Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Kleinmütigen beschämt und noch neben ihm
Stand zu halten veranlaßt worden. Beyde
verwundeten zugleich einander ihre Pferde/ also
daß sie abspringen und mit den Degen zu Fusse
gegeneinander streiten musten. Arpus verletzte
den Rhemetalces in Schenckel/ dieser jenen in
Arm/ und es hatte sich weder einer noch derander
einigen erlangten Vortheils zu rühmen/ als der
Graf von Nassau das Kriegs-Zeichen/ darauff
das silberne Bild des Drusus stand/ dem Petro-
nius auswand/ und Sesitach zugleich mit seiner
Reuterey nun auch in diesen Flügel einbrach/
welche theils mit ihren Lantzen und viel längern
Degen/ als das Fußvolck zu führen gewohnt ist/
die Glieder zertrenneten/ theils durch die Gewalt
der Pferde die Römer zu Boden renneten/ al-
so daß Cejonius in das Thal zwischen das Ge-
strüttig zu weichen/ und sich in das verlassene
Römische Läger zu flüchten befahl. Die Rö-
mer folgten ihrem zurückweichenden Adler/
die Gallier ihren Fahnen nach. Rhemetal-
ces blieb allein mit seinen wenigen Thraciern
stehen/ und verfiuchte die Zagheit des Cejonius.
Alleine was solte diese Handvoll Volck gegen
dem Strome eines siegenden Heeres ausrich-
ten? Die hartnäckichten Thracier wurden fast
alle erschlagen/ dem Fürsten Rhemetalces aber/
welcher auf dieser Wallstatt gerne eine ruhm-
würdige Helden-Baare erlanget hätte/ ward es
nicht so gut/ daß er sterben mochte. Denn
Hertzog Arpus befahl/ daß ihn niemand ver-
wunden/ sondern lebendig fangen solte.

Das mittlere Groß beyder Kriegs-Heere
kam am längsamsten zum Treffen/ weil Hertzog
Herrmann wahrgenommen/ daß die grösseste
Macht der Römer darein gestellt war/ und da-
her befohlen hatte/ daß seine zwey Flügel sich
als zwey Hörner herfür ziehen/ und den Feind
bald Anfangs zum Schrecken des langsam zum
Gefechte kommenden Kernes in seiner Schwä-
che angreiffen solten. Nichts desto weniger
war der Streit am allergrimmigsten/ und
[Spaltenumbruch] dahero auch am blutigsten. Sintemal wie in
dem Hertzen alle Lebens-Kräffte gleichsam
in einen Mittel-Punct zusammen gezogen
werden; also sich umb beyde obriste Feldher-
ren auch die Kräffte der Streitenden anein-
ander drangen. Denn diese sind in Wahr-
heit das Hertz und die Seele eines Heeres/
welche allen andern Gliedern ihre Bewegung
mittheilen/ und durch vorsichtige oder schlim-
me Anstalt den Ausgang einer Schlacht herr-
lich oder erbärmlich machen. Quintilius
Varus kam zu dieser Schlacht wider seinen
Willen/ und dahero auch mit weniger Hoffnung
des Sieges. Jhn trug nicht allein sein Ge-
müthe nicht zu den Waffen/ und seine Lebens-
Art hatte ihm auch keine kriegerische Zunei-
