Krieger, Ernst: [Lebenserinnerungen des Ernst Krieger]. Um 1907.auf sich nahm, fiel mir schwer aufs Herz; von der Mühe und dem Ärger, den die jungen Leute verursachten, hatte ich genug gehört, das finanzielle Ergebnis war unter Umständen zweifelhaft, jedenfalls nicht sehr gross, wenn man nicht einen Pensionspreis ansetzte, welcher den damals üblichen wesentlich überstieg. Hätte ich überhaupt Lust gehabt, Professor zu bleiben, so würde am Ende doch von uns zur Errichtung eines Pensionates gegriffen worden sein mit Einrichtungen, welche meiner Frau und mir etwas von den damit verbundenen Lasten abgenommen hatten. Da kam die Nachricht, dass in St. Ingbert anstelle des ständigen Vikariates eine Stadtpfarrei errichtet werde. Der Entschluss, mich um diese Stelle zu bewerben, wurde alsbald gefasst. Als dieser mein Entschluss bekannt wurde, fand sich kein weiterer Bewerber ein, so dass mir die Ernennung nach St. Ingbert in sicherer Aussicht stand. Der Abschied von der Professur fiel mir nicht schwer. Viele meiner Schüler haben mich bei späteren Begegnungen freudig und herzlich als ihren alten "Professor" begrüsst, einer hat mir sogar nach 45 Jahren vor vielen Zeugen eine warme Ansprache voll lebhaften Dankes für den genossenen Unterricht gehalten, und dieser war ein Soldat, k. bayer. Oberstleutnant. Andere und darunter etliche Pfarrer haben mir das Gegentheil von Ehrerbietung und Dankbarkeit gezollt. Es hat mir nicht nahe gethan, mich nicht einmal gewundert, denn ich habe mit der Zeit allgemeine Menschenkenntnis genug gesammelt und kannte jene Herren ja von ihrer Schulzeit her. Einen wunderlichen Schluss bekam meine Besoldungsabrechnung. Ich war vom 16. Oktober 1862 ab zum Pfarrer in St. Ingbert ernannt, beanspruchte also meinen Professor-Gehalt bis incl. den 15. Oktober. Der Rentbeamte verlangte eine Rektoratsbescheinigung, dass ich bis dahin fungiert habe. Am 15. Okt. war der Königin Geburtstag, darum kein Unterricht. Der Rektor weigerte sich, mir zu bestätigen, dass ich bis zum 15. Okt. fungiert habe, und bescheinigte, dass ich am 14. den letzten Unterricht ertheilt habe. Darauf berechnete mir der Rentbeamte 14/31 Monat Gehaltsanspruch. Beim erstmaligen Bezug vom Gehalt als Pfarrer in St. Ingbert verlangte ich 16/31 Monatsgehalt pro Oktober, wurde aber damit abgewiesen und erhielt nur 1/2 Monatsgehalt. Sonach wurde mir für 1 1/2 auf sich nahm, fiel mir schwer aufs Herz; von der Mühe und dem Ärger, den die jungen Leute verursachten, hatte ich genug gehört, das finanzielle Ergebnis war unter Umständen zweifelhaft, jedenfalls nicht sehr gross, wenn man nicht einen Pensionspreis ansetzte, welcher den damals üblichen wesentlich überstieg. Hätte ich überhaupt Lust gehabt, Professor zu bleiben, so würde am Ende doch von uns zur Errichtung eines Pensionates gegriffen worden sein mit Einrichtungen, welche meiner Frau und mir etwas von den damit verbundenen Lasten abgenommen hatten. Da kam die Nachricht, dass in St. Ingbert anstelle des ständigen Vikariates eine Stadtpfarrei errichtet werde. Der Entschluss, mich um diese Stelle zu bewerben, wurde alsbald gefasst. Als dieser mein Entschluss bekannt wurde, fand sich kein weiterer Bewerber ein, so dass mir die Ernennung nach St. Ingbert