Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

Als man die Sache näher untersuchte, sagte ein
gewisser Soldat aus, und bestätigte seine Aussage
durch einen Eid, daß ein anderer Soldat, Rust,
der Thäter sey, und daß er selbst es gesehen habe.
Rust wurde vorgefodert, und als er nichts gestehen
wollte, durch einige Unteroffiziere mit Weiden-
Stöcken so lange geschlagen, bis er hinstürzte.
Der Offizier, welcher dem Verhöre vorstund, mel-
dete dem damaligen General, dem Prinzen
Adolph von Bernburg, den Vorgang, al-
lein dieser befahl, mit dem Prügeln fortzufahren,
gesezt auch, man schlüge die Kanaille todt. Nun
gings von neuem ans Schlagen, so daß Rust
über 300 Stockschläge bekommen hat. Endlich
gestand er alles, was man gestanden haben wollte,
war aber immer nicht im Stande, das corpus de-
licti
herbeyzuschaffen. Indessen kam durch einen
Zufall heraus, daß zwey andere Soldaten den
Diebstahl begangen hatten, und daß Rust unschul-
dig war. Diese wurden bestraft, und der Auditeur
schämte sich: aber Rust erhielt keinen Ersatz für
die Schläge, welche ihn bald nachher zu allen
Diensten unfähig machten. Der Angeber, wel-
cher von jederman angespieen wurde, ward Unter-
offizier, um ihn gegen die Rachsucht seiner Kame-
raden zu sichern. Er war wegen seines Meineides
der schwersten Strafe würdig, und doch hat man

Als man die Sache naͤher unterſuchte, ſagte ein
gewiſſer Soldat aus, und beſtaͤtigte ſeine Ausſage
durch einen Eid, daß ein anderer Soldat, Ruſt,
der Thaͤter ſey, und daß er ſelbſt es geſehen habe.
Ruſt wurde vorgefodert, und als er nichts geſtehen
wollte, durch einige Unteroffiziere mit Weiden-
Stoͤcken ſo lange geſchlagen, bis er hinſtuͤrzte.
Der Offizier, welcher dem Verhoͤre vorſtund, mel-
dete dem damaligen General, dem Prinzen
Adolph von Bernburg, den Vorgang, al-
lein dieſer befahl, mit dem Pruͤgeln fortzufahren,
geſezt auch, man ſchluͤge die Kanaille todt. Nun
gings von neuem ans Schlagen, ſo daß Ruſt
uͤber 300 Stockſchlaͤge bekommen hat. Endlich
geſtand er alles, was man geſtanden haben wollte,
war aber immer nicht im Stande, das corpus de-
licti
herbeyzuſchaffen. Indeſſen kam durch einen
Zufall heraus, daß zwey andere Soldaten den
Diebſtahl begangen hatten, und daß Ruſt unſchul-
dig war. Dieſe wurden beſtraft, und der Auditeur
ſchaͤmte ſich: aber Ruſt erhielt keinen Erſatz fuͤr
die Schlaͤge, welche ihn bald nachher zu allen
Dienſten unfaͤhig machten. Der Angeber, wel-
cher von jederman angeſpieen wurde, ward Unter-
offizier, um ihn gegen die Rachſucht ſeiner Kame-
raden zu ſichern. Er war wegen ſeines Meineides
der ſchwerſten Strafe wuͤrdig, und doch hat man