gung angewöhnt; sondern es hatte so wol sein
natürlicher Trieb/ als seine bißherige Verwal-
tungen ihn mehr zu Schlichtung der Rechts-
Händel/ als Schlacht-Ordnungen zu stellen
geschickt gemacht. Denn Syrien/ so lange er
Land-Vogt daselbst war/ behielt mit seinem
Gehorsam eine beständige Ruhe/ und seine
wichtigste Verrichtungen waren daselbst ge-
west/ daß er dem Herodes im Nahmen des
Kaysers die Landschafften Trachonitis und
Batanee eingeliefert/ die Stadt Cäsarea dem
Drusus zu Ehren köstlicher zu erbauen/ mit
einem grossen Hafen zu versehen/ eingerathen/
ja zwischen dem Herodes und den Gadaren-
sern einen Richter abgegeben/ und jenem des
alten Jüdischen König Davids Grab zu er-
brechen/ und dadurch seinem Geitze eine Nase
zu drehen Anlaß gegeben hatte. Ob auch
wol die erschöpften Juden zuletzt wider den
Varus und Sabinus/ als von welchen sie
biß auffs Blut ausgemergelt/ ihre Schlösser
ihnen abgenommen/ des Herodes verlassene
Schätze gewaltsam angegriffen/ ja aus dem
Tempel zu Jerusalem der Kirchen - Schatz
geraubt worden/ am Pfingst - Feste einen
Aufstand erregten/ auch den Sabinus/ Rufus

und
F 2

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Kleinmuͤtigen beſchaͤmt und noch neben ihm
Stand zu halten veranlaßt worden. Beyde
verwundeten zugleich einander ihre Pferde/ alſo
daß ſie abſpringen und mit den Degen zu Fuſſe
gegeneinander ſtreiten muſten. Arpus verletzte
den Rhemetalces in Schenckel/ dieſer jenen in
Arm/ und es hatte ſich weder einer noch derander
einigen erlangten Vortheils zu ruͤhmen/ als der
Graf von Naſſau das Kriegs-Zeichen/ darauff
das ſilberne Bild des Druſus ſtand/ dem Petro-
nius auswand/ und Seſitach zugleich mit ſeiner
Reuterey nun auch in dieſen Fluͤgel einbrach/
welche theils mit ihren Lantzen und viel laͤngern
Degen/ als das Fußvolck zu fuͤhren gewohnt iſt/
die Glieder zertreñeten/ theils durch die Gewalt
der Pferde die Roͤmer zu Boden renneten/ al-
ſo daß Cejonius in das Thal zwiſchen das Ge-
ſtruͤttig zu weichen/ und ſich in das verlaſſene
Roͤmiſche Laͤger zu fluͤchten befahl. Die Roͤ-
mer folgten ihrem zuruͤckweichenden Adler/
die Gallier ihren Fahnen nach. Rhemetal-
ces blieb allein mit ſeinen wenigen Thraciern
ſtehen/ und verfiuchte die Zagheit des Cejonius.
Alleine was ſolte dieſe Handvoll Volck gegen
dem Strome eines ſiegenden Heeres ausrich-
ten? Die hartnaͤckichten Thracier wurden faſt
alle erſchlagen/ dem Fuͤrſten Rhemetalces aber/
welcher auf dieſer Wallſtatt gerne eine ruhm-
wuͤrdige Helden-Baare erlanget haͤtte/ ward es
nicht ſo gut/ daß er ſterben mochte. Denn
Hertzog Arpus befahl/ daß ihn niemand ver-
wunden/ ſondern lebendig fangen ſolte.

