nur für die, wo das Auge des Physiogno- misten, nach vorgängiger Analyse der Ge- sichtszüge beyder Ehegatten wahrnimmt, daß sie nicht nach der Haustafel leben, wie ich das alles einmal bey mehrerer Muse, in meinen physiognomischen Wäldern weiter auszuführen gedenk.
Eben wollt ich dem Philipp Ordre stel- len, nach der Mittagsmahlzeit aufzusatteln, als der physiognomische Pilger mit seinem weißdornen Stab wieder ins Haus trat, der Gesundheitshalber seinem gewöhnlichen Spatziergang, von zwey Meilen jeden Mor- gen, gemacht hatte. Vor Freuden, daß sich der vermeinte Flüchtling wieder einge- funden, befahl ich aufzuschüsseln, das Beste, was die Küch vermocht', und der Abmarsch wurd kontremandirt. Mein Gast war diesmal kein Kostverächter, obwol an jeder Speise der Ehezwist der Wirthin deut- lich zu schmecken war. Bey der Mahlzeit
gings
nur fuͤr die, wo das Auge des Phyſiogno- miſten, nach vorgaͤngiger Analyſe der Ge- ſichtszuͤge beyder Ehegatten wahrnimmt, daß ſie nicht nach der Haustafel leben, wie ich das alles einmal bey mehrerer Muſe, in meinen phyſiognomiſchen Waͤldern weiter auszufuͤhren gedenk.
Eben wollt ich dem Philipp Ordre ſtel- len, nach der Mittagsmahlzeit aufzuſatteln, als der phyſiognomiſche Pilger mit ſeinem weißdornen Stab wieder ins Haus trat, der Geſundheitshalber ſeinem gewoͤhnlichen Spatziergang, von zwey Meilen jeden Mor- gen, gemacht hatte. Vor Freuden, daß ſich der vermeinte Fluͤchtling wieder einge- funden, befahl ich aufzuſchuͤſſeln, das Beſte, was die Kuͤch vermocht’, und der Abmarſch wurd kontremandirt. Mein Gaſt war diesmal kein Koſtveraͤchter, obwol an jeder Speiſe der Ehezwiſt der Wirthin deut- lich zu ſchmecken war. Bey der Mahlzeit
gings
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0198"n="198"/>
nur fuͤr die, wo das Auge des Phyſiogno-<lb/>
miſten, nach vorgaͤngiger Analyſe der Ge-<lb/>ſichtszuͤge beyder Ehegatten wahrnimmt, daß<lb/>ſie nicht nach der Haustafel leben, wie ich<lb/>
das alles einmal bey mehrerer Muſe, in<lb/>
meinen phyſiognomiſchen Waͤldern weiter<lb/>
auszufuͤhren gedenk.</p><lb/><p>Eben wollt ich dem Philipp Ordre ſtel-<lb/>
len, nach der Mittagsmahlzeit aufzuſatteln,<lb/>
als der phyſiognomiſche Pilger mit ſeinem<lb/>
weißdornen Stab wieder ins Haus trat,<lb/>
der Geſundheitshalber ſeinem gewoͤhnlichen<lb/>
Spatziergang, von zwey Meilen jeden Mor-<lb/>
gen, gemacht hatte. Vor Freuden, daß<lb/>ſich der vermeinte Fluͤchtling wieder einge-<lb/>
funden, befahl ich aufzuſchuͤſſeln, das<lb/>
Beſte, was die Kuͤch vermocht’, und der<lb/>
Abmarſch wurd kontremandirt. Mein Gaſt<lb/>
war diesmal kein Koſtveraͤchter, obwol an<lb/>
jeder Speiſe der Ehezwiſt der Wirthin deut-<lb/>
lich zu ſchmecken war. Bey der Mahlzeit<lb/><fwplace="bottom"type="catch">gings</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[198/0198]
nur fuͤr die, wo das Auge des Phyſiogno-
miſten, nach vorgaͤngiger Analyſe der Ge-
ſichtszuͤge beyder Ehegatten wahrnimmt, daß
ſie nicht nach der Haustafel leben, wie ich
das alles einmal bey mehrerer Muſe, in
meinen phyſiognomiſchen Waͤldern weiter
auszufuͤhren gedenk.
Eben wollt ich dem Philipp Ordre ſtel-
len, nach der Mittagsmahlzeit aufzuſatteln,
als der phyſiognomiſche Pilger mit ſeinem
weißdornen Stab wieder ins Haus trat,
der Geſundheitshalber ſeinem gewoͤhnlichen
Spatziergang, von zwey Meilen jeden Mor-
gen, gemacht hatte. Vor Freuden, daß
ſich der vermeinte Fluͤchtling wieder einge-
funden, befahl ich aufzuſchuͤſſeln, das
Beſte, was die Kuͤch vermocht’, und der
Abmarſch wurd kontremandirt. Mein Gaſt
war diesmal kein Koſtveraͤchter, obwol an
jeder Speiſe der Ehezwiſt der Wirthin deut-
lich zu ſchmecken war. Bey der Mahlzeit
gings
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/198>, abgerufen am 14.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.