Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.Das Vierdte Buch. Es ist auch Dardanus dein anherr nicht gewesen/Man hat diß nicht gehört/ man hat diß nicht gelesen/ Das aber wird gegläubt/ daß dich der Caucasus Der ungeheure berg gezeuget haben muß: Ja wer da sagt/ daß du die erste milch gesogen Von einem Tigerthier/ derselb hat nicht gelogen. Was sol ich schweigen still/ was kan noch grösser seyn/ Daß ich zum auffruck dir noch könte streuen ein? Schaut lieber/ schauet doch/ hat er ob unser weinen Geseufftzet auch einmal? kan er auch traurig scheinen? Hat er ein aug verwand? Hat er mit uns geweint? Hat er sich mein erbarmt/ und es noch gut gemeint? Mit was sol ich die schmach vergleichen! O ihr Götter/ Du grosse Juno du/ und Jupiter mein retter/ Wie könnet ihr diß an-mit gleichen augen-sehn/ Wollt ihr gerechte rach nicht lassen drauff ergehn; Ist doch kein glaub und tren bey menschen mehr zufinden/ Wil doch fast alles recht und redligkeit verschwinden/ Hört meine klagen an: Ich habe diesen knecht; Da er am user lag gantz dürfftig arm und schlecht; Nicht nur genommen auff/ gepfleget und gelabet/ Ich thörichte hab auch denselbigen begabet Mit hoher ehr/ ihm auch ein theil geboten an Vom meinem königreich/ auch vorschub sonst gethan/ Zu seinen zeug und heer: Ich habe seine leute Beschützt/ daß sie nicht sind gesetzt zum raub und beute Geworden meiner pursch. Ach niemand halte mich/ Ich muß michlassen aus und wüten grimmiglich. Bald
Das Vierdte Buch. Es iſt auch Dardanus dein anherr nicht geweſen/Man hat diß nicht gehoͤrt/ man hat diß nicht geleſen/ Das aber wird geglaͤubt/ daß dich der Caucaſus Der ungeheure berg gezeuget haben muß: Ja wer da ſagt/ daß du die erſte milch geſogen Von einem Tigerthier/ derſelb hat nicht gelogen. Was ſol ich ſchweigen ſtill/ was kan noch groͤſſer ſeyn/ Daß ich zum auffruck dir noch koͤnte ſtreuen ein? Schaut lieber/ ſchauet doch/ hat er ob unſer weinen Geſeufftzet auch einmal? kan er auch traurig ſcheinen? Hat er ein aug verwand? Hat er mit uns geweint? Hat er ſich mein erbarmt/ und es noch gut gemeint? Mit was ſol ich die ſchmach vergleichen! O ihr Goͤtter/ Du groſſe Juno du/ und Jupiter mein retter/ Wie koͤnnet ihr diß an-mit gleichen augen-ſehn/ Wollt ihr gerechte rach nicht laſſen drauff ergehn; Iſt doch kein glaub und tren bey menſchen mehr zufinden/ Wil doch faſt alles recht und redligkeit verſchwinden/ Hoͤrt meine klagen an: Ich habe dieſen knecht; Da er am uſer lag gantz duͤrfftig arm und ſchlecht; Nicht nur genommen auff/ gepfleget und gelabet/ Ich thoͤrichte hab auch denſelbigen begabet Mit hoher ehr/ ihm auch ein theil geboten an Vom meinem koͤnigreich/ auch vorſchub ſonſt gethan/ Zu ſeinen zeug und heer: Ich habe ſeine leute Beſchuͤtzt/ daß ſie nicht ſind geſetzt zum raub und beute Geworden meiner purſch. Ach niemand halte mich/ Ich muß michlaſſen aus und wuͤten grimmiglich. Bald
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Das Vierdte Buch.
Es iſt auch Dardanus dein anherr nicht geweſen/
Man hat diß nicht gehoͤrt/ man hat diß nicht geleſen/
Das aber wird geglaͤubt/ daß dich der Caucaſus
Der ungeheure berg gezeuget haben muß:
Ja wer da ſagt/ daß du die erſte milch geſogen
Von einem Tigerthier/ derſelb hat nicht gelogen.
Was ſol ich ſchweigen ſtill/ was kan noch groͤſſer ſeyn/
Daß ich zum auffruck dir noch koͤnte ſtreuen ein?
Schaut lieber/ ſchauet doch/ hat er ob unſer weinen
Geſeufftzet auch einmal? kan er auch traurig ſcheinen?
Hat er ein aug verwand? Hat er mit uns geweint?
Hat er ſich mein erbarmt/ und es noch gut gemeint?
Mit was ſol ich die ſchmach vergleichen! O ihr Goͤtter/
Du groſſe Juno du/ und Jupiter mein retter/
Wie koͤnnet ihr diß an-mit gleichen augen-ſehn/
Wollt ihr gerechte rach nicht laſſen drauff ergehn;
Iſt doch kein glaub und tren bey menſchen mehr zufinden/
Wil doch faſt alles recht und redligkeit verſchwinden/
Hoͤrt meine klagen an: Ich habe dieſen knecht;
Da er am uſer lag gantz duͤrfftig arm und ſchlecht;
Nicht nur genommen auff/ gepfleget und gelabet/
Ich thoͤrichte hab auch denſelbigen begabet
Mit hoher ehr/ ihm auch ein theil geboten an
Vom meinem koͤnigreich/ auch vorſchub ſonſt gethan/
Zu ſeinen zeug und heer: Ich habe ſeine leute
Beſchuͤtzt/ daß ſie nicht ſind geſetzt zum raub und beute
Geworden meiner purſch. Ach niemand halte mich/
Ich muß michlaſſen aus und wuͤten grimmiglich.
Bald
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Zitationshilfe: | Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/202>, abgerufen am 15.06.2024. |