Das mittlere Groß beyder Kriegs-Heere
kam am laͤngſamſten zum Treffen/ weil Hertzog
Herrmann wahrgenommen/ daß die groͤſſeſte
Macht der Roͤmer darein geſtellt war/ und da-
her befohlen hatte/ daß ſeine zwey Fluͤgel ſich
als zwey Hoͤrner herfuͤr ziehen/ und den Feind
bald Anfangs zum Schrecken des langſam zum
Gefechte kommenden Kernes in ſeiner Schwaͤ-
che angreiffen ſolten. Nichts deſto weniger
war der Streit am allergrimmigſten/ und
[Spaltenumbruch] dahero auch am blutigſten. Sintemal wie in
dem Hertzen alle Lebens-Kraͤffte gleichſam
in einen Mittel-Punct zuſammen gezogen
werden; alſo ſich umb beyde obriſte Feldher-
ren auch die Kraͤffte der Streitenden anein-
ander drangen. Denn dieſe ſind in Wahr-
heit das Hertz und die Seele eines Heeres/
welche allen andern Gliedern ihre Bewegung
mittheilen/ und durch vorſichtige oder ſchlim-
me Anſtalt den Ausgang einer Schlacht herr-
lich oder erbaͤrmlich machen. Quintilius
Varus kam zu dieſer Schlacht wider ſeinen
Willen/ und dahero auch mit weniger Hoffnung
des Sieges. Jhn trug nicht allein ſein Ge-
muͤthe nicht zu den Waffen/ und ſeine Lebens-
Art hatte ihm auch keine kriegeriſche Zunei-
gung angewoͤhnt; ſondern es hatte ſo wol ſein
natuͤrlicher Trieb/ als ſeine bißherige Verwal-
tungen ihn mehr zu Schlichtung der Rechts-
Haͤndel/ als Schlacht-Ordnungen zu ſtellen
geſchickt gemacht. Denn Syrien/ ſo lange er
Land-Vogt daſelbſt war/ behielt mit ſeinem
Gehorſam eine beſtaͤndige Ruhe/ und ſeine
wichtigſte Verrichtungen waren daſelbſt ge-
weſt/ daß er dem Herodes im Nahmen des
Kayſers die Landſchafften Trachonitis und
Batanee eingeliefert/ die Stadt Caͤſarea dem
Druſus zu Ehren koͤſtlicher zu erbauen/ mit
einem groſſen Hafen zu verſehen/ eingerathen/
ja zwiſchen dem Herodes und den Gadaren-
ſern einen Richter abgegeben/ und jenem des
alten Juͤdiſchen Koͤnig Davids Grab zu er-
brechen/ und dadurch ſeinem Geitze eine Naſe
zu drehen Anlaß gegeben hatte. Ob auch
wol die erſchoͤpften Juden zuletzt wider den
Varus und Sabinus/ als von welchen ſie
biß auffs Blut ausgemergelt/ ihre Schloͤſſer
ihnen abgenommen/ des Herodes verlaſſene
Schaͤtze gewaltſam angegriffen/ ja aus dem
Tempel zu Jeruſalem der Kirchen - Schatz
geraubt worden/ am Pfingſt - Feſte einen
Aufſtand erregten/ auch den Sabinus/ Rufus

und
F 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0091" n="43"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
Kleinmu&#x0364;tigen be&#x017F;cha&#x0364;mt und noch neben ihm<lb/>
Stand zu halten veranlaßt worden. Beyde<lb/>
verwundeten zugleich einander ihre Pferde/ al&#x017F;o<lb/>
daß &#x017F;ie ab&#x017F;pringen und mit den Degen zu Fu&#x017F;&#x017F;e<lb/>
gegeneinander &#x017F;treiten mu&#x017F;ten. Arpus verletzte<lb/>
den Rhemetalces in Schenckel/ die&#x017F;er jenen in<lb/>
Arm/ und es hatte &#x017F;ich weder einer noch derander<lb/>
einigen erlangten Vortheils zu ru&#x0364;hmen/ als der<lb/>
