theil vor den Studenten voraus, daß sie selbige immer mit Leidenschaft treiben. Liebe und Liebestrost ist das Amt der Frauen, in ihrer Nähe fühlt sich der unglück¬ lichste Liebhaber in weicherer Luft. Der Begriff von Untreue existirt zudem bei mir nicht. Das ist der tra¬ gische Widerspruch mit meinem Versprechen an Clara, welcher den letzten Akt meiner Tragödie im Schooße trägt. Ich bin der Liebe treu, nicht aber der Geliebten. Weil ich eben die Liebe liebte, so liebte ich die schöne Alberta, die muntre, geistreiche Camilla. Meine Weh¬ muth schüttelte den düstern Morgennebel von den Schwin¬ gen, flatterte wie ein erwachtes Vöglein mit den Mäd¬ chen hinaus in den Garten und Abend. Sie waren freundlicher, inniger denn je gegen mich, weil sie mein¬ ten, ich sei es; der warme Gewitterregen müßte mein Herz befruchtet haben, das sonst ohne Grün und Blät¬ ter nur kühle Worte zu sprechen pflege. Leopold hüpfte herum wie ein kleiner Flamingo, der seine Farbenpracht in wehenden Flügeln schillern läßt. Wenn mein Gefühl Feiertag hält, reich' ich ihm gern dieses kleine duftende Riechfläschchen, und wenn der Herbst einen sonnigen war¬ men Tag bringt, da werden die Menschen alle wärmer und poetischer als im stets heißen Juni, denn die Ueber¬
theil vor den Studenten voraus, daß ſie ſelbige immer mit Leidenſchaft treiben. Liebe und Liebestroſt iſt das Amt der Frauen, in ihrer Nähe fühlt ſich der unglück¬ lichſte Liebhaber in weicherer Luft. Der Begriff von Untreue exiſtirt zudem bei mir nicht. Das iſt der tra¬ giſche Widerſpruch mit meinem Verſprechen an Clara, welcher den letzten Akt meiner Tragödie im Schooße trägt. Ich bin der Liebe treu, nicht aber der Geliebten. Weil ich eben die Liebe liebte, ſo liebte ich die ſchöne Alberta, die muntre, geiſtreiche Camilla. Meine Weh¬ muth ſchüttelte den düſtern Morgennebel von den Schwin¬ gen, flatterte wie ein erwachtes Vöglein mit den Mäd¬ chen hinaus in den Garten und Abend. Sie waren freundlicher, inniger denn je gegen mich, weil ſie mein¬ ten, ich ſei es; der warme Gewitterregen müßte mein Herz befruchtet haben, das ſonſt ohne Grün und Blät¬ ter nur kühle Worte zu ſprechen pflege. Leopold hüpfte herum wie ein kleiner Flamingo, der ſeine Farbenpracht in wehenden Flügeln ſchillern läßt. Wenn mein Gefühl Feiertag hält, reich' ich ihm gern dieſes kleine duftende Riechfläſchchen, und wenn der Herbſt einen ſonnigen war¬ men Tag bringt, da werden die Menſchen alle wärmer und poetiſcher als im ſtets heißen Juni, denn die Ueber¬
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theil vor den Studenten voraus, daß ſie ſelbige immer
mit Leidenſchaft treiben. Liebe und Liebestroſt iſt das
Amt der Frauen, in ihrer Nähe fühlt ſich der unglück¬
lichſte Liebhaber in weicherer Luft. Der Begriff von
Untreue exiſtirt zudem bei mir nicht. Das iſt der tra¬
giſche Widerſpruch mit meinem Verſprechen an Clara,
welcher den letzten Akt meiner Tragödie im Schooße
trägt. Ich bin der Liebe treu, nicht aber der Geliebten.
Weil ich eben die Liebe liebte, ſo liebte ich die ſchöne
Alberta, die muntre, geiſtreiche Camilla. Meine Weh¬
muth ſchüttelte den düſtern Morgennebel von den Schwin¬
gen, flatterte wie ein erwachtes Vöglein mit den Mäd¬
chen hinaus in den Garten und Abend. Sie waren
freundlicher, inniger denn je gegen mich, weil ſie mein¬
ten, ich ſei es; der warme Gewitterregen müßte mein
Herz befruchtet haben, das ſonſt ohne Grün und Blät¬
ter nur kühle Worte zu ſprechen pflege. Leopold hüpfte
herum wie ein kleiner Flamingo, der ſeine Farbenpracht
in wehenden Flügeln ſchillern läßt. Wenn mein Gefühl
Feiertag hält, reich' ich ihm gern dieſes kleine duftende
Riechfläſchchen, und wenn der Herbſt einen ſonnigen war¬
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0101_1833/79>, abgerufen am 14.06.2024.
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