schauungen halbüberwundener Zeiten, in denen Macht Geltung hatte vor Recht, weil er noch immer - willkürlich - Mannes Gesetz gleichsam für Gottes Gesetz erklärt, weil vielfach auch die Kirche, statt in Jesu Nachfolge zu leben, der keinen Unterschied kannte zwischen Weib und Mann, zwischen arm und reich, zwischen vornehm und gering, sich als staatlich geschützte Priesterkirche den Wünschen der herr- schenden Machthaber anzubequemen versteht, selbst dann müssen wir unserer Ueberzeugung gemäß handeln. Dadurch allein wird uns der Sieg gewiß. Schon regt es sich überall. Als gerecht empfindet man mehr und mehr unser Fordern. Gerechtigkeit gilt, wenn auch oft nur theoretisch, als höch- ste Tugend des Mannes. Er kann sich, ohne sich selbst zu verleugnen, gerechten Forderungen auf die Dauer nicht widersetzen.
An den Frauen aber wird es dann sein, ihre jetzt so viel- verheißenden Worte in die Tat umzusetzen: in die Welt des Bureaukratismus, der nüchternen Jnteressen- und Machtpoli- tik, wie sie jetzt allzuoft unser Staatswesen beherrscht, noch ein anderes einzufügen, um die Welt lichter, wärmer zu ge- stalten: mütterliches Sorgen, warmherziges Verstehen, allum- fassende Güte.
Noch aber - das wissen wir wohl - sind auch die Frauen, die solches Ziel als Sehnsucht in ihrem Herzen tragen, weit davon entfernt es erreicht zu haben. Noch hadern auch solche miteinander und gegeneinander, noch sehen auch solche sich voll Zweifel und Mißtrauen an, die doch zu gleichem Streben - im Dienste der Frauenbewegung - vereint sind. Aber unverkenn- bar ist trotzdem der Wunsch, einander gerecht zu prüfen und alles Gute aneinander anzuerkennen. Von Jahr zu Jahr wird dieser Wunsch lauter. Denn wahrlich: könnten wir den Hader im
schauungen halbüberwundener Zeiten, in denen Macht Geltung hatte vor Recht, weil er noch immer – willkürlich – Mannes Gesetz gleichsam für Gottes Gesetz erklärt, weil vielfach auch die Kirche, statt in Jesu Nachfolge zu leben, der keinen Unterschied kannte zwischen Weib und Mann, zwischen arm und reich, zwischen vornehm und gering, sich als staatlich geschützte Priesterkirche den Wünschen der herr- schenden Machthaber anzubequemen versteht, selbst dann müssen wir unserer Ueberzeugung gemäß handeln. Dadurch allein wird uns der Sieg gewiß. Schon regt es sich überall. Als gerecht empfindet man mehr und mehr unser Fordern. Gerechtigkeit gilt, wenn auch oft nur theoretisch, als höch- ste Tugend des Mannes. Er kann sich, ohne sich selbst zu verleugnen, gerechten Forderungen auf die Dauer nicht widersetzen.
An den Frauen aber wird es dann sein, ihre jetzt so viel- verheißenden Worte in die Tat umzusetzen: in die Welt des Bureaukratismus, der nüchternen Jnteressen- und Machtpoli- tik, wie sie jetzt allzuoft unser Staatswesen beherrscht, noch ein anderes einzufügen, um die Welt lichter, wärmer zu ge- stalten: mütterliches Sorgen, warmherziges Verstehen, allum- fassende Güte.
Noch aber – das wissen wir wohl – sind auch die Frauen, die solches Ziel als Sehnsucht in ihrem Herzen tragen, weit davon entfernt es erreicht zu haben. Noch hadern auch solche miteinander und gegeneinander, noch sehen auch solche sich voll Zweifel und Mißtrauen an, die doch zu gleichem Streben – im Dienste der Frauenbewegung – vereint sind. Aber unverkenn- bar ist trotzdem der Wunsch, einander gerecht zu prüfen und alles Gute aneinander anzuerkennen. Von Jahr zu Jahr wird dieser Wunsch lauter. Denn wahrlich: könnten wir den Hader im
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schauungen halbüberwundener Zeiten, in denen Macht Geltung
hatte vor Recht, weil er noch immer – willkürlich – Mannes
Gesetz gleichsam für Gottes Gesetz erklärt, weil vielfach auch
die Kirche, statt in Jesu Nachfolge zu leben, der keinen
Unterschied kannte zwischen Weib und Mann, zwischen
arm und reich, zwischen vornehm und gering, sich als
staatlich geschützte Priesterkirche den Wünschen der herr-
schenden Machthaber anzubequemen versteht, selbst dann müssen
wir unserer Ueberzeugung gemäß handeln. Dadurch allein
wird uns der Sieg gewiß. Schon regt es sich überall. Als
gerecht empfindet man mehr und mehr unser Fordern.
Gerechtigkeit gilt, wenn auch oft nur theoretisch, als höch-
ste Tugend des Mannes. Er kann sich, ohne sich selbst
zu verleugnen, gerechten Forderungen auf die Dauer nicht
widersetzen.
An den Frauen aber wird es dann sein, ihre jetzt so viel-
verheißenden Worte in die Tat umzusetzen: in die Welt des
Bureaukratismus, der nüchternen Jnteressen- und Machtpoli-
tik, wie sie jetzt allzuoft unser Staatswesen beherrscht, noch
ein anderes einzufügen, um die Welt lichter, wärmer zu ge-
stalten: mütterliches Sorgen, warmherziges Verstehen, allum-
fassende Güte.
Noch aber – das wissen wir wohl – sind auch die
Frauen, die solches Ziel als Sehnsucht in ihrem Herzen tragen,
weit davon entfernt es erreicht zu haben. Noch hadern auch solche
miteinander und gegeneinander, noch sehen auch solche sich voll
Zweifel und Mißtrauen an, die doch zu gleichem Streben – im
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Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/121>, abgerufen am 14.06.2024.
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