in sicherer Aussicht stand. Der Abschied von der Professur fiel mir nicht schwer. Viele meiner Schüler haben mich bei späteren Begegnungen freudig und herzlich als ihren alten ”Professor“ begrüsst, einer hat mir sogar nach 45 Jahren vor vielen Zeugen eine warme Ansprache voll lebhaften Dankes für den genossenen Unterricht gehalten, und dieser war ein Soldat, k. bayer. Oberstleutnant. Andere und darunter etliche Pfarrer haben mir das Gegentheil von Ehrerbietung und Dankbarkeit gezollt. Es hat mir nicht nahe gethan, mich nicht einmal gewundert, denn ich habe mit der Zeit allgemeine Menschenkenntnis genug gesammelt und kannte jene Herren ja von ihrer Schulzeit her. Einen wunderlichen Schluss bekam meine Besoldungsabrechnung. Ich war vom 16. Oktober 1862 ab zum Pfarrer in St. Ingbert ernannt, beanspruchte also meinen Professor-Gehalt bis incl. den 15. Oktober. Der Rentbeamte verlangte eine Rektoratsbescheinigung, dass ich bis dahin fungiert habe. Am 15. Okt. war der Königin Geburtstag, darum kein Unterricht. Der Rektor weigerte sich, mir zu bestätigen, dass ich bis zum 15. Okt. fungiert habe, und bescheinigte, dass ich am 14. den letzten Unterricht ertheilt habe. Darauf berechnete mir der Rentbeamte 14/31 Monat Gehaltsanspruch. Beim erstmaligen Bezug vom Gehalt als Pfarrer in St. Ingbert verlangte ich 16/31 Monatsgehalt pro Oktober, wurde aber damit abgewiesen und erhielt nur 1/2 Monatsgehalt. Sonach wurde mir für 1 1/2 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0072" n="72"/> auf sich nahm, fiel mir schwer aufs Herz; von der Mühe und dem Ärger, den die jungen Leute verursachten, hatte ich genug gehört, das finanzielle Ergebnis war unter Umständen zweifelhaft, jedenfalls nicht sehr gross, wenn man nicht einen Pensionspreis ansetzte, welcher den damals üblichen wesentlich überstieg. Hätte ich überhaupt Lust gehabt, Professor zu bleiben, so würde am Ende doch von uns zur Errichtung eines Pensionates gegriffen worden sein mit Einrichtungen, welche meiner Frau und mir etwas von den damit verbundenen Lasten abgenommen hatten.</p> <p>Da kam die Nachricht, dass in St. Ingbert anstelle des ständigen Vikariates eine Stadtpfarrei errichtet werde. Der Entschluss, mich um diese Stelle zu bewerben, wurde alsbald gefasst. Als dieser mein Entschluss bekannt wurde, fand sich kein weiterer Bewerber ein, so dass mir die Ernennung nach St. Ingbert in sicherer Aussicht stand. Der Abschied von der Professur fiel mir nicht schwer. Viele meiner Schüler haben mich bei späteren Begegnungen freudig und herzlich als ihren alten ”Professor“ begrüsst, <hi rendition="#u">einer</hi> hat mir sogar nach 45 Jahren vor vielen Zeugen eine warme Ansprache voll lebhaften Dankes für den genossenen Unterricht gehalten, und dieser war ein Soldat, k. bayer. Oberstleutnant. Andere und darunter etliche Pfarrer haben mir das Gegentheil von Ehrerbietung und Dankbarkeit gezollt. Es hat mir nicht nahe gethan, mich nicht einmal gewundert, denn ich habe mit der Zeit allgemeine Menschenkenntnis genug gesammelt und kannte jene Herren ja von ihrer Schulzeit her.