Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 1. Hamburg u. a., [1769].

Bild:
<< vorherige Seite

keine verzweifelte Krankheiten heilen kann, die
Gesunden in ihrer Gesundheit zu befestigen.
Auch dem Freygebigen ist der Geitzige lehrreich;
auch dem, der gar nicht spielt, ist der Spieler
unterrichtend; die Thorheiten, die sie nicht ha-
ben, haben andere, mit welchen sie leben müs-
sen; es ist ersprießlich, diejenigen zu kennen,
mit welchen man in Collision kommen kann; er-
sprießlich, sich wieder alle Eindrücke des Bey-
spiels zu verwahren. Ein Preservatif ist auch
eine schätzbare Arzeney; und die ganze Moral
hat kein kräftigers, wirksamers, als das Lä-
cherliche. ----

Das Räthsel, oder, Was den Damen am
meisten gefällt, ein Lustspiel in einem Aufzuge
von Herr Löwen, machte diesen Abend den Be-
schluß.

Wenn Marmontel und Voltaire nicht Erzeh-
lungen und Mährchen geschrieben hätten, so
würde das französische Theater eine Menge
Neuigkeiten haben entbehren müssen. Am mei-
sten hat sich die komische Oper aus diesen Quel-
len bereichert. Des letztern Ce qui plait aux
Dames
gab den Stoff zu einem mit Arien un-
termengten Lustspiele von vier Aufzügen, welches,
unter dem Titel La Fee Urgele, von den ita-
lienischen Komödianten zu Paris, im December

1765

keine verzweifelte Krankheiten heilen kann, die
Geſunden in ihrer Geſundheit zu befeſtigen.
Auch dem Freygebigen iſt der Geitzige lehrreich;
auch dem, der gar nicht ſpielt, iſt der Spieler
unterrichtend; die Thorheiten, die ſie nicht ha-
ben, haben andere, mit welchen ſie leben muͤſ-
ſen; es iſt erſprießlich, diejenigen zu kennen,
mit welchen man in Colliſion kommen kann; er-
ſprießlich, ſich wieder alle Eindruͤcke des Bey-
ſpiels zu verwahren. Ein Preſervatif iſt auch
eine ſchaͤtzbare Arzeney; und die ganze Moral
hat kein kraͤftigers, wirkſamers, als das Laͤ-
cherliche. ——

Das Raͤthſel, oder, Was den Damen am
meiſten gefaͤllt, ein Luſtſpiel in einem Aufzuge
von Herr Loͤwen, machte dieſen Abend den Be-
ſchluß.

Wenn Marmontel und Voltaire nicht Erzeh-
lungen und Maͤhrchen geſchrieben haͤtten, ſo
wuͤrde das franzoͤſiſche Theater eine Menge
Neuigkeiten haben entbehren muͤſſen. Am mei-
ſten hat ſich die komiſche Oper aus dieſen Quel-
len bereichert. Des letztern Ce qui plait aux
Dames
gab den Stoff zu einem mit Arien un-
termengten Luſtſpiele von vier Aufzuͤgen, welches,
unter dem Titel La Feé Urgele, von den ita-
lieniſchen Komoͤdianten zu Paris, im December

1765
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0240" n="226"/>
keine verzweifelte Krankheiten heilen kann, die<lb/>
Ge&#x017F;unden in ihrer Ge&#x017F;undheit zu befe&#x017F;tigen.<lb/>
Auch dem Freygebigen i&#x017F;t der Geitzige lehrreich;<lb/>
auch dem, der gar nicht &#x017F;pielt, i&#x017F;t der Spieler<lb/>
unterrichtend; die Thorheiten, die &#x017F;ie nicht ha-<lb/>
ben, haben andere, mit welchen &#x017F;ie leben mu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en; es i&#x017F;t er&#x017F;prießlich, diejenigen zu kennen,<lb/>
mit welchen man in Colli&#x017F;ion kommen kann; er-<lb/>
&#x017F;prießlich, &#x017F;ich wieder alle Eindru&#x0364;cke des Bey-<lb/>
&#x017F;piels zu verwahren. Ein Pre&#x017F;ervatif i&#x017F;t auch<lb/>
eine &#x017F;cha&#x0364;tzbare Arzeney; und die ganze Moral<lb/>
hat kein kra&#x0364;ftigers, wirk&#x017F;amers, als das La&#x0364;-<lb/>
cherliche. &#x2014;&#x2014;</p><lb/>
        <p>Das Ra&#x0364;th&#x017F;el, oder, Was den Damen am<lb/>
mei&#x017F;ten gefa&#x0364;llt, ein Lu&#x017F;t&#x017F;piel in einem Aufzuge<lb/>
von Herr Lo&#x0364;wen, machte die&#x017F;en Abend den Be-<lb/>
&#x017F;chluß.</p><lb/>
        <p>Wenn Marmontel und Voltaire nicht Erzeh-<lb/>
lungen und Ma&#x0364;hrchen ge&#x017F;chrieben ha&#x0364;tten, &#x017F;o<lb/>
wu&#x0364;rde das franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che Theater eine Menge<lb/>
Neuigkeiten haben entbehren mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Am mei-<lb/>
&#x017F;ten hat &#x017F;ich die komi&#x017F;che Oper aus die&#x017F;en Quel-<lb/>
len bereichert. Des letztern <hi rendition="#aq">Ce qui plait aux<lb/>
Dames</hi> gab den Stoff zu einem mit Arien un-<lb/>
termengten Lu&#x017F;t&#x017F;piele von vier Aufzu&#x0364;gen, welches,<lb/>
unter dem Titel <hi rendition="#aq">La Feé Urgele,</hi> von den ita-<lb/>
lieni&#x017F;chen Komo&#x0364;dianten zu Paris, im December<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">1765</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[226/0240] keine verzweifelte Krankheiten heilen kann, die Geſunden in ihrer Geſundheit zu befeſtigen. Auch dem Freygebigen iſt der Geitzige lehrreich; auch dem, der gar nicht ſpielt, iſt der Spieler unterrichtend; die Thorheiten, die ſie nicht ha- ben, haben andere, mit welchen ſie leben muͤſ- ſen; es iſt erſprießlich, diejenigen zu kennen, mit welchen man in Colliſion kommen kann; er- ſprießlich, ſich wieder alle Eindruͤcke des Bey- ſpiels zu verwahren. Ein Preſervatif iſt auch eine ſchaͤtzbare Arzeney; und die ganze Moral hat kein kraͤftigers, wirkſamers, als das Laͤ- cherliche. —— Das Raͤthſel, oder, Was den Damen am meiſten gefaͤllt, ein Luſtſpiel in einem Aufzuge von Herr Loͤwen, machte dieſen Abend den Be- ſchluß. Wenn Marmontel und Voltaire nicht Erzeh- lungen und Maͤhrchen geſchrieben haͤtten, ſo wuͤrde das franzoͤſiſche Theater eine Menge Neuigkeiten haben entbehren muͤſſen. Am mei- ſten hat ſich die komiſche Oper aus dieſen Quel- len bereichert. Des letztern Ce qui plait aux Dames gab den Stoff zu einem mit Arien un- termengten Luſtſpiele von vier Aufzuͤgen, welches, unter dem Titel La Feé Urgele, von den ita- lieniſchen Komoͤdianten zu Paris, im December 1765

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie01_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie01_1767/240
Zitationshilfe: [Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 1. Hamburg u. a., [1769], S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie01_1767/240>, abgerufen am 31.10.2024.