Krieger, Ernst: [Lebenserinnerungen des Ernst Krieger]. Um 1907.durch das Hochwasser sondern auf einem Umwege durch Zweibrücken - zur Kirche in Ernstweiler. Vor dem Eintritt in dieselbe bekam die Braut auch das zu Hause vergessene und gar nicht vermisste Brautbouquet. Pfarrer Roebenacke führte die Braut, meine Schwägerin Marie mich zum Altare, mein Vater vollzog die Trauung und gab uns als Losung für die Ehe Röm. 12,12 mit. Unerwartet erklang es dann im vollen 4stimmigen Chore: Wo du hingehst, da will ich auch hingehen! Der Zweibrücker Kirchenchor, von welchem 2 Mitglieder vor dem Altare standen, stimmte es an zur Erbauung der die Kirche füllenden Hochzeitsgäste, Freunde und neugieriger Nachbarn. Nach dem Hochzeitsmahle, an welchem ausser Verwandten nur Pfarrer Roebenacke, als Brautführer, Appellationsgerichtsrat Serine und Prof. Iwan Müller als Trauzeugen und Frau von Luisenthal nebst Sohn als getreue Nachbarn des Kaplaneihofes theilnahmen, trat ich mit meiner jungen Frau die Hochzeitsreise an: sie ging vom Kaplaneihofe nach Zweibrücken in unsere Wohnung, denn wir wollten nicht in der Fremde sondern im eigenen Heim unseren Ehestand anfangen, hielten die 1. Abendandacht mit Psalm 121 und dem Liede: Jesu voran! und gingen am folgenden Tage, es war Sonntag, miteinander zur Kirche zum grossen Staunen von Zweibrücken, als sei dies unerhört und ungehörig, am 1. Tage des Ehestandes zu Gottes Haus und Gottes Wort zu kommen. Meine Mutter aber nahm mich, als wir Nachmittags in unserem Hause mit den Nächststehenden den Kaffee getrunken hatten bei Seite und sagte mir: Ich komme jetzt ein Jahr lang nicht zu Euch, ausser wenn Ihr mich ruft. Die kluge Frau wollte nicht die meisternde Schwiegermutter ihrer Schwiegertochter spielen. Mit meiner Verehelichung war ich in einen ziemlich grossen Familienkreis getreten, den die Damen Erlenwein, Brömme, von Langsdorff und Deneys bezeichnen. Mein Schwiegervater Joh. Seb. Erlenwein, der Sohn eines aus Königsbach stammenden, nach Empfang der ersten Weihen aus dem geistlichen Stande ausgeschiedenen Privatlehrers und einer Schweizerin, war in St. Petersburg Mathematiklehrer und Architekt gewesen und hatte sich dort mit der Kaufmannstochter Wilhelmine Brömme verheirathet. Nach Deutschland durch das Hochwasser sondern auf einem Umwege durch Zweibrücken - zur Kirche in Ernstweiler. Vor dem Eintritt in dieselbe bekam die Braut auch das zu Hause vergessene und gar nicht vermisste Brautbouquet. Pfarrer Roebenacke führte die Braut, meine Schwägerin Marie mich zum Altare, mein Vater vollzog die Trauung und gab uns als Losung für die Ehe Röm. 12,12 mit. Unerwartet erklang es dann im vollen 4stimmigen Chore: Wo du hingehst, da will ich auch hingehen! Der Zweibrücker Kirchenchor, von welchem 2 Mitglieder vor dem Altare standen, stimmte es an zur Erbauung der die Kirche füllenden Hochzeitsgäste, Freunde und neugieriger Nachbarn. Nach dem Hochzeitsmahle, an welchem ausser Verwandten nur Pfarrer Roebenacke, als Brautführer, Appellationsgerichtsrat Seriné und Prof. Iwan Müller als Trauzeugen und Frau von Luisenthal nebst Sohn als getreue Nachbarn des Kaplaneihofes theilnahmen, trat ich mit meiner jungen Frau die Hochzeitsreise an: sie ging vom Kaplaneihofe nach Zweibrücken in unsere Wohnung, denn wir wollten nicht in der Fremde sondern im eigenen Heim unseren Ehestand anfangen, hielten die 1. Abendandacht mit Psalm 121 und dem Liede: Jesu voran! und gingen am folgenden Tage, es war Sonntag, miteinander zur Kirche zum grossen Staunen von Zweibrücken, als sei dies unerhört und ungehörig, am 1. Tage des Ehestandes zu Gottes Haus und Gottes Wort zu kommen. Meine Mutter aber nahm mich, als wir Nachmittags in unserem Hause mit den Nächststehenden den Kaffee getrunken hatten bei Seite und sagte mir: Ich komme jetzt ein Jahr lang nicht zu Euch, ausser wenn Ihr mich ruft. Die kluge Frau wollte nicht die meisternde Schwiegermutter ihrer Schwiegertochter spielen. Mit meiner Verehelichung war ich in einen ziemlich grossen Familienkreis getreten, den die Damen Erlenwein, Brömme, von Langsdorff und Deneys bezeichnen. Mein Schwiegervater Joh. Seb. Erlenwein, der Sohn eines aus Königsbach stammenden, nach Empfang der ersten Weihen aus dem geistlichen Stande ausgeschiedenen Privatlehrers und einer Schweizerin, war in St. Petersburg Mathematiklehrer und Architekt gewesen und hatte sich dort mit der Kaufmannstochter Wilhelmine Brömme verheirathet. 