Jn diesen Zustande blieb der Erdboden einige Zeit allen Vermuthen nach, unverändert. Jch sage mit Bedacht allen Vermuthen nach, denn mit Gewißheit kan man es nicht be- haupten, aus Mangel zuverläßiger Nach- richten von denen damaligen Zeiten. Es ist aber möglich, daß schon von Anfang an klei- ne Veränderungen sich zugetragen. Wenn wir besonders die Schrift hören, welche uns Wie der Fluch nach dem Sünden- Falle zu verste- hen.saget, daß nach den Fall des Adams der Schöpfer die Erde verflucht habe, so solte man nach gerade auf die Meinung verfallen, daß durch diesen Fluch sogleich eine allgemei- ne Veränderung auf einmahl auf den Erd- boden vorgegangen sey. Allein wenn wir die Worte des Fluchs recht besehen, so fin- den wir, meines unvergreiflichen Erachtens nicht, daß der gantze Erdboden dadurch ei- ner besonders grossen und allgemeinen Ver- änderung habe leiden dürfen, denn es heisset, verflucht sey der Acker um Deinet willen, mit Kummer solt Du Dich darauf nehren, Dein Lebelang, Dorn und Disteln soll er Dir tra- gen etc. Hier erhellet es daraus, daß diese an- gekündigte Strafe, bloß den Adam und sein Weib betreffen, so wie in den 4ten Cap. des ersten Buches Mosis und dessen 12ten Ver- se von Cain auch wieder besonders heisset. Wenn Du den Acker bauen wirst, soll er Dir fort sein Vermögen nicht geben. Wolte man sagen, daß durch den Fluch, so zu sa-
gen,
Jn dieſen Zuſtande blieb der Erdboden einige Zeit allen Vermuthen nach, unveraͤndert. Jch ſage mit Bedacht allen Vermuthen nach, denn mit Gewißheit kan man es nicht be- haupten, aus Mangel zuverlaͤßiger Nach- richten von denen damaligen Zeiten. Es iſt aber moͤglich, daß ſchon von Anfang an klei- ne Veraͤnderungen ſich zugetragen. Wenn wir beſonders die Schrift hoͤren, welche uns Wie der Fluch nach dem Suͤnden- Falle zu verſte- hen.ſaget, daß nach den Fall des Adams der Schoͤpfer die Erde verflucht habe, ſo ſolte man nach gerade auf die Meinung verfallen, daß durch dieſen Fluch ſogleich eine allgemei- ne Veraͤnderung auf einmahl auf den Erd- boden vorgegangen ſey. Allein wenn wir die Worte des Fluchs recht beſehen, ſo fin- den wir, meines unvergreiflichen Erachtens nicht, daß der gantze Erdboden dadurch ei- ner beſonders groſſen und allgemeinen Ver- aͤnderung habe leiden duͤrfen, denn es heiſſet, verflucht ſey der Acker um Deinet willen, mit Kummer ſolt Du Dich darauf nehren, Dein Lebelang, Dorn und Diſteln ſoll er Dir tra- gen ꝛc. Hier erhellet es daraus, daß dieſe an- gekuͤndigte Strafe, bloß den Adam und ſein Weib betreffen, ſo wie in den 4ten Cap. des erſten Buches Moſis und deſſen 12ten Ver- ſe von Cain auch wieder beſonders heiſſet. Wenn Du den Acker bauen wirſt, ſoll er Dir fort ſein Vermoͤgen nicht geben. Wolte man ſagen, daß durch den Fluch, ſo zu ſa-
gen,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0094"n="16"/>
Jn dieſen Zuſtande blieb der Erdboden einige<lb/>
Zeit allen Vermuthen nach, unveraͤndert.<lb/>
Jch ſage mit Bedacht allen Vermuthen nach,<lb/>
denn mit Gewißheit kan man es nicht be-<lb/>
haupten, aus Mangel zuverlaͤßiger Nach-<lb/>
richten von denen damaligen Zeiten. Es iſt<lb/>
aber moͤglich, daß ſchon von Anfang an klei-<lb/>
ne Veraͤnderungen ſich zugetragen. Wenn<lb/>
wir beſonders die Schrift hoͤren, welche uns<lb/><noteplace="left">Wie der<lb/>
Fluch<lb/>
nach dem<lb/>
Suͤnden-<lb/>
Falle zu<lb/>
verſte-<lb/>
hen.</note>ſaget, daß nach den Fall des Adams der<lb/>
Schoͤpfer die Erde verflucht habe, ſo ſolte<lb/>
man nach gerade auf die Meinung verfallen,<lb/>
daß durch dieſen Fluch ſogleich eine allgemei-<lb/>
ne Veraͤnderung auf einmahl auf den Erd-<lb/>
boden vorgegangen ſey. Allein wenn wir<lb/>
die Worte des Fluchs recht beſehen, ſo fin-<lb/>
den wir, meines unvergreiflichen Erachtens<lb/>
nicht, daß der gantze Erdboden dadurch ei-<lb/>
ner beſonders groſſen und allgemeinen Ver-<lb/>
aͤnderung habe leiden duͤrfen, denn es heiſſet,<lb/>
verflucht ſey der Acker um <hirendition="#fr">Deinet willen,</hi> mit<lb/>
Kummer ſolt <hirendition="#fr">Du Dich</hi> darauf nehren, <hirendition="#fr">Dein</hi><lb/>
Lebelang, Dorn und Diſteln ſoll er <hirendition="#fr">Dir</hi> tra-<lb/>
gen ꝛc. Hier erhellet es daraus, daß dieſe an-<lb/>
gekuͤndigte Strafe, bloß den Adam und ſein<lb/>
Weib betreffen, ſo wie in den 4ten Cap. des<lb/>
erſten Buches Moſis und deſſen 12ten Ver-<lb/>ſe von Cain auch wieder beſonders heiſſet.<lb/>
Wenn <hirendition="#fr">Du</hi> den Acker bauen wirſt, ſoll er <hirendition="#fr">Dir</hi><lb/>
fort ſein Vermoͤgen nicht geben. Wolte<lb/>
man ſagen, daß durch den Fluch, ſo zu ſa-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">gen,</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[16/0094]
Jn dieſen Zuſtande blieb der Erdboden einige
Zeit allen Vermuthen nach, unveraͤndert.
Jch ſage mit Bedacht allen Vermuthen nach,
denn mit Gewißheit kan man es nicht be-
haupten, aus Mangel zuverlaͤßiger Nach-
richten von denen damaligen Zeiten. Es iſt
aber moͤglich, daß ſchon von Anfang an klei-
ne Veraͤnderungen ſich zugetragen. Wenn
wir beſonders die Schrift hoͤren, welche uns
ſaget, daß nach den Fall des Adams der
Schoͤpfer die Erde verflucht habe, ſo ſolte
man nach gerade auf die Meinung verfallen,
daß durch dieſen Fluch ſogleich eine allgemei-
ne Veraͤnderung auf einmahl auf den Erd-
boden vorgegangen ſey. Allein wenn wir
die Worte des Fluchs recht beſehen, ſo fin-
den wir, meines unvergreiflichen Erachtens
nicht, daß der gantze Erdboden dadurch ei-
ner beſonders groſſen und allgemeinen Ver-
aͤnderung habe leiden duͤrfen, denn es heiſſet,
verflucht ſey der Acker um Deinet willen, mit
Kummer ſolt Du Dich darauf nehren, Dein
Lebelang, Dorn und Diſteln ſoll er Dir tra-
gen ꝛc. Hier erhellet es daraus, daß dieſe an-
gekuͤndigte Strafe, bloß den Adam und ſein
Weib betreffen, ſo wie in den 4ten Cap. des
erſten Buches Moſis und deſſen 12ten Ver-
ſe von Cain auch wieder beſonders heiſſet.
Wenn Du den Acker bauen wirſt, ſoll er Dir
fort ſein Vermoͤgen nicht geben. Wolte
man ſagen, daß durch den Fluch, ſo zu ſa-
gen,
Wie der
Fluch
nach dem
Suͤnden-
Falle zu
verſte-
hen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lehmann, Johann Gottlob: Versuch einer Geschichte von Flötz-Gebürgen. Berlin, 1756, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehmann_versuch_1756/94>, abgerufen am 16.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.