Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 2. Berlin, 1791.Dagegen wollte er aber nun auch gern in derselben finden, was es denn nun mit Gott, der menschlichen Seele, und dem Zustande derselben nach dem Tode, eigentlich für eine Bewandniß habe, und was von Seiten des Menschen dabei zu thun sey. Dies fand er nun aber nicht darin; denn in diesen Schriften schien gleichsam schon vorausgesetzt zu seyn, daß der Leser von dem gewissen Daseyn und der Beschaffenheit dieser Dinge schon unterrichtet und überzeugt sey. -- Die christliche Religion wurde darin erhoben, und doch nicht ausdrücklich gesagt, welche denn eigentlich bei der vielfachen Verschiedenheit derselben, die rechte sey. Dahingegen wurde vielfältig zur Duldung eines jeden Menschen in Ansehung der Religionsmeinungen darin ermahnt. Letzteres fand er nun sehr gerecht und lobenswerth, aber da er die Lehren der Mystik als eine bloße Schwärmerei hatte einsehen gelernt, und jetzt eigentlich ohne alle Bestimmtheit in Ansehung der Religionsmeinungen war, so machte dies ihm viel zu schaffen; weil er bei der vielfachen Verschiedenheit der Religionsmeinungen in der Christenheit doch nun nicht wußte, welcher er eigentlich zugethan seyn sollte. Wie denn solches mit mehrern aus folgendem Briefe erhellet, welchen er damals an jemand über seine Religionsmeinungen schrieb, Dagegen wollte er aber nun auch gern in derselben finden, was es denn nun mit Gott, der menschlichen Seele, und dem Zustande derselben nach dem Tode, eigentlich fuͤr eine Bewandniß habe, und was von Seiten des Menschen dabei zu thun sey. Dies fand er nun aber nicht darin; denn in diesen Schriften schien gleichsam schon vorausgesetzt zu seyn, daß der Leser von dem gewissen Daseyn und der Beschaffenheit dieser Dinge schon unterrichtet und uͤberzeugt sey. — Die christliche Religion wurde darin erhoben, und doch nicht ausdruͤcklich gesagt, welche denn eigentlich bei der vielfachen Verschiedenheit derselben, die rechte sey. Dahingegen wurde vielfaͤltig zur Duldung eines jeden Menschen in Ansehung der Religionsmeinungen darin ermahnt. Letzteres fand er nun sehr gerecht und lobenswerth, aber da er die Lehren der Mystik als eine bloße Schwaͤrmerei hatte einsehen gelernt, und jetzt eigentlich ohne alle Bestimmtheit in Ansehung der Religionsmeinungen war, so machte dies ihm viel zu schaffen; weil er bei der vielfachen Verschiedenheit der Religionsmeinungen in der Christenheit doch nun nicht wußte, welcher er eigentlich zugethan seyn sollte. Wie denn solches mit mehrern aus folgendem Briefe erhellet, welchen er damals an jemand uͤber seine Religionsmeinungen schrieb, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0079" n="79"/><lb/> <p>Dagegen wollte er aber nun auch gern in derselben finden, was es denn nun mit Gott, der menschlichen Seele, und dem Zustande derselben nach dem Tode, eigentlich fuͤr eine Bewandniß habe, und was von Seiten des Menschen dabei zu thun sey. </p> <p>Dies fand er nun aber nicht darin; denn in diesen Schriften schien gleichsam schon vorausgesetzt zu seyn, daß der Leser von dem gewissen Daseyn und der Beschaffenheit dieser Dinge schon unterrichtet und uͤberzeugt sey. — Die christliche Religion wurde darin erhoben, und doch nicht ausdruͤcklich gesagt, welche denn eigentlich bei der vielfachen Verschiedenheit derselben, die rechte sey. Dahingegen wurde vielfaͤltig zur Duldung eines jeden Menschen in Ansehung der Religionsmeinungen darin ermahnt. </p> <p>Letzteres fand er nun sehr gerecht und lobenswerth, aber da er die Lehren der Mystik als eine bloße Schwaͤrmerei hatte einsehen gelernt, und jetzt eigentlich ohne alle Bestimmtheit in Ansehung der Religionsmeinungen war, so machte dies ihm viel zu schaffen; weil er bei der vielfachen Verschiedenheit der Religionsmeinungen in der Christenheit doch nun nicht wußte, welcher er eigentlich zugethan seyn sollte. Wie denn solches mit mehrern aus folgendem Briefe erhellet, welchen er damals an jemand uͤber seine Religionsmeinungen schrieb,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [79/0079]
Dagegen wollte er aber nun auch gern in derselben finden, was es denn nun mit Gott, der menschlichen Seele, und dem Zustande derselben nach dem Tode, eigentlich fuͤr eine Bewandniß habe, und was von Seiten des Menschen dabei zu thun sey.
Dies fand er nun aber nicht darin; denn in diesen Schriften schien gleichsam schon vorausgesetzt zu seyn, daß der Leser von dem gewissen Daseyn und der Beschaffenheit dieser Dinge schon unterrichtet und uͤberzeugt sey. — Die christliche Religion wurde darin erhoben, und doch nicht ausdruͤcklich gesagt, welche denn eigentlich bei der vielfachen Verschiedenheit derselben, die rechte sey. Dahingegen wurde vielfaͤltig zur Duldung eines jeden Menschen in Ansehung der Religionsmeinungen darin ermahnt.
Letzteres fand er nun sehr gerecht und lobenswerth, aber da er die Lehren der Mystik als eine bloße Schwaͤrmerei hatte einsehen gelernt, und jetzt eigentlich ohne alle Bestimmtheit in Ansehung der Religionsmeinungen war, so machte dies ihm viel zu schaffen; weil er bei der vielfachen Verschiedenheit der Religionsmeinungen in der Christenheit doch nun nicht wußte, welcher er eigentlich zugethan seyn sollte. Wie denn solches mit mehrern aus folgendem Briefe erhellet, welchen er damals an jemand uͤber seine Religionsmeinungen schrieb,
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 2. Berlin, 1791, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0802_1791/79>, abgerufen am 14.06.2024. |