Graf von Na&#x017F;&#x017F;au das Kriegs-Zeichen/ darauff<lb/>
das &#x017F;ilberne Bild des Dru&#x017F;us &#x017F;tand/ dem Petro-<lb/>
nius auswand/ und Se&#x017F;itach zugleich mit &#x017F;einer<lb/>
Reuterey nun auch in die&#x017F;en Flu&#x0364;gel einbrach/<lb/>
welche theils mit ihren Lantzen und viel la&#x0364;ngern<lb/>
Degen/ als das Fußvolck zu fu&#x0364;hren gewohnt i&#x017F;t/<lb/>
die Glieder zertren&#x0303;eten/ theils durch die Gewalt<lb/>
der Pferde die Ro&#x0364;mer zu Boden renneten/ al-<lb/>
&#x017F;o daß Cejonius in das Thal zwi&#x017F;chen das Ge-<lb/>
&#x017F;tru&#x0364;ttig zu weichen/ und &#x017F;ich in das verla&#x017F;&#x017F;ene<lb/>
Ro&#x0364;mi&#x017F;che La&#x0364;ger zu flu&#x0364;chten befahl. Die Ro&#x0364;-<lb/>
mer folgten ihrem zuru&#x0364;ckweichenden Adler/<lb/>
die Gallier ihren Fahnen nach. Rhemetal-<lb/>
ces blieb allein mit &#x017F;einen wenigen Thraciern<lb/>
&#x017F;tehen/ und verfiuchte die Zagheit des Cejonius.<lb/>
Alleine was &#x017F;olte die&#x017F;e Handvoll Volck gegen<lb/>
dem Strome eines &#x017F;iegenden Heeres ausrich-<lb/>
ten? Die hartna&#x0364;ckichten Thracier wurden fa&#x017F;t<lb/>
alle er&#x017F;chlagen/ dem Fu&#x0364;r&#x017F;ten Rhemetalces aber/<lb/>
welcher auf die&#x017F;er Wall&#x017F;tatt gerne eine ruhm-<lb/>
wu&#x0364;rdige Helden-Baare erlanget ha&#x0364;tte/ ward es<lb/>
nicht &#x017F;o gut/ daß er &#x017F;terben mochte. Denn<lb/>
Hertzog Arpus befahl/ daß ihn niemand ver-<lb/>
wunden/ &#x017F;ondern lebendig fangen &#x017F;olte.</p><lb/>
          <p>Das mittlere Groß beyder Kriegs-Heere<lb/>
kam am la&#x0364;ng&#x017F;am&#x017F;ten zum Treffen/ weil Hertzog<lb/>
Herrmann wahrgenommen/ daß die gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;te<lb/>
Macht der Ro&#x0364;mer darein ge&#x017F;tellt war/ und da-<lb/>
her befohlen hatte/ daß &#x017F;eine zwey Flu&#x0364;gel &#x017F;ich<lb/>
als zwey Ho&#x0364;rner herfu&#x0364;r ziehen/ und den Feind<lb/>
bald Anfangs zum Schrecken des lang&#x017F;am zum<lb/>
Gefechte kommenden Kernes in &#x017F;einer Schwa&#x0364;-<lb/>
che angreiffen &#x017F;olten. Nichts de&#x017F;to weniger<lb/>
war der Streit am allergrimmig&#x017F;ten/ und<lb/><cb/>
dahero auch am blutig&#x017F;ten. Sintemal wie in<lb/>
dem Hertzen alle Lebens-Kra&#x0364;ffte gleich&#x017F;am<lb/>
in einen Mittel-Punct zu&#x017F;ammen gezogen<lb/>
werden; al&#x017F;o &#x017F;ich umb beyde obri&#x017F;te Feldher-<lb/>
ren auch die Kra&#x0364;ffte der Streitenden anein-<lb/>
ander drangen. Denn die&#x017F;e &#x017F;ind in Wahr-<lb/>
heit das Hertz und die Seele eines Heeres/<lb/>
welche allen andern Gliedern ihre Bewegung<lb/>
mittheilen/ und durch vor&#x017F;ichtige oder &#x017F;chlim-<lb/>
me An&#x017F;talt den Ausgang einer Schlacht herr-<lb/>
lich oder erba&#x0364;rmlich machen. Quintilius<lb/>
Varus kam zu die&#x017F;er Schlacht wider &#x017F;einen<lb/>
Willen/ und dahero auch mit weniger Hoffnung<lb/>
