menschliche Willkühr an die Stelle jenes Gesetzes treke, wenn die Consumtion die Produktion übersteige, also die Capitalien erst zu Consumtionszwecken gemißbraucht, und dann gänzlich verzehrt würden. --
Zuförderst aber ist diese Ueberlegenheit der Produktion an und für sich, über die Consumtion nur scheinbar: denn, wenn für einen kurzen Zeitraum die Produktion auch die Consumtion merklich zu überschreiten im Stande wäre, so würde die Erwä- gung längerer Zeiträume offenbar das Gegentheil ausweisen, also die Sache wieder ins Gleichgewicht kommen. Es gibt aus dem gewöhnlichen und natürlichen Standpunct der öko- nomischen Betrachtung, wenn man die Consumtion sowohl, als die Produktion im Ganzen und in ihren tausendfältigen, oft sehr verdeckten Erscheinungen betrachtet, kein gedenkbares Motiv der Produktion als die Consumtion: die Gewalt des Todes muß wachsen, wenn das Leben sich erhalten und zu- nehmen soll; denn ohne Feind kein Sieger, ohne Krieg keine Kraft. -- Betrachten wir bloß einerseits das äußerliche Produkt, und die mit Industrie, Capital, Maschinen, gesegnete Produktion, andererseits die Consumtion als bloße Erscheinung, worüber sich doch die Ansicht unserer ökonomischen Theorien niemahls erhebt, so erscheinen sie beyde in einem völlig todten Gleichgewicht, und das höchste Resultat ist die bloße Lebensfristung. Wäre ferner die ge- sammte Industrie wirklich im Stande, die gesammte Con- sumtion zu überfliegen, wäre das Capital ein wirklich selbst- ständiger Ueberschuß der Produktion, so müßte bey nachlassen- der Consumtion die Industrie zu wachsen, oder doch sich zu
menſchliche Willkuͤhr an die Stelle jenes Geſetzes treke, wenn die Conſumtion die Produktion uͤberſteige, alſo die Capitalien erſt zu Conſumtionszwecken gemißbraucht, und dann gaͤnzlich verzehrt wuͤrden. —
Zufoͤrderſt aber iſt dieſe Ueberlegenheit der Produktion an und fuͤr ſich, uͤber die Conſumtion nur ſcheinbar: denn, wenn fuͤr einen kurzen Zeitraum die Produktion auch die Conſumtion merklich zu uͤberſchreiten im Stande waͤre, ſo wuͤrde die Erwaͤ- gung laͤngerer Zeitraͤume offenbar das Gegentheil ausweiſen, alſo die Sache wieder ins Gleichgewicht kommen. Es gibt aus dem gewoͤhnlichen und natuͤrlichen Standpunct der oͤko- nomiſchen Betrachtung, wenn man die Conſumtion ſowohl, als die Produktion im Ganzen und in ihren tauſendfaͤltigen, oft ſehr verdeckten Erſcheinungen betrachtet, kein gedenkbares Motiv der Produktion als die Conſumtion: die Gewalt des Todes muß wachſen, wenn das Leben ſich erhalten und zu- nehmen ſoll; denn ohne Feind kein Sieger, ohne Krieg keine Kraft. — Betrachten wir bloß einerſeits das aͤußerliche Produkt, und die mit Induſtrie, Capital, Maſchinen, geſegnete Produktion, andererſeits die Conſumtion als bloße Erſcheinung, woruͤber ſich doch die Anſicht unſerer oͤkonomiſchen Theorien niemahls erhebt, ſo erſcheinen ſie beyde in einem voͤllig todten Gleichgewicht, und das hoͤchſte Reſultat iſt die bloße Lebensfriſtung. Waͤre ferner die ge- ſammte Induſtrie wirklich im Stande, die geſammte Con- ſumtion zu uͤberfliegen, waͤre das Capital ein wirklich ſelbſt- ſtaͤndiger Ueberſchuß der Produktion, ſo muͤßte bey nachlaſſen- der Conſumtion die Induſtrie zu wachſen, oder doch ſich zu
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menſchliche Willkuͤhr an die Stelle jenes Geſetzes treke, wenn
die Conſumtion die Produktion uͤberſteige, alſo die Capitalien
erſt zu Conſumtionszwecken gemißbraucht, und dann gaͤnzlich
verzehrt wuͤrden. —
Zufoͤrderſt aber iſt dieſe Ueberlegenheit der Produktion an
und fuͤr ſich, uͤber die Conſumtion nur ſcheinbar: denn, wenn
fuͤr einen kurzen Zeitraum die Produktion auch die Conſumtion
merklich zu uͤberſchreiten im Stande waͤre, ſo wuͤrde die Erwaͤ-
gung laͤngerer Zeitraͤume offenbar das Gegentheil ausweiſen,
alſo die Sache wieder ins Gleichgewicht kommen. Es gibt
aus dem gewoͤhnlichen und natuͤrlichen Standpunct der oͤko-
nomiſchen Betrachtung, wenn man die Conſumtion ſowohl,
als die Produktion im Ganzen und in ihren tauſendfaͤltigen,
oft ſehr verdeckten Erſcheinungen betrachtet, kein gedenkbares
Motiv der Produktion als die Conſumtion: die Gewalt des
Todes muß wachſen, wenn das Leben ſich erhalten und zu-
nehmen ſoll; denn ohne Feind kein Sieger, ohne Krieg keine
Kraft. — Betrachten wir bloß einerſeits das aͤußerliche
Produkt, und die mit Induſtrie, Capital, Maſchinen,
geſegnete Produktion, andererſeits die Conſumtion als
bloße Erſcheinung, woruͤber ſich doch die Anſicht unſerer
oͤkonomiſchen Theorien niemahls erhebt, ſo erſcheinen ſie
beyde in einem voͤllig todten Gleichgewicht, und das hoͤchſte
Reſultat iſt die bloße Lebensfriſtung. Waͤre ferner die ge-
ſammte Induſtrie wirklich im Stande, die geſammte Con-
ſumtion zu uͤberfliegen, waͤre das Capital ein wirklich ſelbſt-
ſtaͤndiger Ueberſchuß der Produktion, ſo muͤßte bey nachlaſſen-
der Conſumtion die Induſtrie zu wachſen, oder doch ſich zu
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Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816. , S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/92>, abgerufen am 14.06.2024.
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