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[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771.

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Nehme noch Einmal die Hand der Todten, küsse dein
Auge

Einmal noch, in die Nacht sink ich, und sterbe
bey dir.

Selmar, ich sterbe nach dir! den Schmerz soll Sel-
mar nicht fühlen,

Daß er sterbend mich sieht. Selmar, ich sterbe
nach dir!

Bringe dann auch nur wenig unbrauchbare trübe Mi-
nuten,

Bist du, Selmar, erblaßt, neben dir seelenlos zu!
Blicke noch einmal dich an, und seufze noch einmal:
Mein Selmar!

Sink an die ruhende Brust, zittr' und erblasse
daselbst!

Selma, du stürbest nach mir? den Schmerz soll Sel-
ma nicht fühlen,

Daß sie sterbend mich sieht. Selma, du stirbst
nicht nach mir!

Selmar, ich sterbe nach dir! Das ist es, was ich vom
Schicksal

Längst schon mit Thränen erbat. Selmar, ich
sterbe nach dir!

Ach wie liebest du mich! Sieh diese weinenden Augen!
Fühle dieß bebende Herz! Selma, wie liebest du mich!
Meine Selma, du stürbest nach mir? du fühltest die
Schmerzen,

Daß du sterbend mich sähst? Selma, wie liebest
du mich!

Ach wenn eine Sprache doch wäre, dir alles zu sagen,
Was mein liebendes Herz, meine Selma, dir fühlt!
Würde dieß Aug und sein Blick, und seine Zähren
voll Liebe,

Und dieß Ach des Gefühls, das mir gebrochen entfloh,
Doch
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Nehme noch Einmal die Hand der Todten, kuͤſſe dein
Auge

Einmal noch, in die Nacht ſink ich, und ſterbe
bey dir.

Selmar, ich ſterbe nach dir! den Schmerz ſoll Sel-
mar nicht fuͤhlen,

Daß er ſterbend mich ſieht. Selmar, ich ſterbe
nach dir!

Bringe dann auch nur wenig unbrauchbare truͤbe Mi-
nuten,

Biſt du, Selmar, erblaßt, neben dir ſeelenlos zu!
Blicke noch einmal dich an, und ſeufze noch einmal:
Mein Selmar!

Sink an die ruhende Bruſt, zittr’ und erblaſſe
daſelbſt!

Selma, du ſtuͤrbeſt nach mir? den Schmerz ſoll Sel-
ma nicht fuͤhlen,

Daß ſie ſterbend mich ſieht. Selma, du ſtirbſt
nicht nach mir!

Selmar, ich ſterbe nach dir! Das iſt es, was ich vom
Schickſal

Laͤngſt ſchon mit Thraͤnen erbat. Selmar, ich
ſterbe nach dir!

Ach wie liebeſt du mich! Sieh dieſe weinenden Augen!
Fuͤhle dieß bebende Herz! Selma, wie liebeſt du mich!
Meine Selma, du ſtuͤrbeſt nach mir? du fuͤhlteſt die
Schmerzen,

Daß du ſterbend mich ſaͤhſt? Selma, wie liebeſt
du mich!

Ach wenn eine Sprache doch waͤre, dir alles zu ſagen,
Was mein liebendes Herz, meine Selma, dir fuͤhlt!
Wuͤrde dieß Aug und ſein Blick, und ſeine Zaͤhren
voll Liebe,

Und dieß Ach des Gefuͤhls, das mir gebrochen entfloh,
Doch
P 2
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[223/0231] Nehme noch Einmal die Hand der Todten, kuͤſſe dein Auge Einmal noch, in die Nacht ſink ich, und ſterbe bey dir. Selmar, ich ſterbe nach dir! den Schmerz ſoll Sel- mar nicht fuͤhlen, Daß er ſterbend mich ſieht. Selmar, ich ſterbe nach dir! Bringe dann auch nur wenig unbrauchbare truͤbe Mi- nuten, Biſt du, Selmar, erblaßt, neben dir ſeelenlos zu! Blicke noch einmal dich an, und ſeufze noch einmal: Mein Selmar! Sink an die ruhende Bruſt, zittr’ und erblaſſe daſelbſt! Selma, du ſtuͤrbeſt nach mir? den Schmerz ſoll Sel- ma nicht fuͤhlen, Daß ſie ſterbend mich ſieht. Selma, du ſtirbſt nicht nach mir! Selmar, ich ſterbe nach dir! Das iſt es, was ich vom Schickſal Laͤngſt ſchon mit Thraͤnen erbat. Selmar, ich ſterbe nach dir! Ach wie liebeſt du mich! Sieh dieſe weinenden Augen! Fuͤhle dieß bebende Herz! Selma, wie liebeſt du mich! Meine Selma, du ſtuͤrbeſt nach mir? du fuͤhlteſt die Schmerzen, Daß du ſterbend mich ſaͤhſt? Selma, wie liebeſt du mich! Ach wenn eine Sprache doch waͤre, dir alles zu ſagen, Was mein liebendes Herz, meine Selma, dir fuͤhlt! Wuͤrde dieß Aug und ſein Blick, und ſeine Zaͤhren voll Liebe, Und dieß Ach des Gefuͤhls, das mir gebrochen entfloh, Doch P 2

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771/231>, abgerufen am 31.10.2024.