Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.seine politische Verfassung geben. verhinderte, und das Strenge milderte, was in der tägli-chen schlechten Kost und der regelmäßigen Kleidung herrschte. Die Einwohner genossen unendlich mehrere Freuden, als diejenigen, die sich solche durch täglichen Genuß unschmack- haft machen, und die Linnenweber Lieder klangen heller als alle unsre Opernarien. Dergleichen kleine Einrichtungen lassen sich im Großen XXI. Also soll man mit Verstattung eines Be- gräbnisses auf dem Kirchhofe nicht zu gefällig seyn. Es ist schon so manches Unglück daher entstanden, daß auf E 4
ſeine politiſche Verfaſſung geben. verhinderte, und das Strenge milderte, was in der taͤgli-chen ſchlechten Koſt und der regelmaͤßigen Kleidung herrſchte. Die Einwohner genoſſen unendlich mehrere Freuden, als diejenigen, die ſich ſolche durch taͤglichen Genuß unſchmack- haft machen, und die Linnenweber Lieder klangen heller als alle unſre Opernarien. Dergleichen kleine Einrichtungen laſſen ſich im Großen XXI. Alſo ſoll man mit Verſtattung eines Be- graͤbniſſes auf dem Kirchhofe nicht zu gefaͤllig ſeyn. Es iſt ſchon ſo manches Ungluͤck daher entſtanden, daß auf E 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0085" n="71"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">ſeine politiſche Verfaſſung geben.</hi></fw><lb/> verhinderte, und das Strenge milderte, was in der taͤgli-<lb/> chen ſchlechten Koſt und der regelmaͤßigen Kleidung herrſchte.<lb/> Die Einwohner genoſſen unendlich mehrere Freuden, als<lb/> diejenigen, die ſich ſolche durch taͤglichen Genuß unſchmack-<lb/> haft machen, und die Linnenweber Lieder klangen heller als<lb/> alle unſre Opernarien.</p><lb/> <p>Dergleichen kleine Einrichtungen laſſen ſich im Großen<lb/> gar nicht machen. Sie ſind blos das gluͤckliche Spiel klei-<lb/> ner Staͤdte oder Kotterien; und ſo ſollte eine Landesobrig-<lb/> keit dieſen Geiſt zu erwecken, und durch dienliche Beguͤnſti-<lb/> gungen oder Belohnungen zu befoͤrdern ſuchen. Vielleicht<lb/> haͤtten wir denn auch unſre Solonen und Lycurgen. Wir<lb/> ſehen taͤglich was fuͤr große Dinge Innungen, Geſellſchaf-<lb/> ten, Bruͤderſchaften und dergleichen Verbindungen ſchaffen<lb/> koͤnnen. Was kann uns alſo abhalten die Menſchen mit<lb/> dieſem Faden zu ihrem Beſten zu leiten? Wie angenehm<lb/> wuͤrde es nicht fuͤr Reiſende ſeyn, auf jeder Station gleich-<lb/> ſam eine beſondere Art von Menſchen zu ſehen? und in je-<lb/> dem Hafen ein neues Otaheite zu finden? wie viele Philo-<lb/> ſophen wuͤrden nicht reiſen, um das mannigfaltige Kunſt-<lb/> werk, den Menſchen, zu ſehen?</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XXI.</hi><lb/> Alſo ſoll man mit Verſtattung eines Be-<lb/> graͤbniſſes auf dem Kirchhofe nicht zu<lb/> gefaͤllig ſeyn.</hi> </head><lb/> <p>Es iſt ſchon ſo manches Ungluͤck daher entſtanden, daß<lb/> die Obrigkeit ſolchen Perſonen, die ſich ſelbſt ums Le-<lb/> ben gebracht, oder auf andre Art des Rechts, der chriſtli-<lb/> chen Gemeinſchaft, verluſtig gemacht haben, ein Begraͤbnis<lb/> <fw place="bottom" type="sig">E 4</fw><fw place="bottom" type="catch">auf</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [71/0085]
ſeine politiſche Verfaſſung geben.
verhinderte, und das Strenge milderte, was in der taͤgli-
chen ſchlechten Koſt und der regelmaͤßigen Kleidung herrſchte.
Die Einwohner genoſſen unendlich mehrere Freuden, als
diejenigen, die ſich ſolche durch taͤglichen Genuß unſchmack-
haft machen, und die Linnenweber Lieder klangen heller als
alle unſre Opernarien.
Dergleichen kleine Einrichtungen laſſen ſich im Großen
gar nicht machen. Sie ſind blos das gluͤckliche Spiel klei-
ner Staͤdte oder Kotterien; und ſo ſollte eine Landesobrig-
keit dieſen Geiſt zu erwecken, und durch dienliche Beguͤnſti-
gungen oder Belohnungen zu befoͤrdern ſuchen. Vielleicht
haͤtten wir denn auch unſre Solonen und Lycurgen. Wir
ſehen taͤglich was fuͤr große Dinge Innungen, Geſellſchaf-
ten, Bruͤderſchaften und dergleichen Verbindungen ſchaffen
koͤnnen. Was kann uns alſo abhalten die Menſchen mit
dieſem Faden zu ihrem Beſten zu leiten? Wie angenehm
wuͤrde es nicht fuͤr Reiſende ſeyn, auf jeder Station gleich-
ſam eine beſondere Art von Menſchen zu ſehen? und in je-
dem Hafen ein neues Otaheite zu finden? wie viele Philo-
ſophen wuͤrden nicht reiſen, um das mannigfaltige Kunſt-
werk, den Menſchen, zu ſehen?
XXI.
Alſo ſoll man mit Verſtattung eines Be-
graͤbniſſes auf dem Kirchhofe nicht zu
gefaͤllig ſeyn.
Es iſt ſchon ſo manches Ungluͤck daher entſtanden, daß
die Obrigkeit ſolchen Perſonen, die ſich ſelbſt ums Le-
ben gebracht, oder auf andre Art des Rechts, der chriſtli-
chen Gemeinſchaft, verluſtig gemacht haben, ein Begraͤbnis
auf
E 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeFür das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |