Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804.kes ab. Hatte es blos Vorzüge, die im ersten Augenbli- Madame Mole, welche Menschenhaß und kes ab. Hatte es blos Vorzuͤge, die im ersten Augenbli- Madame Molé, welche Menschenhaß und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0163" n="163"/> kes ab. Hatte es blos Vorzuͤge, die im ersten Augenbli-<lb/> cke blendeten, so wird es selten; hat es wahren Gehalt,<lb/> oft gespielt. Ein Autor, dem es gelungen, drei oder<lb/> vier Stuͤcke auf das Repertoir des Théatre francais zu<lb/> bringen, ist nicht allein fuͤr seine Person auf Lebenszeit<lb/> anstaͤndig versorgt, sondern hinterlaͤßt auch seinen Kin-<lb/> dern zehn Jahre lang eine sichere Subsistenz. Welch ei-<lb/> ne ehrenvolle Pension! aber nur in Frankreich hat man<lb/> Gelegenheit, sie zu verdienen.</p><lb/> <p>Madame Molé, welche <hi rendition="#g">Menschenhaß und<lb/> Reue</hi> ein wenig verbaalhornt hat, ist dadurch <hi rendition="#g">jetzt<lb/> schon</hi> zum Besitze eines Vermoͤgens von 60000 Livres<lb/> gelangt, und noch immer wird das Stuͤck haͤufig gespielt,<lb/> oft in Paris allein auf verschiedenen Theatern dreimal<lb/> an einem Tage. <hi rendition="#g">Mir,</hi> dem <hi rendition="#g">Verfasser,</hi> hat Men-<lb/> schenhaß und Reue Summa Summarum <hi rendition="#g">zweihundert<lb/> Thaler</hi> eingetragen. — Daleyrac, der bekannte be-<lb/> liebte Komponist, zieht, die Hauptstadt ungerechnet, noch<lb/> jetzt <hi rendition="#g">monatlich</hi> aus den Provinzen ungefaͤhr 100 Louis,<lb/> also jaͤhrlich uͤber 6000 Thaler, wofuͤr er keinen Feder-<lb/> strich weiter zu thun braucht. — Was soll man nach<lb/> solchen Beispielen davon denken, wenn z. E. die Frank-<lb/> furter einem dramatischen Schriftsteller <hi rendition="#g">gedruckt</hi> vor-<lb/> werfen: er treibe einen enormen Handel mit seinen Stuͤ-<lb/> cken, weil er etwa zwoͤlf Friedrichsd'or fuͤr eine Abschrift<lb/> fodert? und — diese kaufmaͤnnisch-gesinnten Maͤzene,<lb/> die doch wahrlich auf ihren Komptoirs keinen Buchstaben<lb/> umsonst schreiben, meynen, ein Schriftsteller muͤsse sich<lb/> mit der Ehre, sie zu amuͤsiren, bezahlen, und koͤnne uͤbri-<lb/> gens, mit Frankfurter Lorbeeren gekroͤnt, verhungern.<lb/> Doch Frankfurt ist nicht der einzige Ort, wo dem Genie<lb/> Kupferpfennige, und dem Zahlenschreiber Goldstuͤcke zu-<lb/> gewogen werden.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [163/0163]
kes ab. Hatte es blos Vorzuͤge, die im ersten Augenbli-
cke blendeten, so wird es selten; hat es wahren Gehalt,
oft gespielt. Ein Autor, dem es gelungen, drei oder
vier Stuͤcke auf das Repertoir des Théatre francais zu
bringen, ist nicht allein fuͤr seine Person auf Lebenszeit
anstaͤndig versorgt, sondern hinterlaͤßt auch seinen Kin-
dern zehn Jahre lang eine sichere Subsistenz. Welch ei-
ne ehrenvolle Pension! aber nur in Frankreich hat man
Gelegenheit, sie zu verdienen.
Madame Molé, welche Menschenhaß und
Reue ein wenig verbaalhornt hat, ist dadurch jetzt
schon zum Besitze eines Vermoͤgens von 60000 Livres
gelangt, und noch immer wird das Stuͤck haͤufig gespielt,
oft in Paris allein auf verschiedenen Theatern dreimal
an einem Tage. Mir, dem Verfasser, hat Men-
schenhaß und Reue Summa Summarum zweihundert
Thaler eingetragen. — Daleyrac, der bekannte be-
liebte Komponist, zieht, die Hauptstadt ungerechnet, noch
jetzt monatlich aus den Provinzen ungefaͤhr 100 Louis,
also jaͤhrlich uͤber 6000 Thaler, wofuͤr er keinen Feder-
strich weiter zu thun braucht. — Was soll man nach
solchen Beispielen davon denken, wenn z. E. die Frank-
furter einem dramatischen Schriftsteller gedruckt vor-
werfen: er treibe einen enormen Handel mit seinen Stuͤ-
cken, weil er etwa zwoͤlf Friedrichsd'or fuͤr eine Abschrift
fodert? und — diese kaufmaͤnnisch-gesinnten Maͤzene,
die doch wahrlich auf ihren Komptoirs keinen Buchstaben
umsonst schreiben, meynen, ein Schriftsteller muͤsse sich
mit der Ehre, sie zu amuͤsiren, bezahlen, und koͤnne uͤbri-
gens, mit Frankfurter Lorbeeren gekroͤnt, verhungern.
Doch Frankfurt ist nicht der einzige Ort, wo dem Genie
Kupferpfennige, und dem Zahlenschreiber Goldstuͤcke zu-
gewogen werden.
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