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Der Zweibrücker Kirchenchor, von welchem 2 Mitglieder vor dem Altare standen, stimmte es an zur Erbauung der die Kirche füllenden Hochzeitsgäste, Freunde und neugieriger Nachbarn.</p> <p>Nach dem Hochzeitsmahle, an welchem ausser Verwandten nur Pfarrer Roebenacke, als Brautführer, Appellationsgerichtsrat Seriné und Prof. Iwan Müller als Trauzeugen und Frau von Luisenthal nebst Sohn als getreue Nachbarn des Kaplaneihofes theilnahmen, trat ich mit meiner jungen Frau die Hochzeitsreise an: sie ging vom Kaplaneihofe nach Zweibrücken in unsere Wohnung, denn wir wollten nicht in der Fremde sondern im eigenen Heim unseren Ehestand anfangen, hielten die 1. Abendandacht mit Psalm 121 und dem Liede: Jesu voran! und gingen am folgenden Tage, es war Sonntag, miteinander zur Kirche zum grossen Staunen von Zweibrücken, als sei dies unerhört und ungehörig, am 1. Tage des Ehestandes zu Gottes Haus und Gottes Wort zu kommen. Meine Mutter aber nahm mich, als wir Nachmittags in <hi rendition="#u">unserem</hi> Hause mit den Nächststehenden den Kaffee getrunken hatten bei Seite und sagte mir: Ich komme jetzt ein Jahr lang nicht zu Euch, ausser wenn Ihr mich ruft. Die kluge Frau wollte nicht die meisternde Schwiegermutter ihrer Schwiegertochter spielen.</p> <p>Mit meiner Verehelichung war ich in einen ziemlich grossen Familienkreis getreten, den die Damen Erlenwein, Brömme, von Langsdorff und Deneys bezeichnen.</p> <p>Mein Schwiegervater Joh. Seb. Erlenwein, der Sohn eines aus Königsbach stammenden, nach Empfang der ersten Weihen aus dem geistlichen Stande ausgeschiedenen Privatlehrers und einer Schweizerin, war in St. Petersburg Mathematiklehrer und Architekt gewesen und hatte sich dort mit der Kaufmannstochter Wilhelmine Brömme verheirathet. Nach Deutschland </p> </div> </body> </text> </TEI> [67/0067]
durch das Hochwasser sondern auf einem Umwege durch Zweibrücken - zur Kirche in Ernstweiler. Vor dem Eintritt in dieselbe bekam die Braut auch das zu Hause vergessene und gar nicht vermisste Brautbouquet. Pfarrer Roebenacke führte die Braut, meine Schwägerin Marie mich zum Altare, mein Vater vollzog die Trauung und gab uns als Losung für die Ehe Röm. 12,12 mit. Unerwartet erklang es dann im vollen 4stimmigen Chore: Wo du hingehst, da will ich auch hingehen! Der Zweibrücker Kirchenchor, von welchem 2 Mitglieder vor dem Altare standen, stimmte es an zur Erbauung der die Kirche füllenden Hochzeitsgäste, Freunde und neugieriger Nachbarn.
Nach dem Hochzeitsmahle, an welchem ausser Verwandten nur Pfarrer Roebenacke, als Brautführer, Appellationsgerichtsrat Seriné und Prof. Iwan Müller als Trauzeugen und Frau von Luisenthal nebst Sohn als getreue Nachbarn des Kaplaneihofes theilnahmen, trat ich mit meiner jungen Frau die Hochzeitsreise an: sie ging vom Kaplaneihofe nach Zweibrücken in unsere Wohnung, denn wir wollten nicht in der Fremde sondern im eigenen Heim unseren Ehestand anfangen, hielten die 1. Abendandacht mit Psalm 121 und dem Liede: Jesu voran! und gingen am folgenden Tage, es war Sonntag, miteinander zur Kirche zum grossen Staunen von Zweibrücken, als sei dies unerhört und ungehörig, am 1. Tage des Ehestandes zu Gottes Haus und Gottes Wort zu kommen. Meine Mutter aber nahm mich, als wir Nachmittags in unserem Hause mit den Nächststehenden den Kaffee getrunken hatten bei Seite und sagte mir: Ich komme jetzt ein Jahr lang nicht zu Euch, ausser wenn Ihr mich ruft. Die kluge Frau wollte nicht die meisternde Schwiegermutter ihrer Schwiegertochter spielen.
Mit meiner Verehelichung war ich in einen ziemlich grossen Familienkreis getreten, den die Damen Erlenwein, Brömme, von Langsdorff und Deneys bezeichnen.
Mein Schwiegervater Joh. Seb. Erlenwein, der Sohn eines aus Königsbach stammenden, nach Empfang der ersten Weihen aus dem geistlichen Stande ausgeschiedenen Privatlehrers und einer Schweizerin, war in St. Petersburg Mathematiklehrer und Architekt gewesen und hatte sich dort mit der Kaufmannstochter Wilhelmine Brömme verheirathet. Nach Deutschland
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