
„der Fuͤrſten und Reichsſtaͤdte zu beobach-
„ten, damit ſein hoher Hof, bey Eroͤfnung
„des vorſtehenden Reichstags wiſſen moͤch-
„te, wie er ſich benehmen muͤßte, ſeine Ab-
„ſichten durchzuſetzen. Da nun der Kaiſer-
„liche Hof auf ihre Republik immer ein ſehr
„wachſames Auge haͤtte, ſo muͤßte man ſtre-
„ben, dieſen vornehmen Gaſt von dem feuri-
„gen Eifer den man fuͤr das hohe Kaiſer-
„liche Haus empfaͤnde, zu uͤberzeugen, und
„ihn ja nicht abziehen laſſen, ohne ihn dem
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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/94>, abgerufen am 31.10.2024.
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