Der HErr (JEsus Christus) gebe ihm, daß er finde Barmhertzigkeit (und aus der- selben eine reiche Gnaden-Belohnung für solche seine Treue nach Matth. 5, 7.) an jenem Tage (des grossen Welt-Gerichts) bey dem HErrn (dem Vater, der das Gericht durch den Sohn halten wird Joh. 5, 22. 27. Ap. Gesch. 17, 31.) Und wie viel er zu Epheso gedienet hat, (nemlich mir und dem Reiche GOttes) das weißt du am besten, (als der du es selbst er- fahren hast.)
Anmerckung.
Die Redens-Art: der HErr bey dem HErrn darf alhier nicht erkläret werden nach dem Hebraismo, daß es so viel sey, als bey sich selbst: aber wohl sonst aus dem Alten Testa- ment, alwo sie mehrmal vorkömmt von dem Vater und Sohn, z. E. 1 B. Mos. 19, 14. Da ließ der HErr (der Sohn GOttes, der dem Abraham als der Engel des HErrn mit zween erschaffnen Engeln erschienen war c. 18.) Schwe- fel und Feuer regnen von dem HErrn (dem Vater, und nach der Einigkeit des Wesens auch von dem heiligen Geiste; obwol dieser seinem [Spaltenumbruch]
Amte nach eigentlich das Gericht nicht führet, sondern vielmehr den Vater und Sohn durch Application der Gnade verkläret Joh. 16, 14. 2 Cor. 3, 18.) Also auch 2 B. Mos. 24, 1. Und zu Mose sprach er (der HERR) steig hin- auf zu dem HErrn. Und ob denn nun gleich der Vater ist HERR, oder Jehovah, der Sohn ist HERR, und der heilige Geist ist HERR; so sind doch dem Wesen nach nicht drey HErren sondern nur einer, nach 5 B. Mos. 6, 4. Der HErr, unser GOtt, ist ein einiger GOtt; sintemal diese drey Göttliche Personen eines Wesens sind. Welches ein grosses Geheim- niß, aber doch ohne Contradiction ist. Denn wir sagen und glauben nicht, daß drey Perso- nen eine Person, oder die Einheit eine Drey- heit sey, sondern dieses, daß in der Einheit des Wesens eine Dreyheit der Personen sich finde. Welches zwar über allen unsern Begrif gehet, da wir dergleichen in den Geschöpfen nicht fin- den, und der Schöpfer dieses allein besonders hat: aber es ist doch nicht contradictorisch. Und da wir unzehlige Dinge, die doch in dem Reiche der Natur wircklich sind, oder geschehen, gar nicht begreifen können; was ist es denn Wun- der, daß die Geheimnisse des Glaubens über un- sern Begrif gehen?
Das Andere Capitel, Darinnen Der Apostel dem Timotheo eine gute Pastoral-Instruction giebt/ wie er die Lehrer zu bestellen/ geduldig zu leiden/ dabey die Auferste- hung Christi im Gedächtniß zu halten/ sich als einen rechtschafnen Arbei- ter zu erweisen/ und des ungöttlichen losen Geschwätzes sich zu ent- schlagen habe u. s. w.
[Spaltenumbruch]
V. 1.
SO sey nun (in der Vorstellung, wie so manche schwach worden aus ihrer eignen Schuld c. 1, 15.) starck (gleichwie du vorlängst schon wircklich gesalbet und durch die Salbung gestärcket bist; so siehe dahin, daß diese dir beygelegte Stärcke in dir erhalten, vermehret und wohl angeleget werde: welches geschehen wird, wenn du die Gnaden-Gabe die in dir ist, fein fleißig erwe- ckest, und wenn du die dir anvertraute Beylage durch getreue Anwendung wohl bewahrest: und so wird sich denn deine Stärcke ferner darinnen beweisen, daß du dich des Evangelii und meiner nicht schämest, sondern in der Gemeinschaft der Leiden bleibest:) mein Sohn (an welchen ich diese Ermunterung mit väterlicher Liebe thue) durch die Gnade (die da also gegründet ist) in Christo JEsu (daß wir durch dieselbe auch in der Gemeinschaft Christi stehen: wie denn niemand die Gnade von Christo empfähet, der nicht dadurch sich will zur Vereinigung mit [Spaltenumbruch]
Christo bringen lassen, daß er auch in Christo sey.
Anmerckungen.
1. Jmmer von der menschlichen Schwach- heit und Unvollkommenheit reden, sonderlich alsdenn, wenn man ernstlich ermahnet wird, auch nur einen rechten Anfang des thätigen Christen- thums zu machen, ist ein gewisses Zeichen solcher Menschen, die weder bekehret sind, noch sich durch GOttes Gnade bekehren wollen. Denn wahrer Christen Eigenschaft ist, daß, da sie von Natur schwach, ja gar erstorben sind zu allem guten, sie starck werden: wie denn dieses auch ihr Name der Christen, oder Gesalbten, mit sich bringet. Man sehe unter andern 1 Cor. 15, 58. c. 16, 13. Eph. 3, 16. c. 6, 10. u. f.
2. Die geistliche Stärckung kan durch nichts, als durch GOttes Gnade, erlanget werden. Und ob man sich auch gleich mancher Ubung dabey billig bedienet, als der Prüfung seiner selbst, des Gebets, der Betrachtung des göttlichen Worts, u. s. w. so sind doch diese Mit- tel uns eben zu der Ordnung angewiesen, in wel- cher wir der Gnade können theilhaftig werden
und
U 2
Cap. 1. v. 18. C. 2. 5. v. 1. an den Timotheum.
[Spaltenumbruch]
V. 18.
Der HErr (JEſus Chriſtus) gebe ihm, daß er finde Barmhertzigkeit (und aus der- ſelben eine reiche Gnaden-Belohnung fuͤr ſolche ſeine Treue nach Matth. 5, 7.) an jenem Tage (des groſſen Welt-Gerichts) bey dem HErrn (dem Vater, der das Gericht durch den Sohn halten wird Joh. 5, 22. 27. Ap. Geſch. 17, 31.) Und wie viel er zu Epheſo gedienet hat, (nemlich mir und dem Reiche GOttes) das weißt du am beſten, (als der du es ſelbſt er- fahren haſt.)
Anmerckung.
Die Redens-Art: der HErr bey dem HErrn darf alhier nicht erklaͤret werden nach dem Hebraismo, daß es ſo viel ſey, als bey ſich ſelbſt: aber wohl ſonſt aus dem Alten Teſta- ment, alwo ſie mehrmal vorkoͤmmt von dem Vater und Sohn, z. E. 1 B. Moſ. 19, 14. Da ließ der HErr (der Sohn GOttes, der dem Abraham als der Engel des HErrn mit zween erſchaffnen Engeln erſchienen war c. 18.) Schwe- fel und Feuer regnen von dem HErrn (dem Vater, und nach der Einigkeit des Weſens auch von dem heiligen Geiſte; obwol dieſer ſeinem [Spaltenumbruch]
Amte nach eigentlich das Gericht nicht fuͤhret, ſondern vielmehr den Vater und Sohn durch Application der Gnade verklaͤret Joh. 16, 14. 2 Cor. 3, 18.) Alſo auch 2 B. Moſ. 24, 1. Und zu Moſe ſprach er (der HERR) ſteig hin- auf zu dem HErrn. Und ob denn nun gleich der Vater iſt HERR, oder Jehovah, der Sohn iſt HERR, und der heilige Geiſt iſt HERR; ſo ſind doch dem Weſen nach nicht drey HErren ſondern nur einer, nach 5 B. Moſ. 6, 4. Der HErr, unſer GOtt, iſt ein einiger GOtt; ſintemal dieſe drey Goͤttliche Perſonen eines Weſens ſind. Welches ein groſſes Geheim- niß, aber doch ohne Contradiction iſt. Denn wir ſagen und glauben nicht, daß drey Perſo- nen eine Perſon, oder die Einheit eine Drey- heit ſey, ſondern dieſes, daß in der Einheit des Weſens eine Dreyheit der Perſonen ſich finde. Welches zwar uͤber allen unſern Begrif gehet, da wir dergleichen in den Geſchoͤpfen nicht fin- den, und der Schoͤpfer dieſes allein beſonders hat: aber es iſt doch nicht contradictoriſch. Und da wir unzehlige Dinge, die doch in dem Reiche der Natur wircklich ſind, oder geſchehen, gar nicht begreifen koͤnnen; was iſt es denn Wun- der, daß die Geheimniſſe des Glaubens uͤber un- ſern Begrif gehen?
Das Andere Capitel, Darinnen Der Apoſtel dem Timotheo eine gute Paſtoral-Inſtruction giebt/ wie er die Lehrer zu beſtellen/ geduldig zu leiden/ dabey die Auferſte- hung Chriſti im Gedaͤchtniß zu halten/ ſich als einen rechtſchafnen Arbei- ter zu erweiſen/ und des ungoͤttlichen loſen Geſchwaͤtzes ſich zu ent- ſchlagen habe u. ſ. w.
[Spaltenumbruch]
V. 1.
SO ſey nun (in der Vorſtellung, wie ſo manche ſchwach worden aus ihrer eignen Schuld c. 1, 15.) ſtarck (gleichwie du vorlaͤngſt ſchon wircklich geſalbet und durch die Salbung geſtaͤrcket biſt; ſo ſiehe dahin, daß dieſe dir beygelegte Staͤrcke in dir erhalten, vermehret und wohl angeleget werde: welches geſchehen wird, wenn du die Gnaden-Gabe die in dir iſt, fein fleißig erwe- ckeſt, und wenn du die dir anvertraute Beylage durch getreue Anwendung wohl bewahreſt: und ſo wird ſich denn deine Staͤrcke ferner darinnen beweiſen, daß du dich des Evangelii und meiner nicht ſchaͤmeſt, ſondern in der Gemeinſchaft der Leiden bleibeſt:) mein Sohn (an welchen ich dieſe Ermunterung mit vaͤterlicher Liebe thue) durch die Gnade (die da alſo gegruͤndet iſt) in Chriſto JEſu (daß wir durch dieſelbe auch in der Gemeinſchaft Chriſti ſtehen: wie denn niemand die Gnade von Chriſto empfaͤhet, der nicht dadurch ſich will zur Vereinigung mit [Spaltenumbruch]
Chꝛiſto bringen laſſen, daß er auch in Chriſto ſey.
Anmerckungen.
1. Jmmer von der menſchlichen Schwach- heit und Unvollkommenheit reden, ſonderlich alsdenn, wenn man ernſtlich ermahnet wird, auch nur einen rechten Anfang des thaͤtigen Chriſten- thums zu machen, iſt ein gewiſſes Zeichen ſolcher Menſchen, die weder bekehret ſind, noch ſich durch GOttes Gnade bekehren wollen. Denn wahrer Chriſten Eigenſchaft iſt, daß, da ſie von Natur ſchwach, ja gar erſtorben ſind zu allem guten, ſie ſtarck werden: wie denn dieſes auch ihr Name der Chriſten, oder Geſalbten, mit ſich bringet. Man ſehe unter andern 1 Cor. 15, 58. c. 16, 13. Eph. 3, 16. c. 6, 10. u. f.
2. Die geiſtliche Staͤrckung kan durch nichts, als durch GOttes Gnade, erlanget werden. Und ob man ſich auch gleich mancher Ubung dabey billig bedienet, als der Pruͤfung ſeiner ſelbſt, des Gebets, der Betrachtung des goͤttlichen Worts, u. ſ. w. ſo ſind doch dieſe Mit- tel uns eben zu der Ordnung angewieſen, in wel- cher wir der Gnade koͤnnen theilhaftig werden
und
U 2
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[155/0157]
Cap. 1. v. 18. C. 2. 5. v. 1. an den Timotheum.
V. 18.
Der HErr (JEſus Chriſtus) gebe ihm,
daß er finde Barmhertzigkeit (und aus der-
ſelben eine reiche Gnaden-Belohnung fuͤr ſolche
ſeine Treue nach Matth. 5, 7.) an jenem Tage
(des groſſen Welt-Gerichts) bey dem HErrn
(dem Vater, der das Gericht durch den Sohn
halten wird Joh. 5, 22. 27. Ap. Geſch. 17, 31.)
Und wie viel er zu Epheſo gedienet hat,
(nemlich mir und dem Reiche GOttes) das
weißt du am beſten, (als der du es ſelbſt er-
fahren haſt.)
Anmerckung.
Die Redens-Art: der HErr bey dem
HErrn darf alhier nicht erklaͤret werden nach
dem Hebraismo, daß es ſo viel ſey, als bey ſich
ſelbſt: aber wohl ſonſt aus dem Alten Teſta-
ment, alwo ſie mehrmal vorkoͤmmt von dem
Vater und Sohn, z. E. 1 B. Moſ. 19, 14. Da
ließ der HErr (der Sohn GOttes, der dem
Abraham als der Engel des HErrn mit zween
erſchaffnen Engeln erſchienen war c. 18.) Schwe-
fel und Feuer regnen von dem HErrn (dem
Vater, und nach der Einigkeit des Weſens auch
von dem heiligen Geiſte; obwol dieſer ſeinem
Amte nach eigentlich das Gericht nicht fuͤhret,
ſondern vielmehr den Vater und Sohn durch
Application der Gnade verklaͤret Joh. 16, 14.
2 Cor. 3, 18.) Alſo auch 2 B. Moſ. 24, 1. Und
zu Moſe ſprach er (der HERR) ſteig hin-
auf zu dem HErrn. Und ob denn nun gleich
der Vater iſt HERR, oder Jehovah, der Sohn
iſt HERR, und der heilige Geiſt iſt HERR;
ſo ſind doch dem Weſen nach nicht drey HErren
ſondern nur einer, nach 5 B. Moſ. 6, 4. Der
HErr, unſer GOtt, iſt ein einiger GOtt;
ſintemal dieſe drey Goͤttliche Perſonen eines
Weſens ſind. Welches ein groſſes Geheim-
niß, aber doch ohne Contradiction iſt. Denn
wir ſagen und glauben nicht, daß drey Perſo-
nen eine Perſon, oder die Einheit eine Drey-
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Weſens eine Dreyheit der Perſonen ſich finde.
Welches zwar uͤber allen unſern Begrif gehet,
da wir dergleichen in den Geſchoͤpfen nicht fin-
den, und der Schoͤpfer dieſes allein beſonders
hat: aber es iſt doch nicht contradictoriſch.
Und da wir unzehlige Dinge, die doch in dem
Reiche der Natur wircklich ſind, oder geſchehen,
gar nicht begreifen koͤnnen; was iſt es denn Wun-
der, daß die Geheimniſſe des Glaubens uͤber un-
ſern Begrif gehen?
Das Andere Capitel,
Darinnen
Der Apoſtel dem Timotheo eine gute Paſtoral-Inſtruction
giebt/ wie er die Lehrer zu beſtellen/ geduldig zu leiden/ dabey die Auferſte-
hung Chriſti im Gedaͤchtniß zu halten/ ſich als einen rechtſchafnen Arbei-
ter zu erweiſen/ und des ungoͤttlichen loſen Geſchwaͤtzes ſich zu ent-
ſchlagen habe u. ſ. w.
V. 1.
SO ſey nun (in der Vorſtellung,
wie ſo manche ſchwach worden
aus ihrer eignen Schuld c. 1, 15.)
ſtarck (gleichwie du vorlaͤngſt
ſchon wircklich geſalbet und durch
die Salbung geſtaͤrcket biſt; ſo
ſiehe dahin, daß dieſe dir beygelegte Staͤrcke in
dir erhalten, vermehret und wohl angeleget
werde: welches geſchehen wird, wenn du die
Gnaden-Gabe die in dir iſt, fein fleißig erwe-
ckeſt, und wenn du die dir anvertraute Beylage
durch getreue Anwendung wohl bewahreſt: und
ſo wird ſich denn deine Staͤrcke ferner darinnen
beweiſen, daß du dich des Evangelii und meiner
nicht ſchaͤmeſt, ſondern in der Gemeinſchaft der
Leiden bleibeſt:) mein Sohn (an welchen ich
dieſe Ermunterung mit vaͤterlicher Liebe thue)
durch die Gnade (die da alſo gegruͤndet iſt)
in Chriſto JEſu (daß wir durch dieſelbe auch
in der Gemeinſchaft Chriſti ſtehen: wie denn
niemand die Gnade von Chriſto empfaͤhet, der
nicht dadurch ſich will zur Vereinigung mit
Chꝛiſto bringen laſſen, daß er auch in Chriſto ſey.
Anmerckungen.
1. Jmmer von der menſchlichen Schwach-
heit und Unvollkommenheit reden, ſonderlich
alsdenn, wenn man ernſtlich ermahnet wird, auch
nur einen rechten Anfang des thaͤtigen Chriſten-
thums zu machen, iſt ein gewiſſes Zeichen ſolcher
Menſchen, die weder bekehret ſind, noch ſich
durch GOttes Gnade bekehren wollen. Denn
wahrer Chriſten Eigenſchaft iſt, daß, da ſie von
Natur ſchwach, ja gar erſtorben ſind zu allem
guten, ſie ſtarck werden: wie denn dieſes auch
ihr Name der Chriſten, oder Geſalbten, mit
ſich bringet. Man ſehe unter andern 1 Cor. 15,
58. c. 16, 13. Eph. 3, 16. c. 6, 10. u. f.
2. Die geiſtliche Staͤrckung kan durch
nichts, als durch GOttes Gnade, erlanget
werden. Und ob man ſich auch gleich mancher
Ubung dabey billig bedienet, als der Pruͤfung
ſeiner ſelbſt, des Gebets, der Betrachtung des
goͤttlichen Worts, u. ſ. w. ſo ſind doch dieſe Mit-
tel uns eben zu der Ordnung angewieſen, in wel-
cher wir der Gnade koͤnnen theilhaftig werden
und
U 2
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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/157>, abgerufen am 31.10.2024.
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