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0114" n="110"/>
Als man die Sache na&#x0364;her unter&#x017F;uchte, &#x017F;agte ein<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;er Soldat aus, und be&#x017F;ta&#x0364;tigte &#x017F;eine Aus&#x017F;age<lb/>
durch einen Eid, daß ein anderer Soldat, <hi rendition="#g">Ru&#x017F;t</hi>,<lb/>
der Tha&#x0364;ter &#x017F;ey, und daß er &#x017F;elb&#x017F;t es ge&#x017F;ehen habe.<lb/><hi rendition="#g">Ru&#x017F;t</hi> wurde vorgefodert, und als er nichts ge&#x017F;tehen<lb/>
wollte, durch einige Unteroffiziere mit Weiden-<lb/>
Sto&#x0364;cken &#x017F;o lange ge&#x017F;chlagen, bis er hin&#x017F;tu&#x0364;rzte.<lb/>
Der Offizier, welcher dem Verho&#x0364;re vor&#x017F;tund, mel-<lb/>
dete dem damaligen General, dem Prinzen<lb/><hi rendition="#g">Adolph von Bernburg</hi>, den Vorgang, al-<lb/>
lein die&#x017F;er befahl, mit dem Pru&#x0364;geln fortzufahren,<lb/>
ge&#x017F;ezt auch, man &#x017F;chlu&#x0364;ge die Kanaille todt. Nun<lb/>
gings von neuem ans Schlagen, &#x017F;o daß <hi rendition="#g">Ru&#x017F;t</hi><lb/>
u&#x0364;ber 300 Stock&#x017F;chla&#x0364;ge bekommen hat. Endlich<lb/>
ge&#x017F;tand er alles, was man ge&#x017F;tanden haben wollte,<lb/>
war aber immer nicht im Stande, das <hi rendition="#aq">corpus de-<lb/>
licti</hi> herbeyzu&#x017F;chaffen. Inde&#x017F;&#x017F;en kam durch einen<lb/>
Zufall heraus, daß zwey andere Soldaten den<lb/>
Dieb&#x017F;tahl begangen hatten, und daß <hi rendition="#g">Ru&#x017F;t</hi> un&#x017F;chul-<lb/>
dig war. Die&#x017F;e wurden be&#x017F;traft, und der Auditeur<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;mte &#x017F;ich: aber <hi rendition="#g">Ru&#x017F;t</hi> erhielt keinen Er&#x017F;atz fu&#x0364;r<lb/>
die Schla&#x0364;ge, welche ihn bald nachher zu allen<lb/>
Dien&#x017F;ten unfa&#x0364;hig machten. Der Angeber, wel-<lb/>
cher von jederman ange&#x017F;pieen wurde, ward Unter-<lb/>
offizier, um ihn gegen die Rach&#x017F;ucht &#x017F;einer Kame-<lb/>
raden zu &#x017F;ichern. Er war wegen &#x017F;eines Meineides<lb/>
der &#x017F;chwer&#x017F;ten Strafe wu&#x0364;rdig, und doch hat man<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[110/0114] Als man die Sache naͤher unterſuchte, ſagte ein gewiſſer Soldat aus, und beſtaͤtigte ſeine Ausſage durch einen Eid, daß ein anderer Soldat, Ruſt, der Thaͤter ſey, und daß er ſelbſt es geſehen habe. Ruſt wurde vorgefodert, und als er nichts geſtehen wollte, durch einige Unteroffiziere mit Weiden- Stoͤcken ſo lange geſchlagen, bis er hinſtuͤrzte. Der Offizier, welcher dem Verhoͤre vorſtund, mel- dete dem damaligen General, dem Prinzen Adolph von Bernburg, den Vorgang, al- lein dieſer befahl, mit dem Pruͤgeln fortzufahren, geſezt auch, man ſchluͤge die Kanaille todt. Nun gings von neuem ans Schlagen, ſo daß Ruſt uͤber 300 Stockſchlaͤge bekommen hat. Endlich geſtand er alles, was man geſtanden haben wollte, war aber immer nicht im Stande, das corpus de- licti herbeyzuſchaffen. Indeſſen kam durch einen Zufall heraus, daß zwey andere Soldaten den Diebſtahl begangen hatten, und daß Ruſt unſchul- dig war. Dieſe wurden beſtraft, und der Auditeur ſchaͤmte ſich: aber Ruſt erhielt keinen Erſatz fuͤr die Schlaͤge, welche ihn bald nachher zu allen Dienſten unfaͤhig machten. Der Angeber, wel- cher von jederman angeſpieen wurde, ward Unter- offizier, um ihn gegen die Rachſucht ſeiner Kame- raden zu ſichern. Er war wegen ſeines Meineides der ſchwerſten Strafe wuͤrdig, und doch hat man

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/114
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/114>, abgerufen am 01.06.2024.