mit dem Degen in der Hand, gegen den Grafen von Notthingham, unter dem er kommandirt hatte, gegen seinen Sohn, gegen jeden von sei- nen Anverwandten, zu beweisen, daß sie ihm allein zugehöre.
Corneille läßt den Grafen von seinen Feinden, namentlich vom Raleigh, vom Cecil, vom Cobhan, sehr verächtlich sprechen. Auch das will Voltaire nicht gut heissen. Es ist nicht er- laubt, sagt er, eine so neue Geschichte so gröb- lich zu verfälschen, und Männer von so vorneh- mer Geburt, von so großen Verdiensten, so unwürdig zu mißhandeln. Aber hier kömmt es ja gar nicht darauf an, was diese Männer waren, sondern wofür sie Essex hielt; und Essex war auf seine eigene Verdienste stolz genug, um ihnen ganz und gar keine einzuräumen.
Wenn Corneille den Essex sagen läßt, daß es nur an seinem Willen gemangelt, den Thron selbst zu besteigen, so läßt er ihn freylich etwas sagen, was noch weit von der Wahrheit entfernt war. Aber Voltaire hätte darum doch nicht ausrufen müssen: "Wie? Essex auf dem Thro- ne? mit was für Recht? unter was für Vor- wande? wie wäre das möglich gewesen?" Denn Voltaire hätte sich erinnern sollen, daß Essex von mütterlicher Seite aus dem Königli-
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mit dem Degen in der Hand, gegen den Grafen von Notthingham, unter dem er kommandirt hatte, gegen ſeinen Sohn, gegen jeden von ſei- nen Anverwandten, zu beweiſen, daß ſie ihm allein zugehoͤre.
Corneille laͤßt den Grafen von ſeinen Feinden, namentlich vom Raleigh, vom Cecil, vom Cobhan, ſehr veraͤchtlich ſprechen. Auch das will Voltaire nicht gut heiſſen. Es iſt nicht er- laubt, ſagt er, eine ſo neue Geſchichte ſo groͤb- lich zu verfaͤlſchen, und Maͤnner von ſo vorneh- mer Geburt, von ſo großen Verdienſten, ſo unwuͤrdig zu mißhandeln. Aber hier koͤmmt es ja gar nicht darauf an, was dieſe Maͤnner waren, ſondern wofuͤr ſie Eſſex hielt; und Eſſex war auf ſeine eigene Verdienſte ſtolz genug, um ihnen ganz und gar keine einzuraͤumen.
Wenn Corneille den Eſſex ſagen laͤßt, daß es nur an ſeinem Willen gemangelt, den Thron ſelbſt zu beſteigen, ſo laͤßt er ihn freylich etwas ſagen, was noch weit von der Wahrheit entfernt war. Aber Voltaire haͤtte darum doch nicht ausrufen muͤſſen: 〟Wie? Eſſex auf dem Thro- ne? mit was fuͤr Recht? unter was fuͤr Vor- wande? wie waͤre das moͤglich geweſen?〟 Denn Voltaire haͤtte ſich erinnern ſollen, daß Eſſex von muͤtterlicher Seite aus dem Koͤnigli-
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mit dem Degen in der Hand, gegen den Grafen
von Notthingham, unter dem er kommandirt
hatte, gegen ſeinen Sohn, gegen jeden von ſei-
nen Anverwandten, zu beweiſen, daß ſie ihm
allein zugehoͤre.
Corneille laͤßt den Grafen von ſeinen Feinden,
namentlich vom Raleigh, vom Cecil, vom
Cobhan, ſehr veraͤchtlich ſprechen. Auch das
will Voltaire nicht gut heiſſen. Es iſt nicht er-
laubt, ſagt er, eine ſo neue Geſchichte ſo groͤb-
lich zu verfaͤlſchen, und Maͤnner von ſo vorneh-
mer Geburt, von ſo großen Verdienſten, ſo
unwuͤrdig zu mißhandeln. Aber hier koͤmmt es
ja gar nicht darauf an, was dieſe Maͤnner
waren, ſondern wofuͤr ſie Eſſex hielt; und Eſſex
war auf ſeine eigene Verdienſte ſtolz genug, um
ihnen ganz und gar keine einzuraͤumen.
Wenn Corneille den Eſſex ſagen laͤßt, daß es
nur an ſeinem Willen gemangelt, den Thron
ſelbſt zu beſteigen, ſo laͤßt er ihn freylich etwas
ſagen, was noch weit von der Wahrheit entfernt
war. Aber Voltaire haͤtte darum doch nicht
ausrufen muͤſſen: 〟Wie? Eſſex auf dem Thro-
ne? mit was fuͤr Recht? unter was fuͤr Vor-
wande? wie waͤre das moͤglich geweſen?〟
Denn Voltaire haͤtte ſich erinnern ſollen, daß
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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 1. Hamburg u. a., [1769], S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie01_1767/195>, abgerufen am 31.10.2024.
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