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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.

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zu sorgen, deren Mitglieder und Vorsteher ich
zum Theil gering schätze, und zum Theil von
Herzen verachte und verabscheue? -- Eine Gesell-
schaft, welche durch ein festes Band verknüpft
seyn soll, muß durchaus gleiche Gesinnungen,
gleiches Interesse haben; und die Weisen haben
es längst bewiesen, daß diese gleiche Gesinnun-
gen, dieses gleiche Interesse nur tugendhaft d. i.
den allgemeinen Gesetzen gemäß seyn können.

Ich mag meine Leser mit weitläufigern Be-
trachtungen über diesen so wichtigen Punkt nicht
aufhalten; aber so viel, glaube ich, wird aus
dem Gesagten klar: daß die neuere Einrichtung
in Frankreich, die Eintracht der Bürger und das
gemeinschaftliche Band unter denselben weit mehr
begünstige, als alle unsre Sittenlehren, Gesetz-
bücher, Predigten, Beichtstühle, und wie die
moralischen Eselsbrücken sonst heißen mögen.

Um den Bürgersinn in Frankreich immer mehr
zu befestigen, ließen die Jakobiner es sich ange-
legen seyn, ihre Grundsätze auch durch theatra-
lische Vorstellungen auszubreiten. Daher wur-
den alle jene Schauspiele, worin Könige, Prin-
zen und sonst Große mit schönen Karakteren vor-
kamen, sofort verboten, und blos solche zugelas-
sen, in welchen Haß und Abscheu gegen die
Despotie hervorstach, z. B. der Tod des Cäsars,

zu ſorgen, deren Mitglieder und Vorſteher ich
zum Theil gering ſchaͤtze, und zum Theil von
Herzen verachte und verabſcheue? — Eine Geſell-
ſchaft, welche durch ein feſtes Band verknuͤpft
ſeyn ſoll, muß durchaus gleiche Geſinnungen,
gleiches Intereſſe haben; und die Weiſen haben
es laͤngſt bewieſen, daß dieſe gleiche Geſinnun-
gen, dieſes gleiche Intereſſe nur tugendhaft d. i.
den allgemeinen Geſetzen gemaͤß ſeyn koͤnnen.

Ich mag meine Leſer mit weitlaͤufigern Be-
trachtungen uͤber dieſen ſo wichtigen Punkt nicht
aufhalten; aber ſo viel, glaube ich, wird aus
dem Geſagten klar: daß die neuere Einrichtung
in Frankreich, die Eintracht der Buͤrger und das
gemeinſchaftliche Band unter denſelben weit mehr
beguͤnſtige, als alle unſre Sittenlehren, Geſetz-
buͤcher, Predigten, Beichtſtuͤhle, und wie die
moraliſchen Eſelsbruͤcken ſonſt heißen moͤgen.

Um den Buͤrgerſinn in Frankreich immer mehr
zu befeſtigen, ließen die Jakobiner es ſich ange-
legen ſeyn, ihre Grundſaͤtze auch durch theatra-
liſche Vorſtellungen auszubreiten. Daher wur-
den alle jene Schauſpiele, worin Koͤnige, Prin-
zen und ſonſt Große mit ſchoͤnen Karakteren vor-
kamen, ſofort verboten, und blos ſolche zugelaſ-
ſen, in welchen Haß und Abſcheu gegen die
Deſpotie hervorſtach, z. B. der Tod des Caͤſars,

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[126/0130] zu ſorgen, deren Mitglieder und Vorſteher ich zum Theil gering ſchaͤtze, und zum Theil von Herzen verachte und verabſcheue? — Eine Geſell- ſchaft, welche durch ein feſtes Band verknuͤpft ſeyn ſoll, muß durchaus gleiche Geſinnungen, gleiches Intereſſe haben; und die Weiſen haben es laͤngſt bewieſen, daß dieſe gleiche Geſinnun- gen, dieſes gleiche Intereſſe nur tugendhaft d. i. den allgemeinen Geſetzen gemaͤß ſeyn koͤnnen. Ich mag meine Leſer mit weitlaͤufigern Be- trachtungen uͤber dieſen ſo wichtigen Punkt nicht aufhalten; aber ſo viel, glaube ich, wird aus dem Geſagten klar: daß die neuere Einrichtung in Frankreich, die Eintracht der Buͤrger und das gemeinſchaftliche Band unter denſelben weit mehr beguͤnſtige, als alle unſre Sittenlehren, Geſetz- buͤcher, Predigten, Beichtſtuͤhle, und wie die moraliſchen Eſelsbruͤcken ſonſt heißen moͤgen. Um den Buͤrgerſinn in Frankreich immer mehr zu befeſtigen, ließen die Jakobiner es ſich ange- legen ſeyn, ihre Grundſaͤtze auch durch theatra- liſche Vorſtellungen auszubreiten. Daher wur- den alle jene Schauſpiele, worin Koͤnige, Prin- zen und ſonſt Große mit ſchoͤnen Karakteren vor- kamen, ſofort verboten, und blos ſolche zugelaſ- ſen, in welchen Haß und Abſcheu gegen die Deſpotie hervorſtach, z. B. der Tod des Caͤſars,

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/130>, abgerufen am 13.06.2024.