Das weite Weltmeer hingegen, welches weit den größesten Theil unsrer Erdkugel bedeckt, und die 4 großen Meere in welche dieses idealisch getheilt wird, insonderheit das indische Meer, worüber am mehresten gestritten wor- den, können nicht nur von keiner Macht völlig besessen werden, sondern es fehlt hauptsächlich an dem Rechtferti- gungsgrunde dieser Erwerbung, da es unbeschadet des Ge- brauchs und der Sicherheit aller Völker gemeinschaftlich bleiben kann, und bloße Handelseifersucht kein Grund zu Erwerbung eines Ausschließungsrechts ist. Weder die erste Beschiffung desselben, noch päbstliche Vergünstigung, noch Verjährung, hat den übrigen Völkern das Recht auf den gemeinschaftlichen Gebrauch beschränken können a). Das weite Weltmeer ist daher frey, und muß es bleiben, auch wird heutiges Tages von allen Mächten, selbst von Por- tugal und Spanien, nach den vergeblich im 16ten und 17ten Jahrhundert daran gemachten Ansprüchen, selbst das indi- sche Meer, obwohl mit Ausschluß der auf beträchtliche Theile desselben noch fortwährenden Anforderungen b) für frey, und dem Gebrauch aller Völker offen anerkannt. Daß indeß eine Nation dem Recht, selbiges zu beschiffen, zum Vortheil einer andern entsagen könne, leidet keinen Zweifel c), doch erlangt alsdenn nur diese dadurch ein Recht des Widerspruchs.
a)Grotiusmare liberum seu de iure quod Batauis competit ad Indica commercia 1609. 8. und nebst mehreren Schriften beym Hage- meyer und Cocceji.
b) Span. Erklärung vom 4. Jul. 1790. Hist. pol. Magazin 1790. B. II. S. 182.
c) Wiener Vertrag zwischen Gesterreich und Großbritannien 1731. Rousset Suppl. T. II. P. II. p. 288, mit Beytritt von Holland 1732. ibid. p. 287.
§. 38.
D
Erwerbung des Eigenthums.
§. 37. Das große Weltmeer.
Das weite Weltmeer hingegen, welches weit den groͤßeſten Theil unſrer Erdkugel bedeckt, und die 4 großen Meere in welche dieſes idealiſch getheilt wird, inſonderheit das indiſche Meer, woruͤber am mehreſten geſtritten wor- den, koͤnnen nicht nur von keiner Macht voͤllig beſeſſen werden, ſondern es fehlt hauptſaͤchlich an dem Rechtferti- gungsgrunde dieſer Erwerbung, da es unbeſchadet des Ge- brauchs und der Sicherheit aller Voͤlker gemeinſchaftlich bleiben kann, und bloße Handelseiferſucht kein Grund zu Erwerbung eines Ausſchließungsrechts iſt. Weder die erſte Beſchiffung deſſelben, noch paͤbſtliche Verguͤnſtigung, noch Verjaͤhrung, hat den uͤbrigen Voͤlkern das Recht auf den gemeinſchaftlichen Gebrauch beſchraͤnken koͤnnen a). Das weite Weltmeer iſt daher frey, und muß es bleiben, auch wird heutiges Tages von allen Maͤchten, ſelbſt von Por- tugal und Spanien, nach den vergeblich im 16ten und 17ten Jahrhundert daran gemachten Anſpruͤchen, ſelbſt das indi- ſche Meer, obwohl mit Ausſchluß der auf betraͤchtliche Theile deſſelben noch fortwaͤhrenden Anforderungen b) fuͤr frey, und dem Gebrauch aller Voͤlker offen anerkannt. Daß indeß eine Nation dem Recht, ſelbiges zu beſchiffen, zum Vortheil einer andern entſagen koͤnne, leidet keinen Zweifel c), doch erlangt alsdenn nur dieſe dadurch ein Recht des Widerſpruchs.
a)Grotiusmare liberum ſeu de iure quod Batauis competit ad Indica commercia 1609. 8. und nebſt mehreren Schriften beym Hage- meyer und Cocceji.
b) Span. Erklaͤrung vom 4. Jul. 1790. Hiſt. pol. Magazin 1790. B. II. S. 182.
c) Wiener Vertrag zwiſchen Geſterreich und Großbritannien 1731. Rousset Suppl. T. II. P. II. p. 288, mit Beytritt von Holland 1732. ibid. p. 287.
§. 38.
D
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Erwerbung des Eigenthums.
§. 37.
Das große Weltmeer.
Das weite Weltmeer hingegen, welches weit den
groͤßeſten Theil unſrer Erdkugel bedeckt, und die 4 großen
Meere in welche dieſes idealiſch getheilt wird, inſonderheit
das indiſche Meer, woruͤber am mehreſten geſtritten wor-
den, koͤnnen nicht nur von keiner Macht voͤllig beſeſſen
werden, ſondern es fehlt hauptſaͤchlich an dem Rechtferti-
gungsgrunde dieſer Erwerbung, da es unbeſchadet des Ge-
brauchs und der Sicherheit aller Voͤlker gemeinſchaftlich
bleiben kann, und bloße Handelseiferſucht kein Grund zu
Erwerbung eines Ausſchließungsrechts iſt. Weder die erſte
Beſchiffung deſſelben, noch paͤbſtliche Verguͤnſtigung, noch
Verjaͤhrung, hat den uͤbrigen Voͤlkern das Recht auf den
gemeinſchaftlichen Gebrauch beſchraͤnken koͤnnen a). Das
weite Weltmeer iſt daher frey, und muß es bleiben, auch
wird heutiges Tages von allen Maͤchten, ſelbſt von Por-
tugal und Spanien, nach den vergeblich im 16ten und 17ten
Jahrhundert daran gemachten Anſpruͤchen, ſelbſt das indi-
ſche Meer, obwohl mit Ausſchluß der auf betraͤchtliche
Theile deſſelben noch fortwaͤhrenden Anforderungen b) fuͤr
frey, und dem Gebrauch aller Voͤlker offen anerkannt.
Daß indeß eine Nation dem Recht, ſelbiges zu beſchiffen,
zum Vortheil einer andern entſagen koͤnne, leidet keinen
Zweifel c), doch erlangt alsdenn nur dieſe dadurch ein
Recht des Widerſpruchs.
a⁾ Grotius mare liberum ſeu de iure quod Batauis competit ad Indica
commercia 1609. 8. und nebſt mehreren Schriften beym Hage-
meyer und Cocceji.
b⁾ Span. Erklaͤrung vom 4. Jul. 1790. Hiſt. pol. Magazin 1790.
B. II. S. 182.
c⁾ Wiener Vertrag zwiſchen Geſterreich und Großbritannien 1731.
Rousset Suppl. T. II. P. II. p. 288, mit Beytritt von Holland
1732. ibid. p. 287.
§. 38.
D
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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/77>, abgerufen am 18.06.2024.
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