Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Asiatischen Banise.
schet eine großmüthige Hoffnung/ und dieser feste
Entschluß/ in mir/ sie mit meinem Blute zu retten
und zu rächen. Ein solcher Vorsatz ist Ruhms
würdig! war Talemons Gegen-Rede; denn ich
muß bekennen: wir leben alle so weit in der Un-
gewißheit/ daß wir zwar/ leider! wissen/ und mit
Augen angesehen haben/ wie das gantze Käyser-
liche Hauß von Pegu/ nebst dem Käyser Xemi-
nelo/ erbärmlich hingerichtet worden: allein/ ob
die Princeßin sich in der Zahl der Lebendigen oder
Todten befinde; solches beruhet in der angeneh-
men Hoffnung: daß die Götter viel zu gnädig
sind/ ein solches Bild der Vollkommenheit ver-
derben zulassen. Jnzwischen sorge er nur vor sei-
ne Gesundheit/ vertraue den Göttern/ und wisse/
daß sie auch vom Tode erretten können. Es wird
noch heute mein Sohn/ welcher aus tyrannischer
Heucheley Ober-Hoffmeister des Käyserlichen
Frauen-Zimmers ist/ und mich diesen Nachmit-
tag besuchen wird/ bessere Nachricht hiervon ge-
ben können.

Auff solche Worte blieb der Printz gantz unbe-
weglich liegen/ und ließ durch die geschlossenen Au-
gen einige Thränen hervor fliessen/ welche den
Talemon bewegten/ ihn noch ferner auffzumun-
tern: Durchlauchtigster Printz! es hat mich
Selbter vorhin bey dem Geiste der Banisen be-
schworen/ ihr Leben oder Tod zu entdecken. Was
hindert aber mich: daß ich dessen zweiffelmüthi-
ge Seele gleichfals bey dem/ annoch in dem schö-

nen

Der Aſiatiſchen Baniſe.
ſchet eine großmuͤthige Hoffnung/ und dieſer feſte
Entſchluß/ in mir/ ſie mit meinem Blute zu retten
und zu raͤchen. Ein ſolcher Vorſatz iſt Ruhms
wuͤrdig! war Talemons Gegen-Rede; denn ich
muß bekennen: wir leben alle ſo weit in der Un-
gewißheit/ daß wir zwar/ leider! wiſſen/ und mit
Augen angeſehen haben/ wie das gantze Kaͤyſer-
liche Hauß von Pegu/ nebſt dem Kaͤyſer Xemi-
nelo/ erbaͤrmlich hingerichtet worden: allein/ ob
die Princeßin ſich in der Zahl der Lebendigen oder
Todten befinde; ſolches beruhet in der angeneh-
men Hoffnung: daß die Goͤtter viel zu gnaͤdig
ſind/ ein ſolches Bild der Vollkommenheit ver-
derben zulaſſen. Jnzwiſchen ſorge er nur vor ſei-
ne Geſundheit/ vertraue den Goͤttern/ und wiſſe/
daß ſie auch vom Tode erretten koͤnnen. Es wird
noch heute mein Sohn/ welcher aus tyranniſcher
Heucheley Ober-Hoffmeiſter des Kaͤyſerlichen
Frauen-Zimmers iſt/ und mich dieſen Nachmit-
tag beſuchen wird/ beſſere Nachricht hiervon ge-
ben koͤnnen.

Auff ſolche Worte blieb der Printz gantz unbe-
weglich liegen/ und ließ durch die geſchloſſenen Au-
gen einige Thraͤnen hervor flieſſen/ welche den
Talemon bewegten/ ihn noch ferner auffzumun-
tern: Durchlauchtigſter Printz! es hat mich
Selbter vorhin bey dem Geiſte der Baniſen be-
ſchworen/ ihr Leben oder Tod zu entdecken. Was
hindert aber mich: daß ich deſſen zweiffelmuͤthi-
ge Seele gleichfals bey dem/ annoch in dem ſchoͤ-

