Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793.
Anmerkung. Da diese Unterscheidung etwas dunkel scheinen möchte, so werde ich sie hier, nachdem ich sie gefaßt habe, zu erläutern suchen. Die Anziehungskraft oder Wirkungsart, wornach die Körper nach gerader Verhältniß ihrer Massen, und umgekehrter Verhältniß ihrer Entfernungen sich einander anziehen, ist eine Grundkraft, indem sie dem Weltsystem sowohl als dem Aufsteigen der Flüssigkeiten in den Haarröhrchen auf gleiche Art, zum Grunde liegt. Dahingegen, das Leben z.B. ist zwar dem Menschen und dem unvernünftigen Thiere gemein, da aber die Vernunft eine zu demselben hinzukommende, aber in demselben nicht enthaltene Bestimmung des Menschen ist, so ist das Leben keine Grundkraft, woraus sich die Entstehung des Menschen als eines vernünftigen Wesens erklären lassen sollte, sondern eine Generalkraft, indem es in dem Menschen so wie in dem Thiere anzutreffen ist.
Anmerkung. Da diese Unterscheidung etwas dunkel scheinen moͤchte, so werde ich sie hier, nachdem ich sie gefaßt habe, zu erlaͤutern suchen. Die Anziehungskraft oder Wirkungsart, wornach die Koͤrper nach gerader Verhaͤltniß ihrer Massen, und umgekehrter Verhaͤltniß ihrer Entfernungen sich einander anziehen, ist eine Grundkraft, indem sie dem Weltsystem sowohl als dem Aufsteigen der Fluͤssigkeiten in den Haarroͤhrchen auf gleiche Art, zum Grunde liegt. Dahingegen, das Leben z.B. ist zwar dem Menschen und dem unvernuͤnftigen Thiere gemein, da aber die Vernunft eine zu demselben hinzukommende, aber in demselben nicht enthaltene Bestimmung des Menschen ist, so ist das Leben keine Grundkraft, woraus sich die Entstehung des Menschen als eines vernuͤnftigen Wesens erklaͤren lassen sollte, sondern eine Generalkraft, indem es in dem Menschen so wie in dem Thiere anzutreffen ist.
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Moͤglichkeit oder Wirklichkeit gewisser Erscheinungen, die in der That identisch sind, und nur durch zufaͤllige Bestimmungen sich als verschieden zeigen, und verschiedenen Kraͤften zugeschrieben werden. Generalkraft hingegen ist der generische Begrif aller unter demselben Geschlecht stehenden Arten, das nur das, allen diesen Gemeinschaftliche, begreift.
Anmerkung.
Da diese Unterscheidung etwas dunkel scheinen moͤchte, so werde ich sie hier, nachdem ich sie gefaßt habe, zu erlaͤutern suchen.
Die Anziehungskraft oder Wirkungsart, wornach die Koͤrper nach gerader Verhaͤltniß ihrer Massen, und umgekehrter Verhaͤltniß ihrer Entfernungen sich einander anziehen, ist eine Grundkraft, indem sie dem Weltsystem sowohl als dem Aufsteigen der Fluͤssigkeiten in den Haarroͤhrchen auf gleiche Art, zum Grunde liegt. Dahingegen, das Leben z.B. ist zwar dem Menschen und dem unvernuͤnftigen Thiere gemein, da aber die Vernunft eine zu demselben hinzukommende, aber in demselben nicht enthaltene Bestimmung des Menschen ist, so ist das Leben keine Grundkraft, woraus sich die Entstehung des Menschen als eines vernuͤnftigen Wesens erklaͤren lassen sollte, sondern eine Generalkraft, indem es in dem Menschen so wie in dem Thiere anzutreffen ist.
S. M.
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01003_1793/137>, abgerufen am 10.06.2024. |