Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869.V. Trösteinsamkeit -- Hantierungen. Sprachen. Auch das Anlegen von Sammlungen (vergl.VIII.), welche Umherziehen, Nachschlagen in Büchern und Schreiberei verlangen, ist ein ganz annehmbares Mittel der Aushilfe. Ich z. B. habe geraume Zeit hindurch Probestücke von Mundarten gesammelt, charakteristische Redensarten und Wendungen des Volksmunds, Lieder, Schnaderhupfeln, Mär- chen, Schwänke. Anfangs dienten sie mir nur als Uebung in Dialekten, bald aber nahm ich Interesse an der Sache und fühlte mich zu fortgesetztem Sammeln angeregt. Geistliche, Lehrer, Händler, Wirthe, Senner, Stadt- und Landleute wurden meine Lieferanten. Auch im Unterrichtgeben finden Manche eine willkommene Beschäftigung, zumal Solche, die es nicht vorher berufsmäßig getrieben und das Glück haben, gelehrige Schüler zu finden. Eine Winterpensionärin (es war eine sehr aristokratisch erzogene junge Comtesse) wurde von ihrem Arzte bewogen, dem Töchterchen eines Feld- arbeiters täglich zwei Lehrstunden zu geben, und schon nach Verlauf einer Woche versicherte sie, die beste Unterhaltung dabei zu finden, setzte es eifrig fort und es währte nicht lange, so hatte sich zwischen beiden, gesellschaftlich einander so fern gestellten Wesen eine gegenseitige Anhänglichkeit gebildet, die seitdem vorgehalten hat und beiden zu dauerndem Nutzen gereichte. -- Wären nun aber die Umstände der leidigen Art, daß -- Dann sucht wenigstens etwas auszumitteln, das V. Tröſteinſamkeit — Hantierungen. Sprachen. Auch das Anlegen von Sammlungen (vergl.VIII.), welche Umherziehen, Nachſchlagen in Büchern und Schreiberei verlangen, iſt ein ganz annehmbares Mittel der Aushilfe. Ich z. B. habe geraume Zeit hindurch Probeſtücke von Mundarten geſammelt, charakteriſtiſche Redensarten und Wendungen des Volksmunds, Lieder, Schnaderhupfeln, Mär- chen, Schwänke. Anfangs dienten ſie mir nur als Uebung in Dialekten, bald aber nahm ich Intereſſe an der Sache und fühlte mich zu fortgeſetztem Sammeln angeregt. Geiſtliche, Lehrer, Händler, Wirthe, Senner, Stadt- und Landleute wurden meine Lieferanten. Auch im Unterrichtgeben finden Manche eine willkommene Beſchäftigung, zumal Solche, die es nicht vorher berufsmäßig getrieben und das Glück haben, gelehrige Schüler zu finden. Eine Winterpenſionärin (es war eine ſehr ariſtokratiſch erzogene junge Comteſſe) wurde von ihrem Arzte bewogen, dem Töchterchen eines Feld- arbeiters täglich zwei Lehrſtunden zu geben, und ſchon nach Verlauf einer Woche verſicherte ſie, die beſte Unterhaltung dabei zu finden, ſetzte es eifrig fort und es währte nicht lange, ſo hatte ſich zwiſchen beiden, geſellſchaftlich einander ſo fern geſtellten Weſen eine gegenſeitige Anhänglichkeit gebildet, die ſeitdem vorgehalten hat und beiden zu dauerndem Nutzen gereichte. — Wären nun aber die Umſtände der leidigen Art, daß — Dann ſucht wenigſtens etwas auszumitteln, das <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0173" n="159"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">V.</hi> Tröſteinſamkeit — Hantierungen.</fw><lb/> Sprachen. Auch das Anlegen von Sammlungen (vergl.<lb/><hi rendition="#aq">VIII.</hi>), welche Umherziehen, Nachſchlagen in Büchern und<lb/> Schreiberei verlangen, iſt ein ganz annehmbares Mittel der<lb/> Aushilfe. 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B. im Garten.<lb/> Gärtnerei wurde ſchon im Alterthum als Heilmittel empfohlen<lb/> und vielfach von Großen bis hinauf zum Kaiſer geübt. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118814958">Tre-<lb/> lawney</persName> verſichert, daß nach ſeinen Erfahrungen unter die zu-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [159/0173]
V. Tröſteinſamkeit — Hantierungen.
Sprachen. Auch das Anlegen von Sammlungen (vergl.
VIII.), welche Umherziehen, Nachſchlagen in Büchern und
Schreiberei verlangen, iſt ein ganz annehmbares Mittel der
Aushilfe. Ich z. B. habe geraume Zeit hindurch Probeſtücke
von Mundarten geſammelt, charakteriſtiſche Redensarten und
Wendungen des Volksmunds, Lieder, Schnaderhupfeln, Mär-
chen, Schwänke. Anfangs dienten ſie mir nur als Uebung in
Dialekten, bald aber nahm ich Intereſſe an der Sache und
fühlte mich zu fortgeſetztem Sammeln angeregt. Geiſtliche,
Lehrer, Händler, Wirthe, Senner, Stadt- und Landleute
wurden meine Lieferanten. Auch im Unterrichtgeben finden
Manche eine willkommene Beſchäftigung, zumal Solche, die
es nicht vorher berufsmäßig getrieben und das Glück haben,
gelehrige Schüler zu finden. Eine Winterpenſionärin (es
war eine ſehr ariſtokratiſch erzogene junge Comteſſe) wurde
von ihrem Arzte bewogen, dem Töchterchen eines Feld-
arbeiters täglich zwei Lehrſtunden zu geben, und ſchon nach
Verlauf einer Woche verſicherte ſie, die beſte Unterhaltung
dabei zu finden, ſetzte es eifrig fort und es währte nicht lange,
ſo hatte ſich zwiſchen beiden, geſellſchaftlich einander ſo fern
geſtellten Weſen eine gegenſeitige Anhänglichkeit gebildet, die
ſeitdem vorgehalten hat und beiden zu dauerndem Nutzen
gereichte.
— Wären nun aber die Umſtände der leidigen Art, daß
jenes ganze Zeughaus von Waffen gegen Langeweile und
Trübſinn verſchloſſen iſt, forderten die Aerzte jede körperliche
und geiſtige Anſtrengung zu fliehen, auch Muſik zu meiden,
wie dann? —
— Dann ſucht wenigſtens etwas auszumitteln, das
irgend einen Mechanismus hat, ſei es auch nur ein leichtes
Handwerk oder ſonſtige Hantierung, womöglich eine, die ſich
unter freiem Himmel vornehmen läßt, z. B. im Garten.
Gärtnerei wurde ſchon im Alterthum als Heilmittel empfohlen
und vielfach von Großen bis hinauf zum Kaiſer geübt. Tre-
lawney verſichert, daß nach ſeinen Erfahrungen unter die zu-
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Zitationshilfe: | Michelis, Arthur: Reiseschule für Touristen und Curgäste. Leipzig, 1869, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/michelis_reiseschule_1869/173>, abgerufen am 17.06.2024. |