nicht auf Jhrem Gewissen haben. Wiewol Jhre vorgeblichen Erfahrungen in der phy- siognomischen Menschenkunde, sehr mit den Grundsätzen und Meynungen eines dürfti- gen Theoreyklaubers, des Verfassers näm- lich, übereintreffen; der geht auch nur aufs hassenswürdige am Menschen aus, wie Sie auf die bößartigen Züg' des Herzens und der Gesichtsform.
"Was kann ich dafür, daß die gutarti- gen so äußerst rar sind, als die schönen Na- sen, daß mir noch keine gutartige Physio- gnomie vorgekommen ist."
Das ist viel gesagt, und im Vorbeygehn, für mich auch kein Kompliment.
"Dahin wars auch nicht gemeynt. Die Wahrheit zu sagen hab ich von Jhrem Ge- sicht noch keine Notiz genommen: denn mei- ne Methode verbietet mir, unter Ausnah- me einiger Fälle, mit meinem Urtheil zu ei-
len;
nicht auf Jhrem Gewiſſen haben. Wiewol Jhre vorgeblichen Erfahrungen in der phy- ſiognomiſchen Menſchenkunde, ſehr mit den Grundſaͤtzen und Meynungen eines duͤrfti- gen Theoreyklaubers, des Verfaſſers naͤm- lich, uͤbereintreffen; der geht auch nur aufs haſſenswuͤrdige am Menſchen aus, wie Sie auf die boͤßartigen Zuͤg’ des Herzens und der Geſichtsform.
„Was kann ich dafuͤr, daß die gutarti- gen ſo aͤußerſt rar ſind, als die ſchoͤnen Na- ſen, daß mir noch keine gutartige Phyſio- gnomie vorgekommen iſt.„
Das iſt viel geſagt, und im Vorbeygehn, fuͤr mich auch kein Kompliment.
„Dahin wars auch nicht gemeynt. Die Wahrheit zu ſagen hab ich von Jhrem Ge- ſicht noch keine Notiz genommen: denn mei- ne Methode verbietet mir, unter Ausnah- me einiger Faͤlle, mit meinem Urtheil zu ei-
len;
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nicht auf Jhrem Gewiſſen haben. Wiewol
Jhre vorgeblichen Erfahrungen in der phy-
ſiognomiſchen Menſchenkunde, ſehr mit den
Grundſaͤtzen und Meynungen eines duͤrfti-
gen Theoreyklaubers, des Verfaſſers naͤm-
lich, uͤbereintreffen; der geht auch nur aufs
haſſenswuͤrdige am Menſchen aus, wie Sie
auf die boͤßartigen Zuͤg’ des Herzens und
der Geſichtsform.
„Was kann ich dafuͤr, daß die gutarti-
gen ſo aͤußerſt rar ſind, als die ſchoͤnen Na-
ſen, daß mir noch keine gutartige Phyſio-
gnomie vorgekommen iſt.„
Das iſt viel geſagt, und im Vorbeygehn,
fuͤr mich auch kein Kompliment.
„Dahin wars auch nicht gemeynt. Die
Wahrheit zu ſagen hab ich von Jhrem Ge-
ſicht noch keine Notiz genommen: denn mei-
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/224>, abgerufen am 14.06.2024.
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