nen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0040" n="20"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der A&#x017F;iati&#x017F;chen Bani&#x017F;e.</hi></fw><lb/>
&#x017F;chet eine großmu&#x0364;thige Hoffnung/ und die&#x017F;er fe&#x017F;te<lb/>
Ent&#x017F;chluß/ in mir/ &#x017F;ie mit meinem Blute zu retten<lb/>
und zu ra&#x0364;chen. Ein &#x017F;olcher Vor&#x017F;atz i&#x017F;t Ruhms<lb/>
wu&#x0364;rdig! war Talemons Gegen-Rede; denn ich<lb/>
muß bekennen: wir leben alle &#x017F;o weit in der Un-<lb/>
gewißheit/ daß wir zwar/ leider! wi&#x017F;&#x017F;en/ und mit<lb/>
Augen ange&#x017F;ehen haben/ wie das gantze Ka&#x0364;y&#x017F;er-<lb/>
liche Hauß von Pegu/ neb&#x017F;t dem Ka&#x0364;y&#x017F;er Xemi-<lb/>
nelo/ erba&#x0364;rmlich hingerichtet worden: allein/ ob<lb/>
die Princeßin &#x017F;ich in der Zahl der Lebendigen oder<lb/>
Todten befinde; &#x017F;olches beruhet in der angeneh-<lb/>
men Hoffnung: daß die Go&#x0364;tter viel zu gna&#x0364;dig<lb/>
&#x017F;ind/ ein &#x017F;olches Bild der Vollkommenheit ver-<lb/>
derben zula&#x017F;&#x017F;en. Jnzwi&#x017F;chen &#x017F;orge er nur vor &#x017F;ei-<lb/>
ne Ge&#x017F;undheit/ vertraue den Go&#x0364;ttern/ und wi&#x017F;&#x017F;e/<lb/>
daß &#x017F;ie auch vom Tode erretten ko&#x0364;nnen. Es wird<lb/>
noch heute mein Sohn/ welcher aus tyranni&#x017F;cher<lb/>
Heucheley Ober-Hoffmei&#x017F;ter des Ka&#x0364;y&#x017F;erlichen<lb/>
Frauen-Zimmers i&#x017F;t/ und mich die&#x017F;en Nachmit-<lb/>
tag be&#x017F;uchen wird/ be&#x017F;&#x017F;ere Nachricht hiervon ge-<lb/>
ben ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
        <p>Auff &#x017F;olche Worte blieb der Printz gantz unbe-<lb/>
weglich liegen/ und ließ durch die ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Au-<lb/>
gen einige Thra&#x0364;nen hervor flie&#x017F;&#x017F;en/ welche den<lb/>
Talemon bewegten/ ihn noch ferner auffzumun-<lb/>
tern: Durchlauchtig&#x017F;ter Printz! es hat mich<lb/>
Selbter vorhin bey dem Gei&#x017F;te der Bani&#x017F;en be-<lb/>
&#x017F;chworen/ ihr Leben oder Tod zu entdecken. Was<lb/>
hindert aber mich: daß ich de&#x017F;&#x017F;en zweiffelmu&#x0364;thi-<lb/>
ge Seele gleichfals bey dem/ annoch in dem &#x017F;cho&#x0364;-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[20/0040] Der Aſiatiſchen Baniſe. ſchet eine großmuͤthige Hoffnung/ und dieſer feſte Entſchluß/ in mir/ ſie mit meinem Blute zu retten und zu raͤchen. Ein ſolcher Vorſatz iſt Ruhms wuͤrdig! war Talemons Gegen-Rede; denn ich muß bekennen: wir leben alle ſo weit in der Un- gewißheit/ daß wir zwar/ leider! wiſſen/ und mit Augen angeſehen haben/ wie das gantze Kaͤyſer- liche Hauß von Pegu/ nebſt dem Kaͤyſer Xemi- nelo/ erbaͤrmlich hingerichtet worden: allein/ ob die Princeßin ſich in der Zahl der Lebendigen oder Todten befinde; ſolches beruhet in der angeneh- men Hoffnung: daß die Goͤtter viel zu gnaͤdig ſind/ ein ſolches Bild der Vollkommenheit ver- derben zulaſſen. Jnzwiſchen ſorge er nur vor ſei- ne Geſundheit/ vertraue den Goͤttern/ und wiſſe/ daß ſie auch vom Tode erretten koͤnnen. Es wird noch heute mein Sohn/ welcher aus tyranniſcher Heucheley Ober-Hoffmeiſter des Kaͤyſerlichen Frauen-Zimmers iſt/ und mich dieſen Nachmit- tag beſuchen wird/ beſſere Nachricht hiervon ge- ben koͤnnen. Auff ſolche Worte blieb der Printz gantz unbe- weglich liegen/ und ließ durch die geſchloſſenen Au- gen einige Thraͤnen hervor flieſſen/ welche den Talemon bewegten/ ihn noch ferner auffzumun- tern: Durchlauchtigſter Printz! es hat mich Selbter vorhin bey dem Geiſte der Baniſen be- ſchworen/ ihr Leben oder Tod zu entdecken. Was hindert aber mich: daß ich deſſen zweiffelmuͤthi- ge Seele gleichfals bey dem/ annoch in dem ſchoͤ- nen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zum Zeitpunkt der Volltextdigitalisierung im Deut… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/40
Zitationshilfe: Ziegler und Kliphausen, Heinrich Anselm von: Asiatische Banise. 2. Aufl. Leipzig, 1700, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kliphausen_helikon_1689/40>, abgerufen am 17.05.2024.