Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743.mandem geglaubet, daß seines gleichen in der Welt anzutreffen sey, wann ich ihm nicht selbst darin gefunden hätte. Mich wieder die Einsicht meiner Vernunft sür unvernünftig zu erklären! mich einer Ver- änderung zu beschuldigen, davon ich nichts empfunden, und die ich an mir selbst nicht genug betrauren würde! Weil er gesehen, des Tempelstolzens Ansehen und durch- dringende Stimme an mir nichts vermocht hat, und daß mich seine Liebe und sein Bitten nicht bewegen können, so hat ihm sein nie- derträchtiges Herz zum Betruge gerathen, aber ich muß nur diese ohnmächtige Ränke verlachen. - - - Doch sollte mich bey na- he die Leichtglaubigkeit meiner Mutter be- kümmern. Sie ist schwach genug, dem Heuchler zu glauben, und mich zu zwingen, ihm meine Hand zu geben. Werde ich nun da so schwach seyn, meiner Mutter den schuldigen Gehorsam und die kindliche Ehrfurcht zu entziehen? Nein, meine Pflichten kan ich ohnmöglich verletzen. Werd ich aber auch stark genug seyn, dem Liebenswürdigsten mein Herz zu ent- ziehen, und an einen schandbaren Betrü- ger zu verschenken? Nimmermehr - - - Jch darf hier keine weitläuftige Wahl an- stellen, mein Schluß ist gefast, ich will aus zweyen Uebeln das kleinfte erwählen. Jch will ungehorsam seyn, damit ich nicht undankvar, treulos, unbeständig, und auf meine H 4
mandem geglaubet, daß ſeines gleichen in der Welt anzutreffen ſey, wann ich ihm nicht ſelbſt darin gefunden haͤtte. Mich wieder die Einſicht meiner Vernunft ſuͤr unvernuͤnftig zu erklaͤren! mich einer Ver- aͤnderung zu beſchuldigen, davon ich nichts empfunden, und die ich an mir ſelbſt nicht genug betrauren wuͤrde! Weil er geſehen, des Tempelſtolzens Anſehen und durch- dringende Stimme an mir nichts vermocht hat, und daß mich ſeine Liebe und ſein Bitten nicht bewegen koͤnnen, ſo hat ihm ſein nie- dertraͤchtiges Herz zum Betruge gerathen, aber ich muß nur dieſe ohnmaͤchtige Raͤnke verlachen. ‒ ‒ ‒ Doch ſollte mich bey na- he die Leichtglaubigkeit meiner Mutter be- kuͤmmern. Sie iſt ſchwach genug, dem Heuchler zu glauben, und mich zu zwingen, ihm meine Hand zu geben. Werde ich nun da ſo ſchwach ſeyn, meiner Mutter den ſchuldigen Gehorſam und die kindliche Ehrfurcht zu entziehen? Nein, meine Pflichten kan ich ohnmoͤglich verletzen. Werd ich aber auch ſtark genug ſeyn, dem Liebenswuͤrdigſten mein Herz zu ent- ziehen, und an einen ſchandbaren Betruͤ- ger zu verſchenken? Nimmermehr ‒ ‒ ‒ Jch darf hier keine weitlaͤuftige Wahl an- ſtellen, mein Schluß iſt gefaſt, ich will aus zweyen Uebeln das kleinfte erwaͤhlen. Jch will ungehorſam ſeyn, damit ich nicht undankvar, treulos, unbeſtaͤndig, und auf meine H 4
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unvernuͤnftig zu erklaͤren! mich einer Ver-
aͤnderung zu beſchuldigen, davon ich nichts
empfunden, und die ich an mir ſelbſt nicht
genug betrauren wuͤrde! Weil er geſehen,
des Tempelſtolzens Anſehen und durch-
dringende Stimme an mir nichts vermocht
hat, und daß mich ſeine Liebe und ſein Bitten
nicht bewegen koͤnnen, ſo hat ihm ſein nie-
dertraͤchtiges Herz zum Betruge gerathen,
aber ich muß nur dieſe ohnmaͤchtige Raͤnke
verlachen. ‒ ‒ ‒ Doch ſollte mich bey na-
he die Leichtglaubigkeit meiner Mutter be-
kuͤmmern. Sie iſt ſchwach genug, dem
Heuchler zu glauben, und mich zu zwingen,
ihm meine Hand zu geben. Werde ich
nun da ſo ſchwach ſeyn, meiner Mutter
den ſchuldigen Gehorſam und die kindliche
Ehrfurcht zu entziehen? Nein, meine
Pflichten kan ich ohnmoͤglich verletzen.
Werd ich aber auch ſtark genug ſeyn,
dem Liebenswuͤrdigſten mein Herz zu ent-
ziehen, und an einen ſchandbaren Betruͤ-
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Jch darf hier keine weitlaͤuftige Wahl an-
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aus zweyen Uebeln das kleinfte erwaͤhlen.
Jch will ungehorſam ſeyn, damit ich nicht
undankvar, treulos, unbeſtaͤndig, und auf
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