</p> <p>Einen wunderlichen Schluss bekam meine Besoldungsabrechnung. Ich war vom 16. Oktober 1862 ab zum Pfarrer in St. Ingbert ernannt, beanspruchte also meinen Professor-Gehalt bis incl. den 15. Oktober. Der Rentbeamte verlangte eine Rektoratsbescheinigung, dass ich bis dahin fungiert habe. Am 15. Okt. war der Königin Geburtstag, darum kein Unterricht. Der Rektor weigerte sich, mir zu bestätigen, dass ich bis zum 15. Okt. fungiert habe, und bescheinigte, dass ich am 14. den letzten Unterricht ertheilt habe. Darauf berechnete mir der Rentbeamte 14/31 Monat Gehaltsanspruch. Beim erstmaligen Bezug vom Gehalt als Pfarrer in St. Ingbert verlangte ich 16/31 Monatsgehalt pro Oktober, wurde aber damit abgewiesen und erhielt nur 1/2 Monatsgehalt. Sonach wurde mir für 1 1/2 </p> </div> </body> </text> </TEI> [72/0072]
auf sich nahm, fiel mir schwer aufs Herz; von der Mühe und dem Ärger, den die jungen Leute verursachten, hatte ich genug gehört, das finanzielle Ergebnis war unter Umständen zweifelhaft, jedenfalls nicht sehr gross, wenn man nicht einen Pensionspreis ansetzte, welcher den damals üblichen wesentlich überstieg. Hätte ich überhaupt Lust gehabt, Professor zu bleiben, so würde am Ende doch von uns zur Errichtung eines Pensionates gegriffen worden sein mit Einrichtungen, welche meiner Frau und mir etwas von den damit verbundenen Lasten abgenommen hatten.
Da kam die Nachricht, dass in St. Ingbert anstelle des ständigen Vikariates eine Stadtpfarrei errichtet werde. Der Entschluss, mich um diese Stelle zu bewerben, wurde alsbald gefasst. Als dieser mein Entschluss bekannt wurde, fand sich kein weiterer Bewerber ein, so dass mir die Ernennung nach St. Ingbert in sicherer Aussicht stand. Der Abschied von der Professur fiel mir nicht schwer. Viele meiner Schüler haben mich bei späteren Begegnungen freudig und herzlich als ihren alten ”Professor“ begrüsst, einer hat mir sogar nach 45 Jahren vor vielen Zeugen eine warme Ansprache voll lebhaften Dankes für den genossenen Unterricht gehalten, und dieser war ein Soldat, k. bayer. Oberstleutnant. Andere und darunter etliche Pfarrer haben mir das Gegentheil von Ehrerbietung und Dankbarkeit gezollt. Es hat mir nicht nahe gethan, mich nicht einmal gewundert, denn ich habe mit der Zeit allgemeine Menschenkenntnis genug gesammelt und kannte jene Herren ja von ihrer Schulzeit her.
Einen wunderlichen Schluss bekam meine Besoldungsabrechnung. Ich war vom 16. Oktober 1862 ab zum Pfarrer in St. Ingbert ernannt, beanspruchte also meinen Professor-Gehalt bis incl. den 15. Oktober. Der Rentbeamte verlangte eine Rektoratsbescheinigung, dass ich bis dahin fungiert habe. Am 15. Okt. war der Königin Geburtstag, darum kein Unterricht. Der Rektor weigerte sich, mir zu bestätigen, dass ich bis zum 15. Okt. fungiert habe, und bescheinigte, dass ich am 14. den letzten Unterricht ertheilt habe. Darauf berechnete mir der Rentbeamte 14/31 Monat Gehaltsanspruch. Beim erstmaligen Bezug vom Gehalt als Pfarrer in St. Ingbert verlangte ich 16/31 Monatsgehalt pro Oktober, wurde aber damit abgewiesen und erhielt nur 1/2 Monatsgehalt. Sonach wurde mir für 1 1/2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2013-01-14T12:32:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-01-14T12:32:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-01-14T12:32:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |