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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefes Pauli C. 1. v. 6-9.
[Spaltenumbruch] nicht die Eltern. So konnte es auch einem
Christlichen Vater begegnen (wie leider noch
heutiges Tages mehrmal geschiehet,) daß bey
dem Christenthum selbst seine Kinder, oder eines
und das andere unter ihnen, ohne seine Schuld,
aus der Art schluge, und zum Aergerniße wur-
de: aber eben dadurch wurde ein Vater des
Lehr-Amts unfähig: sintemal demselben daher
ein nachtheiliger Vorwurf gemachet werden
konnte.

2. Das Wort asotia ist von grossem
Nachdruck und zeiget an einen solchen Verfall
der verderbten Natur, dadurch man sein Heyl
muthwillig verschleudert und sich gar nicht will
helfen lassen, und im Schlam der Sünde stecken
bleibet.

V. 7.

Denn ein Bischof soll untadelich seyn,
so wol was seine eigene Person, als auch seine
Familie betrift,) als ein Haushalter GOttes
(Matth. 24, 45. 1 Cor. 4, 1. 1 Tim. 3, 15.) nicht
eigensinnig
(me authade, nicht ihm selbst gefäl-
lig, und daher herrschsüchtig, der sich nicht nach
der Apostolischen Vorschrift und dem göttlichen
Worte richte, sondern alles, oder doch diß und
das nur nach seinem eignen Kopfe haben wolle)
nicht zornig (der, wenn etwas nicht nach sei-
nem Sinne ist, mit Hitze den Worten und Ge-
berden nach in Heftigkeit ausbreche, und mit
seinem fleischlichen Eifer übel nur noch ärger
mache und Aergernisse anrichte, sondern dage-
gen zwar ernsthaftig, aber doch gelinde, und
sanftmüthig und ein Herr über seine Affecten
sey:) nicht ein Weinsäufer (der solches we-
der in einer Gesellschaft, noch daheim auf seine
eigene Hand sey, und einen Bauch-Diener ab-
gebe) nicht pochen (me plekten, nicht ein
Schläger, der nicht mit Scheltworten, viel-
weniger mit der Faust iemand schlage) nicht
unehrliche Handthierung treiben
(nicht
dem Geitz ergeben sey, und zwar auf eine solche
Art des äusserlichen Gewerbes, welches seinem
Amte und daher auch seiner Person unanstän-
dig sey und beydes verächtlich mache.)

Anmerckung.

Daß ein Bischof und ein Aeltester einer-
ley sey, sehen wir auch alhier gar deutlich, da der
Apostel einen ieglichen der zu bestellenden Ael-
testen einen Bischof nennet. Siehe desglei-
chen Ap. Gesch. 20, 17. 28. Phil. 1, 1. 1 Tim. 3,
1. 2. Bischöfe heissen sie von dem Amte ihrer
Aufsicht auf die Gemeine: Aeltesten von dem
Alter, welches sie, so viel möglich war, nach der
Natur und Gnade haben musten.

V. 8.

Sondern gastfrey (der sich der Fremden,
welche um des Namens Christi willen anderswo
verjaget waren, getreulich annehme und ihnen
mit seiner Vorsprache bey der Gemeine die nö-
thige Verpflegung schaffe) gütig (philagathon,
der die guten oder GOtt ergebnen Menschen
und alles Gute an ihnen also liebe, daß er es auch
[Spaltenumbruch] nach allem Vermögen besordere und sich freue,
wenn er etwas gutes höret, und es befordern
kan) züchtig (sophrona, nüchtern am Gemüthe,
und also weise und verständig, der in allen Din-
gen nach dem Geiste tou~ sophronismou~ 2 Tim. 1,
7. der weisen Mäßigung, wisse die rechte Mas-
se zu halten, daß er nicht zu viel und zu wenig
thue) gerecht (der mit seinem Nächsten nach
aller Billigkeit handele) heilig (in Ansehen
auf GOTT, daß er seinen Wandel mit heili-
ger Furcht in der Allgegenwart GOttes führe)
keusch (in Ansehung seiner selbst, daß er die Lü-
ste des Fleisches nicht allein nicht ausbrechen
lasse zum Aergerniß, sondern auch innerlich be-
herrsche und dämpfe, und sich also nach Seel
und Leib unbefleckt vor den reinen Augen des all-
sehenden GOttes halte.

V. 9.

Der da halte (mit aller Vestigkeit und
Beständigkeit) ob dem Worte, das gewiß
ist und lehren kan
(tou~ kata ten didakhen pisou~
logou, ob dem sichern und glaubwürdigen Wor-
te der geoffenbarten Wahrheit, welches sich zur
Lehre so wohl schicket, daß er allen zum Glau-
ben und zum Leben nöthigen Unterricht für sich
und andere daher nehmen kan) daß er mäch-
tig
(mit Geist und Kraft ausgerüstet) sey, zu
ermahnen in der heilsamen Lehre
(dieselbe
bey denen, welche ihr zugethan sind, zur rech-
ten Ubung zu bringen) und zu strafen, (eleg-
khein, mit Uberzeugung von ihren Jrrthümern
und Abwegen zu widerlegen) die Wider-
sprecher.

Anmerckungen.

1. Jm Griechischen ist die von Luthero aus-
gelassene particula kai vor dem Wort para-
kalei~n wohl zu mercken. Denn sie stehet in ge-
nauer Verbindung mit der vor dem Worte
elegkhein gesetzten particul: und könnte der
Text füglich gegeben werden: auf daß er mäch-
tig sey, beydes zu ermahnen und zu strafen,
oder so wol zu ermahnen, als die Wider-
sprecher zn bestrafen.

2. Daß man mächtig sey zu ermahnen und
zu strafen, dazu gehören drey Stücke, das erste,
daß man in GOttes Wort wohl beschlagen sey;
welches man ist, wenn man fein vest darob hält
und es selbst zu seiner täglichen Nahrung ge-
brauchet: das andere, daß man die Kraft des
Worts und der Wahrheit selbst recht lebendig
empfinde, und vom Geiste GOttes in eine gehö-
rige Glaubens-Freudigkeit gesetzet sey, und aus
der Fülle des Hertzens mit einem recht lebhaf-
ten und geheiligten Affect reden könne: und
denn drittens, daß man die Gabe habe, eine
Sache nach dem Worte GOttes und nach sol-
chem guten Grunde des Hertzens ordentlich,
deutlich und mit ihren Gründen beweglich und
überzeugend vorzutragen. Also lehrete Chri-
stus, nemlich [fremdsprachliches Material]s exousian ekhan, gewaltig, nicht
wie die Schriftgelehrten
Matth. 7, 28. 29.
Joh. 7, 46. So lehrete Petrus am ersten Pfingst-
Tage nach der Auferstehung Christi, daß es

den

Erklaͤrung des Briefes Pauli C. 1. v. 6-9.
[Spaltenumbruch] nicht die Eltern. So konnte es auch einem
Chriſtlichen Vater begegnen (wie leider noch
heutiges Tages mehrmal geſchiehet,) daß bey
dem Chriſtenthum ſelbſt ſeine Kinder, oder eines
und das andere unter ihnen, ohne ſeine Schuld,
aus der Art ſchluge, und zum Aergerniße wur-
de: aber eben dadurch wurde ein Vater des
Lehr-Amts unfaͤhig: ſintemal demſelben daher
ein nachtheiliger Vorwurf gemachet werden
konnte.

2. Das Wort ἀσωτία iſt von groſſem
Nachdruck und zeiget an einen ſolchen Verfall
der verderbten Natur, dadurch man ſein Heyl
muthwillig verſchleudert und ſich gar nicht will
helfen laſſen, und im Schlam der Suͤnde ſtecken
bleibet.

V. 7.

Denn ein Biſchof ſoll untadelich ſeyn,
ſo wol was ſeine eigene Perſon, als auch ſeine
Familie betrift,) als ein Haushalter GOttes
(Matth. 24, 45. 1 Cor. 4, 1. 1 Tim. 3, 15.) nicht
eigenſinnig
(μὴ ἀυθάδη, nicht ihm ſelbſt gefaͤl-
lig, und daher herrſchſuͤchtig, der ſich nicht nach
der Apoſtoliſchen Vorſchrift und dem goͤttlichen
Worte richte, ſondern alles, oder doch diß und
das nur nach ſeinem eignen Kopfe haben wolle)
nicht zornig (der, wenn etwas nicht nach ſei-
nem Sinne iſt, mit Hitze den Worten und Ge-
berden nach in Heftigkeit ausbreche, und mit
ſeinem fleiſchlichen Eifer uͤbel nur noch aͤrger
mache und Aergerniſſe anrichte, ſondern dage-
gen zwar ernſthaftig, aber doch gelinde, und
ſanftmuͤthig und ein Herr uͤber ſeine Affecten
ſey:) nicht ein Weinſaͤufer (der ſolches we-
der in einer Geſellſchaft, noch daheim auf ſeine
eigene Hand ſey, und einen Bauch-Diener ab-
gebe) nicht pochen (μὴ πλήκτην, nicht ein
Schlaͤger, der nicht mit Scheltworten, viel-
weniger mit der Fauſt iemand ſchlage) nicht
unehrliche Handthierung treiben
(nicht
dem Geitz ergeben ſey, und zwar auf eine ſolche
Art des aͤuſſerlichen Gewerbes, welches ſeinem
Amte und daher auch ſeiner Perſon unanſtaͤn-
dig ſey und beydes veraͤchtlich mache.)

Anmerckung.

Daß ein Biſchof und ein Aelteſter einer-
ley ſey, ſehen wir auch alhier gar deutlich, da der
Apoſtel einen ieglichen der zu beſtellenden Ael-
teſten einen Biſchof nennet. Siehe desglei-
chen Ap. Geſch. 20, 17. 28. Phil. 1, 1. 1 Tim. 3,
1. 2. Biſchoͤfe heiſſen ſie von dem Amte ihrer
Aufſicht auf die Gemeine: Aelteſten von dem
Alter, welches ſie, ſo viel moͤglich war, nach der
Natur und Gnade haben muſten.

V. 8.

Sondern gaſtfrey (der ſich der Fremden,
welche um des Namens Chriſti willen anderswo
verjaget waren, getreulich annehme und ihnen
mit ſeiner Vorſprache bey der Gemeine die noͤ-
thige Verpflegung ſchaffe) guͤtig (φιλάγαθον,
der die guten oder GOtt ergebnen Menſchen
und alles Gute an ihnen alſo liebe, daß er es auch
[Spaltenumbruch] nach allem Vermoͤgen beſordere und ſich freue,
wenn er etwas gutes hoͤret, und es befordern
kan) zuͤchtig (σώφρονα, nuͤchtern am Gemuͤthe,
und alſo weiſe und verſtaͤndig, der in allen Din-
gen nach dem Geiſte του῀ σωϕρονισμου῀ 2 Tim. 1,
7. der weiſen Maͤßigung, wiſſe die rechte Maſ-
ſe zu halten, daß er nicht zu viel und zu wenig
thue) gerecht (der mit ſeinem Naͤchſten nach
aller Billigkeit handele) heilig (in Anſehen
auf GOTT, daß er ſeinen Wandel mit heili-
ger Furcht in der Allgegenwart GOttes fuͤhre)
keuſch (in Anſehung ſeiner ſelbſt, daß er die Luͤ-
ſte des Fleiſches nicht allein nicht ausbrechen
laſſe zum Aergerniß, ſondern auch innerlich be-
herrſche und daͤmpfe, und ſich alſo nach Seel
und Leib unbefleckt vor den reinen Augen des all-
ſehenden GOttes halte.

V. 9.

Der da halte (mit aller Veſtigkeit und
Beſtaͤndigkeit) ob dem Worte, das gewiß
iſt und lehren kan
(του῀ κατὰ τὴν διδαχὴν πιςου῀
λόγου, ob dem ſichern und glaubwuͤrdigen Wor-
te der geoffenbarten Wahrheit, welches ſich zur
Lehre ſo wohl ſchicket, daß er allen zum Glau-
ben und zum Leben noͤthigen Unterricht fuͤr ſich
und andere daher nehmen kan) daß er maͤch-
tig
(mit Geiſt und Kraft ausgeruͤſtet) ſey, zu
ermahnen in der heilſamen Lehre
(dieſelbe
bey denen, welche ihr zugethan ſind, zur rech-
ten Ubung zu bringen) und zu ſtrafen, (ἐλέγ-
χειν, mit Uberzeugung von ihren Jrrthuͤmern
und Abwegen zu widerlegen) die Wider-
ſprecher.

Anmerckungen.

1. Jm Griechiſchen iſt die von Luthero aus-
gelaſſene particula καὶ vor dem Wort παρα-
καλει῀ν wohl zu mercken. Denn ſie ſtehet in ge-
nauer Verbindung mit der vor dem Worte
ἐλέγχειν geſetzten particul: und koͤnnte der
Text fuͤglich gegeben werden: auf daß er maͤch-
tig ſey, beydes zu ermahnen und zu ſtrafen,
oder ſo wol zu ermahnen, als die Wider-
ſprecher zn beſtrafen.

2. Daß man maͤchtig ſey zu ermahnen und
zu ſtrafen, dazu gehoͤren drey Stuͤcke, das erſte,
daß man in GOttes Wort wohl beſchlagen ſey;
welches man iſt, wenn man fein veſt darob haͤlt
und es ſelbſt zu ſeiner taͤglichen Nahrung ge-
brauchet: das andere, daß man die Kraft des
Worts und der Wahrheit ſelbſt recht lebendig
empfinde, und vom Geiſte GOttes in eine gehoͤ-
rige Glaubens-Freudigkeit geſetzet ſey, und aus
der Fuͤlle des Hertzens mit einem recht lebhaf-
ten und geheiligten Affect reden koͤnne: und
denn drittens, daß man die Gabe habe, eine
Sache nach dem Worte GOttes und nach ſol-
chem guten Grunde des Hertzens ordentlich,
deutlich und mit ihren Gruͤnden beweglich und
uͤberzeugend vorzutragen. Alſo lehrete Chri-
ſtus, nemlich [fremdsprachliches Material]ς ἐξουσίαν ἔχαν, gewaltig, nicht
wie die Schriftgelehrten
Matth. 7, 28. 29.
Joh. 7, 46. So lehrete Petrus am erſten Pfingſt-
Tage nach der Auferſtehung Chriſti, daß es