des Sieges. Jhn trug nicht allein &#x017F;ein Ge-<lb/>
mu&#x0364;the nicht zu den Waffen/ und &#x017F;eine Lebens-<lb/>
Art hatte ihm auch keine kriegeri&#x017F;che Zunei-<lb/>
gung angewo&#x0364;hnt; &#x017F;ondern es hatte &#x017F;o wol &#x017F;ein<lb/>
natu&#x0364;rlicher Trieb/ als &#x017F;eine bißherige Verwal-<lb/>
tungen ihn mehr zu Schlichtung der Rechts-<lb/>
Ha&#x0364;ndel/ als Schlacht-Ordnungen zu &#x017F;tellen<lb/>
ge&#x017F;chickt gemacht. Denn Syrien/ &#x017F;o lange er<lb/>
Land-Vogt da&#x017F;elb&#x017F;t war/ behielt mit &#x017F;einem<lb/>
Gehor&#x017F;am eine be&#x017F;ta&#x0364;ndige Ruhe/ und &#x017F;eine<lb/>
wichtig&#x017F;te Verrichtungen waren da&#x017F;elb&#x017F;t ge-<lb/>
we&#x017F;t/ daß er dem Herodes im Nahmen des<lb/>
Kay&#x017F;ers die Land&#x017F;chafften Trachonitis und<lb/>
Batanee eingeliefert/ die Stadt Ca&#x0364;&#x017F;area dem<lb/>
Dru&#x017F;us zu Ehren ko&#x0364;&#x017F;tlicher zu erbauen/ mit<lb/>
einem gro&#x017F;&#x017F;en Hafen zu ver&#x017F;ehen/ eingerathen/<lb/>
ja zwi&#x017F;chen dem Herodes und den Gadaren-<lb/>
&#x017F;ern einen Richter abgegeben/ und jenem des<lb/>
alten Ju&#x0364;di&#x017F;chen Ko&#x0364;nig Davids Grab zu er-<lb/>
brechen/ und dadurch &#x017F;einem Geitze eine Na&#x017F;e<lb/>
zu drehen Anlaß gegeben hatte. Ob auch<lb/>
wol die er&#x017F;cho&#x0364;pften Juden zuletzt wider den<lb/>
Varus und Sabinus/ als von welchen &#x017F;ie<lb/>
biß auffs Blut ausgemergelt/ ihre Schlo&#x0364;&#x017F;&#x017F;er<lb/>
ihnen abgenommen/ des Herodes verla&#x017F;&#x017F;ene<lb/>
Scha&#x0364;tze gewalt&#x017F;am angegriffen/ ja aus dem<lb/>
Tempel zu Jeru&#x017F;alem der Kirchen - Schatz<lb/>
geraubt worden/ am Pfing&#x017F;t - Fe&#x017F;te einen<lb/>
Auf&#x017F;tand erregten/ auch den Sabinus/ Rufus<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F 2</fw><fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[43/0091] Arminius und Thußnelda. Kleinmuͤtigen beſchaͤmt und noch neben ihm Stand zu halten veranlaßt worden. Beyde verwundeten zugleich einander ihre Pferde/ alſo daß ſie abſpringen und mit den Degen zu Fuſſe gegeneinander ſtreiten muſten. Arpus verletzte den Rhemetalces in Schenckel/ dieſer jenen in Arm/ und es hatte ſich weder einer noch derander einigen erlangten Vortheils zu ruͤhmen/ als der Graf von Naſſau das Kriegs-Zeichen/ darauff das ſilberne Bild des Druſus ſtand/ dem Petro- nius auswand/ und Seſitach zugleich mit ſeiner Reuterey nun auch in dieſen Fluͤgel einbrach/ welche theils mit ihren Lantzen und viel laͤngern Degen/ als das Fußvolck zu fuͤhren gewohnt iſt/ die Glieder zertreñeten/ theils durch die Gewalt der Pferde die Roͤmer zu Boden renneten/ al- ſo daß Cejonius in das Thal zwiſchen das Ge- ſtruͤttig zu weichen/ und ſich in das verlaſſene Roͤmiſche Laͤger zu fluͤchten befahl. Die Roͤ- mer folgten ihrem zuruͤckweichenden Adler/ die Gallier ihren Fahnen