[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771.Ich entflog ihr, und sang, und der bewegte Hain Und die Hügel umher hörten mein flötend Lied! Und des Baches Gespräche Sprachen leiser am Ufer hin. Doch der Hügel, der Bach war nicht, die Eiche selbst War der Gott nicht! und bald senkte den Ton mein Lied. Denn ich sang dich, o Liebe, Nicht Göttinnen, und Göttern nicht! Jetzo kam sie herauf, unter des Schattens Nacht Kam die edle Gestalt, lebender, als der Hain! Schöner, als die Gefilde! Eine von den Unsterblichen! Welch ein neues Gefühl glühte mir! Ach der Blick Ihres Auges! Der West hielt mich, ich sank schon hin! Spräch die Stimme den Blick aus; O so würde sie süsser seyn, Als mein leisester Laut, als mein gesungenster, Und gefühltester Ton, wenn mich die junge Lust Von dem Zweige des Strauches In die Wipfel des Hains entzückt! Aug', ach Auge! dein Blick bleibt unvergeßlich mir! Und wie nennet das Lied? singen die Töne dich? Nennt's dich, singen sie: Seele? Bist du's, das die Unsterblichen Zu
Ich entflog ihr, und ſang, und der bewegte Hain Und die Huͤgel umher hoͤrten mein floͤtend Lied! Und des Baches Geſpraͤche Sprachen leiſer am Ufer hin. Doch der Huͤgel, der Bach war nicht, die Eiche ſelbſt War der Gott nicht! und bald ſenkte den Ton mein Lied. Denn ich ſang dich, o Liebe, Nicht Goͤttinnen, und Goͤttern nicht! Jetzo kam ſie herauf, unter des Schattens Nacht Kam die edle Geſtalt, lebender, als der Hain! Schoͤner, als die Gefilde! Eine von den Unſterblichen! Welch ein neues Gefuͤhl gluͤhte mir! Ach der Blick Ihres Auges! Der Weſt hielt mich, ich ſank ſchon hin! Spraͤch die Stimme den Blick aus; O ſo wuͤrde ſie ſuͤſſer ſeyn, Als mein leiſeſter Laut, als mein geſungenſter, Und gefuͤhlteſter Ton, wenn mich die junge Luſt Von dem Zweige des Strauches In die Wipfel des Hains entzuͤckt! Aug’, ach Auge! dein Blick bleibt unvergeßlich mir! Und wie nennet das Lied? ſingen die Toͤne dich? Nennt’s dich, ſingen ſie: Seele? Biſt du’s, das die Unſterblichen Zu
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Ich entflog ihr, und ſang, und der bewegte Hain
Und die Huͤgel umher hoͤrten mein floͤtend Lied!
Und des Baches Geſpraͤche
Sprachen leiſer am Ufer hin.
Doch der Huͤgel, der Bach war nicht, die Eiche ſelbſt
War der Gott nicht! und bald ſenkte den Ton mein Lied.
Denn ich ſang dich, o Liebe,
Nicht Goͤttinnen, und Goͤttern nicht!
Jetzo kam ſie herauf, unter des Schattens Nacht
Kam die edle Geſtalt, lebender, als der Hain!
Schoͤner, als die Gefilde!
Eine von den Unſterblichen!
Welch ein neues Gefuͤhl gluͤhte mir! Ach der Blick
Ihres Auges! Der Weſt hielt mich, ich ſank ſchon hin!
Spraͤch die Stimme den Blick aus;
O ſo wuͤrde ſie ſuͤſſer ſeyn,
Als mein leiſeſter Laut, als mein geſungenſter,
Und gefuͤhlteſter Ton, wenn mich die junge Luſt
Von dem Zweige des Strauches
In die Wipfel des Hains entzuͤckt!
Aug’, ach Auge! dein Blick bleibt unvergeßlich mir!
Und wie nennet das Lied? ſingen die Toͤne dich?
Nennt’s dich, ſingen ſie: Seele?
Biſt du’s, das die Unſterblichen
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