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[198/0200] Erklaͤrung des Briefes Pauli C. 1. v. 6-9. nicht die Eltern. So konnte es auch einem Chriſtlichen Vater begegnen (wie leider noch heutiges Tages mehrmal geſchiehet,) daß bey dem Chriſtenthum ſelbſt ſeine Kinder, oder eines und das andere unter ihnen, ohne ſeine Schuld, aus der Art ſchluge, und zum Aergerniße wur- de: aber eben dadurch wurde ein Vater des Lehr-Amts unfaͤhig: ſintemal demſelben daher ein nachtheiliger Vorwurf gemachet werden konnte. 2. Das Wort ἀσωτία iſt von groſſem Nachdruck und zeiget an einen ſolchen Verfall der verderbten Natur, dadurch man ſein Heyl muthwillig verſchleudert und ſich gar nicht will helfen laſſen, und im Schlam der Suͤnde ſtecken bleibet. V. 7. Denn ein Biſchof ſoll untadelich ſeyn, ſo wol was ſeine eigene Perſon, als auch ſeine Familie betrift,) als ein Haushalter GOttes (Matth. 24, 45. 1 Cor. 4, 1. 1 Tim. 3, 15.) nicht eigenſinnig (μὴ ἀυθάδη, nicht ihm ſelbſt gefaͤl- lig, und daher herrſchſuͤchtig, der ſich nicht nach der Apoſtoliſchen Vorſchrift und dem goͤttlichen Worte richte, ſondern alles, oder doch diß und das nur nach ſeinem eignen Kopfe haben wolle) nicht zornig (der, wenn etwas nicht nach ſei- nem Sinne iſt, mit Hitze den Worten und Ge- berden nach in Heftigkeit ausbreche, und mit ſeinem fleiſchlichen Eifer uͤbel nur noch aͤrger mache und Aergerniſſe anrichte, ſondern dage- gen zwar ernſthaftig, aber doch gelinde, und ſanftmuͤthig und ein Herr uͤber ſeine Affecten ſey:) nicht ein Weinſaͤufer (der ſolches we- der in einer Geſellſchaft, noch daheim auf ſeine eigene Hand ſey, und einen Bauch-Diener ab- gebe) nicht pochen (μὴ πλήκτην, nicht ein Schlaͤger, der nicht mit Scheltworten, viel- weniger mit der Fauſt iemand ſchlage) nicht unehrliche Handthierung treiben (nicht dem Geitz ergeben ſey, und zwar auf eine ſolche Art des aͤuſſerlichen Gewerbes, welches ſeinem Amte und daher auch ſeiner Perſon unanſtaͤn- dig ſey und beydes veraͤchtlich mache.) Anmerckung. Daß ein Biſchof und ein Aelteſter einer- ley ſey, ſehen wir auch alhier gar deutlich, da der Apoſtel einen ieglichen der zu beſtellenden Ael- teſten einen Biſchof nennet. Siehe desglei- chen Ap. Geſch. 20, 17. 28. Phil. 1, 1. 1 Tim. 3, 1. 2. Biſchoͤfe heiſſen ſie von dem Amte ihrer Aufſicht auf die Gemeine: Aelteſten von dem Alter, welches ſie, ſo viel moͤglich war, nach der Natur und Gnade haben muſten. V. 8. Sondern gaſtfrey (der ſich der Fremden, welche um des Namens Chriſti willen anderswo verjaget waren, getreulich annehme und ihnen mit ſeiner Vorſprache bey der Gemeine die noͤ- thige Verpflegung ſchaffe) guͤtig (φιλάγαθον, der die guten oder GOtt ergebnen Menſchen und alles Gute an ihnen alſo liebe, daß er es auch nach allem Vermoͤgen beſordere und ſich freue, wenn er etwas gutes hoͤret, und es befordern kan) zuͤchtig (σώφρονα, nuͤchtern am Gemuͤthe, und alſo weiſe und verſtaͤndig, der in allen Din- gen nach dem Geiſte του῀ σωϕρονισμου῀ 2 Tim. 1, 7. der weiſen Maͤßigung, wiſſe die rechte Maſ- ſe zu halten, daß er nicht zu viel und zu wenig thue) gerecht (der mit ſeinem Naͤchſten nach aller Billigkeit handele) heilig (in Anſehen auf GOTT, daß er ſeinen Wandel mit heili- ger Furcht in der Allgegenwart GOttes fuͤhre) keuſch (in Anſehung ſeiner ſelbſt, daß er die Luͤ- ſte des Fleiſches nicht allein nicht ausbrechen laſſe zum Aergerniß, ſondern auch innerlich be- herrſche und daͤmpfe, und ſich alſo nach Seel und Leib unbefleckt vor den reinen Augen des all- ſehenden GOttes halte. V. 9. Der da halte (mit aller Veſtigkeit und Beſtaͤndigkeit) ob dem Worte, das gewiß iſt und lehren kan (του῀ κατὰ τὴν διδαχὴν πιςου῀ λόγου, ob dem ſichern und glaubwuͤrdigen Wor- te der geoffenbarten Wahrheit, welches ſich zur Lehre ſo wohl ſchicket, daß er allen zum Glau- ben und zum Leben noͤthigen Unterricht fuͤr ſich und andere daher nehmen kan) daß er maͤch- tig (mit Geiſt und Kraft ausgeruͤſtet) ſey, zu ermahnen in der heilſamen Lehre (dieſelbe bey denen, welche ihr zugethan ſind, zur rech- ten Ubung zu bringen) und zu ſtrafen, (ἐλέγ- χειν, mit Uberzeugung von ihren Jrrthuͤmern und Abwegen zu widerlegen) die Wider- ſprecher. Anmerckungen. 1. Jm Griechiſchen iſt die von Luthero aus- gelaſſene particula καὶ vor dem Wort παρα- καλει῀ν wohl zu mercken. Denn ſie ſtehet in ge- nauer Verbindung mit der vor dem Worte ἐλέγχειν geſetzten particul: und koͤnnte der Text fuͤglich gegeben werden: auf daß er maͤch- tig ſey, beydes zu ermahnen und zu ſtrafen, oder ſo wol zu ermahnen, als die Wider- ſprecher zn beſtrafen. 2. Daß man maͤchtig ſey zu ermahnen und zu ſtrafen, dazu gehoͤren drey Stuͤcke, das erſte, daß man in GOttes Wort wohl beſchlagen ſey; welches man iſt, wenn man fein veſt darob haͤlt und es ſelbſt zu ſeiner taͤglichen Nahrung ge- brauchet: das andere, daß man die Kraft des Worts und der Wahrheit ſelbſt recht lebendig empfinde, und vom Geiſte GOttes in eine gehoͤ- rige Glaubens-Freudigkeit geſetzet ſey, und aus der Fuͤlle des Hertzens mit einem recht lebhaf- ten und geheiligten Affect reden koͤnne: und denn drittens, daß man die Gabe habe, eine Sache nach dem Worte GOttes und nach ſol- chem guten Grunde des Hertzens ordentlich, deutlich und mit ihren Gruͤnden beweglich und uͤberzeugend vorzutragen. Alſo lehrete Chri- ſtus, nemlich _ ς ἐξουσίαν ἔχαν, gewaltig, nicht wie die Schriftgelehrten Matth. 7, 28. 29. Joh. 7, 46. So lehrete Petrus am erſten Pfingſt- Tage nach der Auferſtehung Chriſti, daß es den

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/200>, abgerufen am 31.10.2024.