ein Zimmer eingeschlossen, das mir noch jetzt vollkommen gegenwärtig ist; vorzüglich denke ich sehr lebhaft an ein Klavier, woran ich mich lehnte, mit dem Kopfe in den Händen, und in der Trunkenheit meines Schmerzes, oder vielmehr meiner kindischen Empfindlichkeit. Selbst den Gang meiner damaligen Jdeen weiß ich noch sehr wohl. Mein erster Gedanke war ein lebhafter Wunsch, daß meine Eltern jetzt sterben möchten. Jnzwischen war ich so weit von jedem Gedanken an Vatermord entfernt, daß vielmehr eben der äusserst geringe Grad von Wahrscheinlichkeit, (meine Eltern waren damals noch jung und gesund) sogleich diesen Wunsch entfernte, um einem andern Platz zu machen: ich wünschte meinen eigenen Tod. Jch kannte die Zärtlichkeit meiner Eltern für mich. Jch war überzeugt, daß mein Tod die heftigste Strafe für die Ungerechtigkeit seyn müßte, welche sie an mir verübt hatten; und der Gedanke, mir selbst das Leben zu rauben, hatte eine ganz andre Würkung auf mich, als jener erste Wunsch nach dem Tode meiner Eltern gehabt hatte. So unzugänglich ich jeder Jdee gewesen war, den Tod meiner Eltern selbst zu verüben, so heftig fühlte ich mich zum Selbstmorde aus innerem Wohlgefallen angezogen. Nur die Mittel machten mich verlegen; und ich stand in Gedanken vertieft, um welche zu ersinnen, als man, nach Verlauf einer halben Stunde kommt, um mich aus meinem Gefängnisse zu entlassen.
ein Zimmer eingeschlossen, das mir noch jetzt vollkommen gegenwaͤrtig ist; vorzuͤglich denke ich sehr lebhaft an ein Klavier, woran ich mich lehnte, mit dem Kopfe in den Haͤnden, und in der Trunkenheit meines Schmerzes, oder vielmehr meiner kindischen Empfindlichkeit. Selbst den Gang meiner damaligen Jdeen weiß ich noch sehr wohl. Mein erster Gedanke war ein lebhafter Wunsch, daß meine Eltern jetzt sterben moͤchten. Jnzwischen war ich so weit von jedem Gedanken an Vatermord entfernt, daß vielmehr eben der aͤusserst geringe Grad von Wahrscheinlichkeit, (meine Eltern waren damals noch jung und gesund) sogleich diesen Wunsch entfernte, um einem andern Platz zu machen: ich wuͤnschte meinen eigenen Tod. Jch kannte die Zaͤrtlichkeit meiner Eltern fuͤr mich. Jch war uͤberzeugt, daß mein Tod die heftigste Strafe fuͤr die Ungerechtigkeit seyn muͤßte, welche sie an mir veruͤbt hatten; und der Gedanke, mir selbst das Leben zu rauben, hatte eine ganz andre Wuͤrkung auf mich, als jener erste Wunsch nach dem Tode meiner Eltern gehabt hatte. So unzugaͤnglich ich jeder Jdee gewesen war, den Tod meiner Eltern selbst zu veruͤben, so heftig fuͤhlte ich mich zum Selbstmorde aus innerem Wohlgefallen angezogen. Nur die Mittel machten mich verlegen; und ich stand in Gedanken vertieft, um welche zu ersinnen, als man, nach Verlauf einer halben Stunde kommt, um mich aus meinem Gefaͤngnisse zu entlassen.
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ein Zimmer eingeschlossen, das mir noch jetzt vollkommen gegenwaͤrtig ist; vorzuͤglich denke ich sehr lebhaft an ein Klavier, woran ich mich lehnte, mit dem Kopfe in den Haͤnden, und in der Trunkenheit meines Schmerzes, oder vielmehr meiner kindischen Empfindlichkeit. Selbst den Gang meiner damaligen Jdeen weiß ich noch sehr wohl. Mein erster Gedanke war ein lebhafter Wunsch, daß meine Eltern jetzt sterben moͤchten. Jnzwischen war ich so weit von jedem Gedanken an Vatermord entfernt, daß vielmehr eben der aͤusserst geringe Grad von Wahrscheinlichkeit, (meine Eltern waren damals noch jung und gesund) sogleich diesen Wunsch entfernte, um einem andern Platz zu machen: ich wuͤnschte meinen eigenen Tod. Jch kannte die Zaͤrtlichkeit meiner Eltern fuͤr mich. Jch war uͤberzeugt, daß mein Tod die heftigste Strafe fuͤr die Ungerechtigkeit seyn muͤßte, welche sie an mir veruͤbt hatten; und der Gedanke, mir selbst das Leben zu rauben, hatte eine ganz andre Wuͤrkung auf mich, als jener erste Wunsch nach dem Tode meiner Eltern gehabt hatte. So unzugaͤnglich ich jeder Jdee gewesen war, den Tod meiner Eltern selbst zu veruͤben, so heftig fuͤhlte ich mich zum Selbstmorde aus innerem Wohlgefallen angezogen. Nur die Mittel machten mich verlegen; und ich stand in Gedanken vertieft, um welche zu ersinnen, als man, nach Verlauf einer halben Stunde kommt, um mich aus meinem Gefaͤngnisse zu entlassen. </p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
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ein Zimmer eingeschlossen, das mir noch jetzt vollkommen gegenwaͤrtig ist; vorzuͤglich denke ich sehr lebhaft an ein Klavier, woran ich mich lehnte, mit dem Kopfe in den Haͤnden, und in der Trunkenheit meines Schmerzes, oder vielmehr meiner kindischen Empfindlichkeit. Selbst den Gang meiner damaligen Jdeen weiß ich noch sehr wohl. Mein erster Gedanke war ein lebhafter Wunsch, daß meine Eltern jetzt sterben moͤchten. Jnzwischen war ich so weit von jedem Gedanken an Vatermord entfernt, daß vielmehr eben der aͤusserst geringe Grad von Wahrscheinlichkeit, (meine Eltern waren damals noch jung und gesund) sogleich diesen Wunsch entfernte, um einem andern Platz zu machen: ich wuͤnschte meinen eigenen Tod. Jch kannte die Zaͤrtlichkeit meiner Eltern fuͤr mich. Jch war uͤberzeugt, daß mein Tod die heftigste Strafe fuͤr die Ungerechtigkeit seyn muͤßte, welche sie an mir veruͤbt hatten; und der Gedanke, mir selbst das Leben zu rauben, hatte eine ganz andre Wuͤrkung auf mich, als jener erste Wunsch nach dem Tode meiner Eltern gehabt hatte. So unzugaͤnglich ich jeder Jdee gewesen war, den Tod meiner Eltern selbst zu veruͤben, so heftig fuͤhlte ich mich zum Selbstmorde aus innerem Wohlgefallen angezogen. Nur die Mittel machten mich verlegen; und ich stand in Gedanken vertieft, um welche zu ersinnen, als man, nach Verlauf einer halben Stunde kommt, um mich aus meinem Gefaͤngnisse zu entlassen.
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(2015-06-09T11:00:00Z)
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Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 3. Berlin, 1791, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0803_1791/90>, abgerufen am 17.06.2024.
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