Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 3. Berlin, 1791.
Es vergiengen mehr als zwei Jahre, ehe er diese drei Worte mit lauter Stimme, zumal in Gegenwart eines dritten, aussprechen konnte, ohne dermaßen zu weinen, daß er nicht weiter sprechen konnte. Jch habe ihn sagen hören: daß die Empfindung, die ihn überkäme, so oft er an diese Worte denke, die entzückendste sey, die er jemals gehabt. S. 107. f. Der hier vorgezeichnete Plan ist bewundernswürdig, und verdient von allen Pädagogen nachgeahmet zu werden, die Talent genug dazu besitzen. S. 110. Diese Jdee ist so nützlich als sinnreich. Hier ist ein Beispiel aus meiner eigenen Erfahrung: der Graf von S... bewarb sich um ein Regiment in H...schen Diensten, das vacant wurde. Damals kannte ich ihn nicht von Person; aber die Grundsätze, zu welchen er sich aus Jnteresse bekannte, machten mich für ihn partheiisch. Die Kabale setzte sich ihm entgegen; bis endlich der P... ihm das Regiment antrug; und er sollte nun den Eid leisten, um es zu übernehmen. Denselben Abend erfuhr ich, daß eine Kabale im Werke sey, um die Sache zu hintertreiben, ohngeachtet er von dem P... bereits ernannt war. Mein innigster Freund, der Herr Generaladjutant
Es vergiengen mehr als zwei Jahre, ehe er diese drei Worte mit lauter Stimme, zumal in Gegenwart eines dritten, aussprechen konnte, ohne dermaßen zu weinen, daß er nicht weiter sprechen konnte. Jch habe ihn sagen hoͤren: daß die Empfindung, die ihn uͤberkaͤme, so oft er an diese Worte denke, die entzuͤckendste sey, die er jemals gehabt. S. 107. f. Der hier vorgezeichnete Plan ist bewundernswuͤrdig, und verdient von allen Paͤdagogen nachgeahmet zu werden, die Talent genug dazu besitzen. S. 110. Diese Jdee ist so nuͤtzlich als sinnreich. Hier ist ein Beispiel aus meiner eigenen Erfahrung: der Graf von S... bewarb sich um ein Regiment in H...schen Diensten, das vacant wurde. Damals kannte ich ihn nicht von Person; aber die Grundsaͤtze, zu welchen er sich aus Jnteresse bekannte, machten mich fuͤr ihn partheiisch. Die Kabale setzte sich ihm entgegen; bis endlich der P... ihm das Regiment antrug; und er sollte nun den Eid leisten, um es zu uͤbernehmen. Denselben Abend erfuhr ich, daß eine Kabale im Werke sey, um die Sache zu hintertreiben, ohngeachtet er von dem P... bereits ernannt war. Mein innigster Freund, der Herr Generaladjutant <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0063" n="63"/><lb/> staͤndig mit leiser Stimme wiederholte: <hi rendition="#aq">God is love.</hi> </p> <p>Es vergiengen mehr als zwei Jahre, ehe er diese drei Worte mit lauter Stimme, zumal in Gegenwart eines dritten, aussprechen konnte, ohne dermaßen zu weinen, daß er nicht weiter sprechen konnte. </p> <p>Jch habe ihn sagen hoͤren: daß die Empfindung, die ihn uͤberkaͤme, so oft er an diese Worte denke, die entzuͤckendste sey, die er jemals gehabt. </p> <p>S. 107. f. Der hier vorgezeichnete Plan ist bewundernswuͤrdig, und verdient von allen Paͤdagogen nachgeahmet zu werden, die Talent genug dazu besitzen. </p> <p>S. 110. Diese Jdee ist so nuͤtzlich als sinnreich. Hier ist ein Beispiel aus meiner eigenen Erfahrung: der Graf von S... bewarb sich um ein Regiment in H...schen Diensten, das vacant wurde. </p> <p>Damals kannte ich ihn nicht von Person; aber die Grundsaͤtze, zu welchen er sich aus Jnteresse bekannte, machten mich fuͤr ihn partheiisch. Die Kabale setzte sich ihm entgegen; bis endlich der P... ihm das Regiment antrug; und er sollte nun den Eid leisten, um es zu uͤbernehmen. </p> <p>Denselben Abend erfuhr ich, daß eine Kabale im Werke sey, um die Sache zu hintertreiben, ohngeachtet er von dem P... bereits ernannt war. Mein innigster Freund, der Herr Generaladjutant<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [63/0063]
staͤndig mit leiser Stimme wiederholte: God is love.
Es vergiengen mehr als zwei Jahre, ehe er diese drei Worte mit lauter Stimme, zumal in Gegenwart eines dritten, aussprechen konnte, ohne dermaßen zu weinen, daß er nicht weiter sprechen konnte.
Jch habe ihn sagen hoͤren: daß die Empfindung, die ihn uͤberkaͤme, so oft er an diese Worte denke, die entzuͤckendste sey, die er jemals gehabt.
S. 107. f. Der hier vorgezeichnete Plan ist bewundernswuͤrdig, und verdient von allen Paͤdagogen nachgeahmet zu werden, die Talent genug dazu besitzen.
S. 110. Diese Jdee ist so nuͤtzlich als sinnreich. Hier ist ein Beispiel aus meiner eigenen Erfahrung: der Graf von S... bewarb sich um ein Regiment in H...schen Diensten, das vacant wurde.
Damals kannte ich ihn nicht von Person; aber die Grundsaͤtze, zu welchen er sich aus Jnteresse bekannte, machten mich fuͤr ihn partheiisch. Die Kabale setzte sich ihm entgegen; bis endlich der P... ihm das Regiment antrug; und er sollte nun den Eid leisten, um es zu uͤbernehmen.
Denselben Abend erfuhr ich, daß eine Kabale im Werke sey, um die Sache zu hintertreiben, ohngeachtet er von dem P... bereits ernannt war. Mein innigster Freund, der Herr Generaladjutant
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0803_1791 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0803_1791/63 |
Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 3. Berlin, 1791, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0803_1791/63>, abgerufen am 17.06.2024. |