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Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785.

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ihm war es denn wirklich immer, als ob Gott
dieses oder jenes antwortete.

Freylich ging es nicht so ab, daß es nicht zu¬
weilen einige Unzufriedenheit sollte gesetzt haben,
wenn etwa ein unschuldiges Spielwerk, oder
sonst ein Wunsch vereitelt ward. Dann hieß es
oft: aber mir auch diese Kleinigkeit nicht einmal
zu gewähren! oder, das hättest du doch wohl
können geschehen lassen, wenn's irgend möglich
gewesen wäre! und so nahm es sich denn Anton
nicht übel, zuweilen ein wenig mit Gott nach
seiner Art böse zu thun; denn obgleich davon
nichts in der Madam Guion Schriften stand,
so glaubte er doch, es gehöre mit zum vertrau¬
lichen Umgange.

Alle diese Veränderungen gingen mit ihm
vom neunten bis zum zehnten Jahre vor. Wäh¬
rend dieser Zeit nahm ihn auch sein Vater, wegen
des Schadens am Fuße, mit nach dem Gesund¬
brunnen in P. Wie freute er sich nun, den
Hrn. v. F. persönlich kennen zu lernen, von dem
sein Vater beständig mit solcher Ehrfurcht, wie
von einem übermenschlichen Wesen geredet hatte,
und wie freute er sich, dort von seinen großen

ihm war es denn wirklich immer, als ob Gott
dieſes oder jenes antwortete.

Freylich ging es nicht ſo ab, daß es nicht zu¬
weilen einige Unzufriedenheit ſollte geſetzt haben,
wenn etwa ein unſchuldiges Spielwerk, oder
ſonſt ein Wunſch vereitelt ward. Dann hieß es
oft: aber mir auch dieſe Kleinigkeit nicht einmal
zu gewaͤhren! oder, das haͤtteſt du doch wohl
koͤnnen geſchehen laſſen, wenn's irgend moͤglich
geweſen waͤre! und ſo nahm es ſich denn Anton
nicht uͤbel, zuweilen ein wenig mit Gott nach
ſeiner Art boͤſe zu thun; denn obgleich davon
nichts in der Madam Guion Schriften ſtand,
ſo glaubte er doch, es gehoͤre mit zum vertrau¬
lichen Umgange.

Alle dieſe Veraͤnderungen gingen mit ihm
vom neunten bis zum zehnten Jahre vor. Waͤh¬
rend dieſer Zeit nahm ihn auch ſein Vater, wegen
des Schadens am Fuße, mit nach dem Geſund¬
brunnen in P. Wie freute er ſich nun, den
Hrn. v. F. perſoͤnlich kennen zu lernen, von dem
ſein Vater beſtaͤndig mit ſolcher Ehrfurcht, wie
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[28/0038] ihm war es denn wirklich immer, als ob Gott dieſes oder jenes antwortete. Freylich ging es nicht ſo ab, daß es nicht zu¬ weilen einige Unzufriedenheit ſollte geſetzt haben, wenn etwa ein unſchuldiges Spielwerk, oder ſonſt ein Wunſch vereitelt ward. Dann hieß es oft: aber mir auch dieſe Kleinigkeit nicht einmal zu gewaͤhren! oder, das haͤtteſt du doch wohl koͤnnen geſchehen laſſen, wenn's irgend moͤglich geweſen waͤre! und ſo nahm es ſich denn Anton nicht uͤbel, zuweilen ein wenig mit Gott nach ſeiner Art boͤſe zu thun; denn obgleich davon nichts in der Madam Guion Schriften ſtand, ſo glaubte er doch, es gehoͤre mit zum vertrau¬ lichen Umgange. Alle dieſe Veraͤnderungen gingen mit ihm vom neunten bis zum zehnten Jahre vor. Waͤh¬ rend dieſer Zeit nahm ihn auch ſein Vater, wegen des Schadens am Fuße, mit nach dem Geſund¬ brunnen in P. Wie freute er ſich nun, den Hrn. v. F. perſoͤnlich kennen zu lernen, von dem ſein Vater beſtaͤndig mit ſolcher Ehrfurcht, wie von einem uͤbermenſchlichen Weſen geredet hatte, und wie freute er ſich, dort von ſeinen großen

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Anton Reiser. Bd. 1. Berlin, 1785, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_reiser01_1785/38>, abgerufen am 17.05.2024.