nach. Rhemetal- ces blieb allein mit ſeinen wenigen Thraciern ſtehen/ und verfiuchte die Zagheit des Cejonius. Alleine was ſolte dieſe Handvoll Volck gegen dem Strome eines ſiegenden Heeres ausrich- ten? Die hartnaͤckichten Thracier wurden faſt alle erſchlagen/ dem Fuͤrſten Rhemetalces aber/ welcher auf dieſer Wallſtatt gerne eine ruhm- wuͤrdige Helden-Baare erlanget haͤtte/ ward es nicht ſo gut/ daß er ſterben mochte. Denn Hertzog Arpus befahl/ daß ihn niemand ver- wunden/ ſondern lebendig fangen ſolte. Das mittlere Groß beyder Kriegs-Heere kam am laͤngſamſten zum Treffen/ weil Hertzog Herrmann wahrgenommen/ daß die groͤſſeſte Macht der Roͤmer darein geſtellt war/ und da- her befohlen hatte/ daß ſeine zwey Fluͤgel ſich als zwey Hoͤrner herfuͤr ziehen/ und den Feind bald Anfangs zum Schrecken des langſam zum Gefechte kommenden Kernes in ſeiner Schwaͤ- che angreiffen ſolten. Nichts deſto weniger war der Streit am allergrimmigſten/ und dahero auch am blutigſten. Sintemal wie in dem Hertzen alle Lebens-Kraͤffte gleichſam in einen Mittel-Punct zuſammen gezogen werden; alſo ſich umb beyde obriſte Feldher- ren auch die Kraͤffte der Streitenden anein- ander drangen. Denn dieſe ſind in Wahr- heit das Hertz und die Seele eines Heeres/ welche allen andern Gliedern ihre Bewegung mittheilen/ und durch vorſichtige oder ſchlim- me Anſtalt den Ausgang einer Schlacht herr- lich oder erbaͤrmlich machen. Quintilius Varus kam zu dieſer Schlacht wider ſeinen Willen/ und dahero auch mit weniger Hoffnung des Sieges. Jhn trug nicht allein ſein Ge- muͤthe nicht zu den Waffen/ und ſeine Lebens- Art hatte ihm auch keine kriegeriſche Zunei- gung angewoͤhnt; ſondern es hatte ſo wol ſein natuͤrlicher Trieb/ als ſeine bißherige Verwal- tungen ihn mehr zu Schlichtung der Rechts- Haͤndel/ als Schlacht-Ordnungen zu ſtellen geſchickt gemacht. Denn Syrien/ ſo lange er Land-Vogt daſelbſt war/ behielt mit ſeinem Gehorſam eine beſtaͤndige Ruhe/ und ſeine wichtigſte Verrichtungen waren daſelbſt ge- weſt/ daß er dem Herodes im Nahmen des Kayſers die Landſchafften Trachonitis und Batanee eingeliefert/ die Stadt Caͤſarea dem Druſus zu Ehren koͤſtlicher zu erbauen/ mit einem groſſen Hafen zu verſehen/ eingerathen/ ja zwiſchen dem Herodes und den Gadaren- ſern einen Richter abgegeben/ und jenem des alten Juͤdiſchen Koͤnig Davids Grab zu er- brechen/ und dadurch ſeinem Geitze eine Naſe zu drehen Anlaß gegeben hatte. Ob auch wol die erſchoͤpften Juden zuletzt wider den Varus und Sabinus/ als von welchen ſie biß auffs Blut ausgemergelt/ ihre Schloͤſſer ihnen abgenommen/ des Herodes verlaſſene Schaͤtze gewaltſam angegriffen/ ja aus dem Tempel zu Jeruſalem der Kirchen - Schatz geraubt worden/ am Pfingſt - Feſte einen Aufſtand erregten/ auch den Sabinus/ Rufus und F 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/91
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/91>, abgerufen am 01.11.2024.