Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793.
8-16. Die merkwürdige Erscheinung von einem Manne, der nach einer Lähmung das gelesene nicht aber das gehörte hatte aussprechen können, wird von mir aufs neue untersucht und psychologisch erklärt. Jch zeige gegen den Verfasser dieses Aufsatzes, daß in Ansehung der Dauer einer Vorstellung kein Unterschied zwischen verschiedenen Sinnesvorstellungen, sondern bloß zwischen den verschiedenen Graden des in einer Vorstellung apprehendirten Mannigfaltigen statt finden kann, folglich dieses kein Erklärungsgrund zu dieser Erscheinung abgeben kann. Jch schicke meiner Erklärung folgende Sätze voraus. 1) Das der ganzen Psychologie zum Grund liegende Gesetz der Assoziation überhaupt. 2) Die verschiedene Grade dieser Assoziation. 3) Der höchste Grad derselben. 4) Der Grad der Assoziation kann in den zu assoziirenden Vorstellungen
8-16. Die merkwuͤrdige Erscheinung von einem Manne, der nach einer Laͤhmung das gelesene nicht aber das gehoͤrte hatte aussprechen koͤnnen, wird von mir aufs neue untersucht und psychologisch erklaͤrt. Jch zeige gegen den Verfasser dieses Aufsatzes, daß in Ansehung der Dauer einer Vorstellung kein Unterschied zwischen verschiedenen Sinnesvorstellungen, sondern bloß zwischen den verschiedenen Graden des in einer Vorstellung apprehendirten Mannigfaltigen statt finden kann, folglich dieses kein Erklaͤrungsgrund zu dieser Erscheinung abgeben kann. Jch schicke meiner Erklaͤrung folgende Saͤtze voraus. 1) Das der ganzen Psychologie zum Grund liegende Gesetz der Assoziation uͤberhaupt. 2) Die verschiedene Grade dieser Assoziation. 3) Der hoͤchste Grad derselben. 4) Der Grad der Assoziation kann in den zu assoziirenden Vorstellungen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0119" n="119"/><lb/> Charaktere gleich. — Unterschied zwischen den <hi rendition="#b">hoͤheren</hi> und <hi rendition="#b">niedern</hi> Seelenvermoͤgen. Die Wirkung dieser erfolgt in der <hi rendition="#b">Zeit,</hi> und ist also theilbar. Die Wuͤrkung jener hingegen ist immer eine <hi rendition="#b">untheilbare Einheit.</hi> Die hoͤhern Seelenvermoͤgen sind an sich keinen Krankheiten unterworfen, sondern bloß die niedern Seelenvermoͤgen. — Erklaͤrung der Seelengesundheit und Seelenkrankheit.</p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> <div n="3"> <head>8-16.</head><lb/> <p>Die merkwuͤrdige Erscheinung von einem Manne, der nach einer Laͤhmung das <hi rendition="#b">gelesene</hi> nicht aber das <hi rendition="#b">gehoͤrte</hi> hatte aussprechen koͤnnen, wird von mir aufs neue untersucht und psychologisch erklaͤrt. Jch zeige gegen den Verfasser dieses Aufsatzes, daß in Ansehung der <hi rendition="#b">Dauer</hi> einer Vorstellung kein Unterschied zwischen <hi rendition="#b">verschiedenen Sinnesvorstellungen,</hi> sondern bloß zwischen den verschiedenen Graden des in einer Vorstellung apprehendirten Mannigfaltigen statt finden kann, folglich dieses kein Erklaͤrungsgrund zu dieser Erscheinung abgeben kann.</p> <p>Jch schicke meiner Erklaͤrung folgende Saͤtze voraus. 1) Das der ganzen Psychologie zum Grund liegende Gesetz der Assoziation uͤberhaupt. 2) Die verschiedene Grade dieser Assoziation. 3) Der hoͤchste Grad derselben. 4) Der Grad der Assoziation kann in den zu <choice><corr>assoziirenden</corr><sic>assozirenden</sic></choice> Vorstellungen<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [119/0119]
Charaktere gleich. — Unterschied zwischen den hoͤheren und niedern Seelenvermoͤgen. Die Wirkung dieser erfolgt in der Zeit, und ist also theilbar. Die Wuͤrkung jener hingegen ist immer eine untheilbare Einheit. Die hoͤhern Seelenvermoͤgen sind an sich keinen Krankheiten unterworfen, sondern bloß die niedern Seelenvermoͤgen. — Erklaͤrung der Seelengesundheit und Seelenkrankheit.
8-16.
Die merkwuͤrdige Erscheinung von einem Manne, der nach einer Laͤhmung das gelesene nicht aber das gehoͤrte hatte aussprechen koͤnnen, wird von mir aufs neue untersucht und psychologisch erklaͤrt. Jch zeige gegen den Verfasser dieses Aufsatzes, daß in Ansehung der Dauer einer Vorstellung kein Unterschied zwischen verschiedenen Sinnesvorstellungen, sondern bloß zwischen den verschiedenen Graden des in einer Vorstellung apprehendirten Mannigfaltigen statt finden kann, folglich dieses kein Erklaͤrungsgrund zu dieser Erscheinung abgeben kann.
Jch schicke meiner Erklaͤrung folgende Saͤtze voraus. 1) Das der ganzen Psychologie zum Grund liegende Gesetz der Assoziation uͤberhaupt. 2) Die verschiedene Grade dieser Assoziation. 3) Der hoͤchste Grad derselben. 4) Der Grad der Assoziation kann in den zu assoziirenden Vorstellungen
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